Inschriftenkatalog: Mergentheim (Landkreis)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 54: Landkreis Mergentheim (2002)

Nr. 64 Bad Mergentheim, kath. Münster St. Johannes d. Täufer (1482), 1763?

Beschreibung

Prozessionskreuz. In der Sakristei. Silber, teilvergoldet, gegossen, getrieben, ziseliert und graviert. Mehrfach (zuletzt zu einem Standkreuz) umgearbeitet; in jüngerer Zeit wieder in die ursprüngliche Form gebracht1. Sechskantiger Steckschaft mit vergoldeten Profilen; kleeblattendiges Hochkreuz mit gegossenem Kruzifixus (Balkenkreuz sowie Haare, Dornenkrone, Nimbus und Lendentuch Christi vergoldet), in geschwungenem und eingerolltem vergoldeten Schriftband eingravierter Kreuztitulus zwischen Linien (A); an den vier Kreuzenden Vierpaßmedaillons mit den gegossenen Evangelistensymbolen, jeweils mit reich verschlungenen Schriftbändern mit gravierten Inschriften zwischen Linien (Vierpaßrahmen, Evangelistensymbole und Schriftbänder vergoldet): oben der Adler des Johannes (B), links der Markuslöwe (C), rechts der Stier des Lukas (D) und unten der Engel des Matthäus (E); in den Kreuzwinkeln Rankenwerk. Der Kreuzstamm wird flankiert von zwei Assistenzfigürchen auf sechseckigen profilierten Sockeln, die durch üppiges Rankenwerk mit dem Steckschaft verbunden sind: links Maria, rechts Johannes Evang. (beide Figuren bis auf Gesicht und Hände vergoldet). Auf der Rückseite des Kreuzstamms, etwas unterhalb der Kreuzmitte, eingravierte Renovierungsinschrift des 18. Jahrhunderts (F)2.

Maße: H. 63, B. 31, Bu. 0,4 (A), 0,3 (B–E), 0,7–1,0 cm (F).

Schriftart(en): Gotische Minuskel (A, C), gotische Minuskel mit Versal (B, D, E).

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/3]

  1. A

    inri

  2. B

    S / iohanesa)

  3. C

    marcvsa)

  4. D

    S / lvcasa)

  5. E

    S matevsa)

  6. F

    ·b) J(OHANN) · N(IKOLAUS) · / · KÄCH=/=EL · / T(EUTSCH) · OR(DENS) · BRJ(ESTER)c)3) ·

Kommentar

Die Inschriften sind sorgfältig graviert. Die vollplastischen Evangelistensymbole mit ihren Schriftbändern sind nach derselben Vorlage gearbeitet wie die – freilich nur eingravierten – des Kreuzes in Wiesensteig (Lkr. Göppingen) von 14754. Die gemeinsame Vorlage setzt den Kupferstich L. 149 des Straßburger Meisters E. S. von 1466 gekonnt um, wobei die Evangelistensymbole in Vierpässe eingefügt werden und die Kapitalisschrift in eine gotische Minuskel verändert wird. Die Parallele zu dem Wiesensteiger Kreuz paßt gut zu dem überlieferten Herstellungsjahr.

Textkritischer Apparat

  1. Davor und dahinter jeweils gravierte Blattranken.
  2. Als Trennpunkte in der gesamten Inschrift kleine rechtsschräge Doppelstriche.
  3. Sic!

Anmerkungen

  1. Abb. des Zustands vor der Restaurierung: Pazaurek, Taf. XXI.
  2. Eine wohl ursprünglich angebrachte Jahreszahl 1482 ist nicht mehr vorhanden. Das Herstellungsjahr wird aber durch die Inschrift auf dem 1891 neu angefertigten Kreuzfuß überliefert, der seit der jüngsten Umarbeitung des Kreuzes gesondert im kath. Pfarrarchiv aufbewahrt wird: CRUX A(NNO) 1482 NOVA. PES A(NNO) 1891. / NOVUS CURA PAROChI I. M. / ZELLER WÜRZBURG MAINhART. // S. JOANN MERGENTHEIM.
  3. (Johann) Nikolaus Kächel/Kechel war von 1762 bis 1773 Stadtpfarrer in Mergentheim; vgl. Chronik von Mergentheim (Kath. PfA Mergentheim) 58. Er ließ 1763 ein barockes Standkreuz restaurieren, das sich im Pfarrarchiv befindet und dessen datierte Renovierungsinschrift von derselben Hand ausgeführt ist wie Inschrift (F). Die beiden Renovierungen wurden vermutlich zusammen durchgeführt; daher die Datierung der vorliegenden Inschrift.
  4. Vgl. DI 41 (Göppingen) nr. 94.

Nachweise

  1. Keppler 221 (nur erwähnt).
  2. Pazaurek 28 (nur F), Taf. XXI (Abb.).
  3. Bad Mergentheim. Heiligtümer 10 (nur erwähnt).
  4. Gräter, Bad Mergentheim 1972, 33 (nur erwähnt).
  5. Morand/Besserer, Unterwegs 21984, 124 (Abb.).
  6. Gräter, Bad Mergentheim 1989, 14 (nur erwähnt).

Zitierhinweis:
DI 54, Landkreis Mergentheim, Nr. 64 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di054h014k0006408.