Inschriftenkatalog: Mergentheim (Landkreis)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 54: Landkreis Mergentheim (2002)

Nr. 492 Bad Mergentheim, Kapuzinerkloster, Kirche St. Elisabeth 1642

Beschreibung

Epitaph des Hoch- und Deutschmeisters Johann Caspar von Stadion. In einer Flachbogennische innen an der Langhaussüdwand. Alabaster; ädikulaähnlicher Aufbau: als Aufsatz ein Vollwappen mit drei Helmen in Ohrmuschel-Kartusche, flankiert von zwei Engeln und bekrönt von einem dritten, der das Schweißtuch Christi hält. Unter weit vorkragendem Sims in der Hauptzone zwischen zwei Säulen Relief der Hl. Dreifaltigkeit, der Muttergottes auf der Mondsichel und zahlreicher Engel in den Wolken, darunter die fast vollrunde Figur des Hochmeisters, in voller Rüstung (Hochmeisterkreuz auf dem Brustpanzer) auf einem Löwen kniend und die Muttergottes anbetend, vor ihm ein federgeschmückter Bügelhelm; zwei der Engel fliegen mit einem Siegeskranz in Händen auf den Hochmeister zu; im Hintergrund Reliefdarstellung des Kapuzinerklosters und der Mariahilf-Kapelle; als Seitenstücke Engelshermen und Fruchtgebinde. In der Sockelzone große querovale Schrifttafel (A) mit Ohrmuschelrahmen, flankiert von zwei die Säulen tragenden Konsolen mit seitlichen Voluten und darunter angebrachten Engelsköpfen. Den beiden Säulen und den Konsolen sind ovale Scheiben mit Vollwappen und mit Beischriften in Schriftbändern (B) aufgelegt. Schriftfeld der Inschrift (A) schwarz bemalt, Schrift eingehauen und vergoldet; Wappenbeischriften nur aufgemalt (Gold auf schwarzem Grund) und jetzt weitgehend verblaßt; der Degen des Hochmeisters abgebrochen.

Maße: H. ca. 510, B. 233, Bu. 2,1 (A), 2,3 cm (B).

Schriftart(en): Fraktur und Kapitalis (A), Fraktur (B).

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/5]

  1. A

    Derr Hochwürdigste Fürst vnd Herr Herr Johan(n) / Caspar des geschlechts vo(n) Stadiana) ADMINIST(RATOR)b) des Hochmeisterthums / in Preüssen Meister Teütsch Ordens in Teutsch vnd Welcha) Landen, Herr zu / Freüdenthal vnd Eülenberg · Röm(isch)b) Kaÿ(serlicher)b) Maÿ(estät) geheimer Rath, So dises CAPVCINER / Closter zu andermahl vnd vnser Lieben Fraw Hilff Capelle(n) gebaut, ist seines Alters / im 74 Vnd der Regierung im 14 Jahr in Kaÿ(serlichen)b) Krigsdinste(n) im Haupt Quartir beÿ / Mülhaußen1) in FESTO PRAESENTATIONIS B(EATAE) M(ARIAE) V(IRGINIS) AN(N)O 1641, nach gehöte(n)a) . 2 . / Messen vnd Empfangner COMVNION Seeliglich in Gott entschlaffe(n) vnd alhie / in diser Kirchen in der gemeinen SEPVLTVR der F(RATRVM)c) CAP(VCINORVM)b) seine(m) Letzten / Willen gemes alß FVNDATOR der Erste de(n) 25. FEBRVARIJ AN(N)O / 1642 begraben worde(n) deme Gott ein Fröliche / Aufferstehung verleie(n) Wolle Amen

  2. B

    Sta//diana) [– – –][. . .]lawd) Ṇ[an]kḥenreitt

Datum: 21. November 1641.

Wappen:
Deutscher Orden (Hochmeister)/Stadion2;
StadionStain
AndlauNanckenreuth3.

