Inschriftenkatalog: Stadt Minden

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 46: Stadt Minden (1997)

Nr. 12† Dom 2. H. 12. Jh.

Beschreibung

Dorsal. Auf dem Teppich, der der Jüngeren Bischofschronik zufolge auf der einen Seite im Chor hing, waren Szenen aus der Vita des Petrus dargestellt.1) Die Wiedergabe der Inschriften in der Jüngeren Bischofschronik deutet darauf hin, daß Teile bereits in der Mitte des 15. Jahrhunderts nicht mehr zu lesen waren. Das Petrus-Dorsal ist im Domschatzinventar von 1683 nicht aufgeführt und findet auch sonst keine Erwähnung mehr.

Inschrift nach der Jüngeren Bischofschronik.

  1. Voce Dei tractus Petrus sua linquit et actusHiis fidei munit [ . . . ]a)Claudus curatur gens admirans [...]laturb)Languensc) sanatur de morte Thabita levaturd)Jussu Neronis cruce verba luit rationisPetrus mundanum pelagus spernens quasi vanumQuas verbo tractas et ardua litoris actasGentes instruxit quasi secum trans mare duxitQuo merces fidei sanctae locus est requiei

Übersetzung:

Von der Stimme Gottes gerufen verläßt Petrus das Seine und befestigt bei diesen die Werke des Glaubens ... Ein Lahmer wird geheilt (und) das staunende Volk (beglückwünscht ihn?). Ein Siecher wird geheilt, Thabita wird vom Tode erweckt. Auf Befehl Neros büßt er die Worte der Rechenschaft mit dem Kreuz. Petrus, der das irdische Meer gleichsam als nichtig verachtete, lehrte die Völker, die vom Wort ergriffen waren und zu den steilen Höhen des (ewigen) Gestades geführt wurden, und zog sie so gleichsam über das Meer (der Welt) hinweg dorthin, wo als Lohn des Glaubens der Ort heiliger Ruhe ist.

Versmaß: Zweisilbig gereimte leoninische Hexameter.

Kommentar

Die Art der inschriftlich ausgeführten Verse läßt darauf schließen, daß es sich bei den ersten fünf Hexametern um kommentierende Beischriften zu dargestellten Szenen handelt, die zum überwiegenden Teil der Apostelgeschichte entnommen waren: die Heilung des Lahmen (Act. 3,1–10), die Heilung des Gichtbrüchigen (Act. 9,33–34) und die Auferweckung der Thabita (Act. 9, 36–41) sowie die apokryph überlieferte Kreuzigung des Petrus. Der erste Hexameter dürfte sich auf die Berufung des Petrus zum Jünger beziehen (Mt. 4,20), der zweite auf die Predigt des Petrus (Act. 2,14–37). Während die genannten Verse mit großer Wahrscheinlichkeit Szenen zugeordnet waren, legt der Inhalt der vier letzten Hexameter die Vermutung nahe, daß diese als Umschrift um den Teppich ausgeführt waren, in der das Leben und Wirken des Petrus noch einmal zusammengefaßt wurde. Auch die Reihenfolge, in der die Verse in der Jüngeren Bischofschronik wiedergegeben sind, bestätigt diese Annahme, da als letzte Szene sicherlich der Kreuzestod des Petrus dargestellt war. Die Bezeichnung des Teppichs als Dorsal könnte darauf hindeuten, daß die Szenen nebeneinander angeordnet waren.

Die Datierung des Dorsals auf die zweite Hälfte des 12. Jahrhunderts ergibt sich aus seiner Zugehörigkeit zu den Stücken, die Oda von Blankenburg als Stifterin zugeschrieben wurden (vgl. Nr. 10). Es entstand zusammen mit seinem Gegenstück, dem Gorgonius/Dorotheus-Dorsal (vgl. Nr. 13), vermutlich etwa zeitgleich mit dem auf 1158 datierten Teppich des Mindener Domes.

Textkritischer Apparat

  1. In den Hss. B und C der Jüngeren Bischofschronik ist dieser Vers an dritter Stelle wiedergegeben. Vgl. Apparat bei Löffler, Bischofschroniken, S. 163. Hiis fehlt B und C.
  2. [...]latur] laetatur Hs. B. Eventuell zu [gratu]lator zu ergänzen; Hinweis von Prof. Fidel Rädle (Göttingen).
  3. Languens] langues Jüngere Bischofschronik.
  4. In den Hss. B und C steht dieser Vers an zweiter Stelle. Vgl. Apparat bei Löffler, Bischofschroniken, S. 163.

Anmerkungen

  1. Jüngere Bischofschronik, S. 163.

Nachweise

  1. Jüngere Bischofschronik, S. 163.

Zitierhinweis:
DI 46, Stadt Minden, Nr. 12† (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di046d003k0001209.