Inschriftenkatalog: Mergentheim (Landkreis)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 54: Landkreis Mergentheim (2002)

Nr. 493 Bad Mergentheim, Kapuzinerkloster, Kirche St. Elisabeth 1642

Beschreibung

Epitaph des Hoch- und Deutschmeisters Johann Caspar von Stadion. An der Stirnwand der Gruft eingemauert. Derzeit unzugänglich. Querrechteckige Sandsteinplatte mit zeilenweise eingehauener Inschrift.

Beschreibung und Textwiedergabe nach Foto1.

Maße: H. ca. 50, B. ca. 100 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

  1. HIC IACET IOANNES CASPARVS A STADION QVONDAM / ADMINISTRATOR PRVSSIAE ORD(INIS)a) TEVT(ONICI)a) MAGISTER, QVI / ZELO PIETATIS IN DEVM ET Ḍ(IVAM)a)b) VIRGINEM, HOC MONASTERI(VM) / F(RATRVM)c) CAPVCINORVM BINAE VICE VNA CVM CONTIGVO EIVS=/DEM Ḍ(IVAE)a)b) V(IRGINIS)a) AVXILIATRICIS SACELLO A FVNDAMENTIS / EXTRVI CVRAVIT. OBIIT IN CASTRIS IMPERATORIIS / 21. NOVEMB(RIS)a) A(NN)O 1641 PRIMVS HOC LOCO SEPVLTVS / 25. FEB(RVARII) ANNO 1642d)

Übersetzung:

Hier ruht Johann Caspar von Stadion, einst Administrator in Preußen, Meister des Deutschen Ordens, der im Eifer frommer Liebe gegen Gott und die göttliche Jungfrau dieses Kloster der Brüder Kapuziner zweimal und dazu die anstoßende Kapelle derselben göttlichen hilfebringenden Jungfrau von Grund auf errichten ließ. Er ist im kaiserlichen Lager gestorben am 21. November 1641 und als erster an diesem Ort begraben worden am 25. Februar 1642.

Kommentar

Alle Wortanfänge sind durch überhöhte Versalien hervorgehoben. I-Punkt ist regelmäßig gesetzt. Bemerkenswert sind die meist schräggelegten Versal-A mit geknicktem Mittelbalken und geschwungener, unten hochgebogener linker Schräghaste.

Der Hoch- und Deutschmeister hatte bereits am 12. April 1631 in Rom das Recht erwirkt, in dem auf seine Veranlassung hin gegründeten Kloster beigesetzt zu werden2. Im Langhaus der Kirche wurde für Stadion ein großes aufwendiges Epitaph gesetzt (nr. 492). Das vorliegende Epitaph in der Gruft diente dagegen als unmittelbare Grabbezeugung3. Der Kupfersarg – vermutlich ohne Inschrift – stand wohl direkt vor der Wand in der Mitte der Gruft. Bei einer Gruftöffnung im Jahre 1671 wurden Stadions Gebeine auf Veranlassung des Hoch- und Deutschmeisters Johann Caspar von Ampringen aus dem Kupfersarg in einen Steinsarg umgebettet, dessen Deckel mit einer Inschrift versehen wurde4. Die Beisetzung im Sarg unterscheidet sich von der der Kapuzinerbrüder, die in der Gruft auf der bloßen Erde bestattet wurden.

Textkritischer Apparat

  1. Kürzung durch Doppelpunkt.
  2. Lesung unsicher; wohl kein B; d: Bauer; Breitenbach.
  3. Buchstabenverdoppelung F.F.
  4. Danach zweite Zeilenhälfte frei.

Anmerkungen

  1. Im Besitz des Kapuzinerkonvents Mergentheim, aufgenommen bei der letzten Gruftöffnung; zur Reproduktion nicht geeignet. Über der Inschriftenplatte befindet sich in einer kleinen Nische eine Kapsel mit dem Herz des 1684 verstorbenen Hoch- und Deutschmeisters Johann Caspar von Ampringen.
  2. Vgl. Sambeth, Kapuzinerkloster 9.
  3. Vgl. in ursprünglich ähnlicher Funktion das „Gruft-Epitaph“ des Mainzer Erzbischofs Johann Schweikhard von Kronberg von 1626 im Mainzer Dom: DI 2 (Mainz) nr. 597.
  4. Wiedergabe in „Kurze Beschreibung der in der hiesigen Capuciner-Kirche am Chor befindlichen, am 7. Okt. 1830 eröffneten Gruft“ in: StAL, E 258 VI Bü 2518 (Christian Friedrich Bauer, Anhang zur Chronik Mergentheims, um 1836) 2v: Anno dom(ini) 1641. die XXII Nov(embris) mortuus et a(nn)o seq(uente) die 25. Febr(uarii) hic sepultus est rev(erendus) sup(remus) illust(rissimus) princeps ac dominus Joannes Caspar a Stadion ordinis teutonici magister hujus monasterii et ecclesiae fundator et restaurator. anno vero 1671. die 13. Okt(obris) ipsius ossa in hoc lapide recondita jussu et sumptu rever(endissimi) et illust(rissi)mi principis ac domini Joannis Casparis ab Ampringen ejusdem ordinis teutonici magistri m(agni) magister (?) et supremus (?) atque antedicti principis de Stadion ex sorore pronepotis. Der folgende Text, offenbar elegische Distichen, ist nur unvollständig überliefert: quod sibi quisque serit praesentis … tempore vitae … hoc sibi mepisterit (?) tum dicitur ita venit. Eine wohl im 18. Jahrhundert angefertigte Bleistiftzeichnung hält die Situation der Gruft fest: an der Stirnwand die Grabinschrift, davor der Steinsarg (beide Inschriften nur verkürzt eingezeichnet), wiederum davor ein offener Zinn(?)sarg auf einem sechsbeinigen Gestell; an den Seitenwänden aufgeschichtete Schädel, Gebeine und Bretter, im Vordergrund die Skelette von neun ohne Särge beigesetzten Kapuzinermönchen mit Rosenkränzen: StAL, B 236 Bü 42; Abb. in: Baukunst und Bauhandwerk des Deutschen Ordens in Südwestdeutschland im 18. Jahrhundert. Baupläne – Karten – Ansichten, Kat. d. Ausst. des StA Ludwigsburg im Schloß Ludwigsburg vom 22. Mai bis 30. Aug. 1981, bearb. v. Alois Seiler u. Dorothea Bader, Ludwigsburg 1981, 112f. Nr. 205.

Nachweise

  1. StAL, B 236 Bü 46 Bl. 3 (Wortlaut verkürzt).
  2. StAL, E 258 VI Bü 2518 (wie Anm. 4) 3r.
  3. StAL, B 236 Bü 42 (Breitenbach, 1830).
  4. Sambeth, Kapuzinerkloster 28 (nur dt. Übersetzung).
  5. Drös, Mittelalterl. u. frühneuzeitl. Inschriften 10.

Zitierhinweis:
DI 54, Landkreis Mergentheim, Nr. 493 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di054h014k0049305.