Kommentar

Die Frakturschrift ist recht gleichmäßig und sorgfältig gemeißelt. Die Unterlängen des g und etliche Versalien weisen häufig Kontraschleifen auf. Die in Kapitalis ausgeführten Wörter sind – mit Ausnahme der vergrößerten Anfangsbuchstaben – in den Mittellängenbereich der Fraktur eingepaßt. Der Schrägschaft des N ist bisweilen nach unten ausgebuchtet.

Johann Caspar von Stadion entstammt der elsässischen Linie des schwäbischen Niederadelsgeschlechts. Er wurde 1567 als Sohn des Johann Ulrich von Stadion und der Apollonia von Nanckenreuth geboren4. 1603 wurde er in den Deutschen Orden aufgenommen, wurde 1604 Komtur von Freiburg im Breisgau, 1608 Oberstkämmerer und Obersthofmeister des Hochmeisters Maximilian von Österreich, 1609 Komtur von Beuggen, 1624 Komtur von Mainau, 1626 Statthalter und 1627 Landkomtur der Ballei Elsaß-Burgund. In kaiserlichen Diensten bewährte sich Stadion 1619–24 als Stadtguardia-Obrist in Wien und als Hofkriegsratspräsident in den Türkenkriegen. Am 30. Dezember 1627 wurde er vom Generalkapitel in Mergentheim zum Hoch- und Deutschmeister gewählt.

Als Stifter und Förderer des Kapuzinerklosters hatte er das Recht erwirkt, in der Gruft des Klosters bestattet zu werden5. Dort befindet sich ein zweites, schlichtes Epitaph (nr. 493).

Textkritischer Apparat

  1. Sic!
  2. Kürzung durch Doppelpunkt.
  3. Plural-Verdoppelung F:F:.
  4. Fast völlig verblaßt.

Anmerkungen

  1. Genauer: Ammern bei Mühlhausen/Thüringen; vgl. Demel, Der Dt. Orden u. d. Kapuziner 49.
  2. Schildbild nur auf die glatte Schildfläche aufgemalt: Hochmeisterkreuz. Ursprünglich sicherlich: durch Hochmeisterkreuz quadriert von Deutschem Orden und Stadion; Helmzier: Mitte Hochmeister, rechts Deutscher Orden, links Stadion.
  3. Zur Ahnenprobe vgl. Anm. 4.
  4. Vgl. Biedermann, Ottenwald, tab. CL; ebenso Europ. Stammtafeln NF IV, Taf. 158. Als Großmütter väterlicherseites und mütterlicherseits sind dort Agnes vom Stain und Margareta von Blumeneck angegeben. Die Ahnenprobe auf dem Epitaph wäre demnach nicht korrekt. Zur Person vgl. Bernhard Demel, Johann Kaspar von Stadion (30.XII.1627–21.XI.1641), in: Die Hochmeister d. Dt. Ordens 1190–1994, 208–214; ders., Der Dt. Orden u. d. Kapuziner 48f.; weitere Literatur ebd. 74f. Anm. 3.
  5. Vgl. nr. 493.

Nachweise

  1. StAL, JL 425 Bd. 10 (Slg. Breitenbach) Nr. 68.
  2. StAL, B 236 Bü 42 (Breitenbach, 1828).
  3. StAL, E 258 VI Bü 2518 (Christian Friedrich Bauer, Anhang zur Chronik Mergentheims, um 1836).
  4. Denkmale des Alterthums 133 (nur erwähnt).
  5. Schönhuth, Mergentheim mit seinen Umgebungen 118f.
  6. Ders., Kirche u. Kapellen 124.
  7. Sambeth, Bilder 5/86.
  8. Ders., Kapuzinerkloster 41f.
  9. OAB Mergentheim 329f.
  10. Bad Mergentheim. Heiligtümer 30f.
  11. Die Grabdenkmäler d. Hoch- u. Deutschmeister 21956, 16 (Abb.).
  12. Gräter, Bad Mergentheim 1972, 47 (Regest).
  13. 350 Jahre Kirche u. Kloster d. Kapuziner 30f.
  14. Rettich, Kirche u. Kloster d. Kapuziner 8.

Zitierhinweis:
DI 54, Landkreis Mergentheim, Nr. 492 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di054h014k0049207.