Inschriftenkatalog: Stadt Minden

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 46: Stadt Minden (1997)

Nr. 20† Dom 13. Jh.?

Beschreibung

Kopf- oder Büstenreliquiar.1) Silber. Das Reliquiar, das Ledebur 1825 noch als in einem Schrank hinter dem Hochaltar vorhanden aufführt,2) enthielt laut der darauf angebrachten Inschrift Reliquien der heiligen Sophia. Nach Hermann von Lerbeck trug der Kopf ursprünglich eine goldene, mit Edelsteinen verzierte Krone, die jedoch zu seiner Zeit nicht mehr vorhanden war; es ließen sich lediglich noch Spuren ihrer Befestigung erkennen.3) Über den Verbleib des Reliquiars ist nichts bekannt.

Inschrift nach Hermann von Lerbeck.

  1. Sedibus hiis sanctam transmisit Roma SophiamSplendor gemmarum cuius caput ornat et aurumQui mirantur opus venerentur quod tenet intusQuem fert ornatum superat radiis meritorum

Übersetzung:

Rom überließ die heilige Sophia diesem Bischofssitz. Deren Haupt schmückt der Glanz von Edelsteinen und Gold. Die das Werk bewundern, sollen das, was es enthält, verehren. Es übertrifft den (äußeren) Schmuck, den es trägt, durch den strahlenden Glanz der Verdienste (der Heiligen).

Versmaß: Einsilbig gereimte leoninische Hexameter.

Kommentar

Das Reliquiar findet im Inventar des Domschatzes von 1683 keine Erwähnung. Ledebur bezeichnet es als caput S. Sophiae viduae cum parvis reliquis de filiabus ejus, d. h. das Reliquiar enthielt offenbar auch Reliquien der Töchter Fides, Spes und Caritas.4) Ihrer legendarischen Passio zufolge erlitten die drei Töchter der Sophia unter Hadrian das Martyrium und wurden von ihrer Mutter bestattet. Als Entstehung dieser Heiligenlegende wird eine Umgestaltung der vier Tugenden zu Märtyrerinnen angenommen.5) Möglicherweise war das Mindener Sophienreliquiar ähnlich ausgeführt wie die heute noch im Domschatz befindliche Büste der Maria Magdalena, die Hermann von Lerbeck im gleichen Zusammenhang erwähnt. Die Büste der Maria Magdalena wird auf die Mitte des 13. Jahrhunderts datiert.6)

Anmerkungen

  1. Nach Braun, Reliquiare, S. 64f., wird in den spätmittelalterlichen Inventaren mit dem Begriff caput sowohl ein Kopf- als auch ein Büstenreliquiar bezeichnet.
  2. Ledebur, Denkmäler, S. 9.
  3. Hermann von Lerbeck, S. 57.
  4. Ledebur, Denkmäler, S. 57.
  5. Vgl. LCI 8, Sp. 382f.
  6. Kessemeier/Luckhardt, Dom und Domschatz, S. 17, Abb. S. 53.

Nachweise

  1. Hermann von Lerbeck, S. 57.
  2. StA Münster, Msc. VII, fol. 23v.
  3. StA Münster, Msc. VII, Nr. 2417, fol. 24v.
  4. StA Münster, Msc. VII, Nr. 2433, fol. 18v.
  5. StA Münster, Msc. VII, Nr. 2436, fol. 71v.
  6. Meibom, Chronicon, S. 563.

Zitierhinweis:
DI 46, Stadt Minden, Nr. 20† (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di046d003k0002001.