Inschriftenkatalog: Mergentheim (Landkreis)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 54: Landkreis Mergentheim (2002)

Nr. 479(†) Bad Mergentheim, Kapuzinerkloster, Kirche St. Elisabeth 1636

Beschreibung

Silberplatte mit Gedenkinschrift auf die Wiederherstellung des Klosters; zusammen mit einer Pergamentrolle1 in den Altar eingemauert. Runde Platte, beidseitig graviert: Vorderseite zeilenweise beschriftet; auf der Rückseite Fortsetzung des Texts als 2zeilige Umschrift, in der Mitte ein Wappen2.

Wortlaut nach StAL, B 244 Bü 1393.

  1. D(eo) O(ptimo) M(aximo) / B(eatae) V(irgini) Mariae, S(ancto) Fran=/cisco Seraphico4), o(mn)ibusq(ue) S(anct)isa) / Hanc aram, Templum, et Mona=/sterium A(nn)ob) 1628. noviter / constructa, et A(nn)ob) 1632. à / Svecis hostib(us) fidei et patriae / funditus diruta, A(nn)ob) / 1636. restaura=/vit, // Jo(hannes)c) Caspar(us) D(ei) G(ratia) Jnclyti Ord(inis) Teuton(ici)c) Magni Mag(ist)rat(us) Pruss(iae) Adm(inistrator) Eiusdemq(ue) p(er) Germ(aniam) et Jtal(iam) partesq(ue) transmarinas M(a)g(iste)r, D(omi)n(us) in Freud(enthal) et Eylenb(erg) / Caesar(eae) Mai(estatis) Consiliar(ius) intim(us) AEtat(is) A(nn)ob) 69 ·

Übersetzung:

Dem höchsten und besten Gott, der seligen Jungfrau Maria, dem hl. Franziskus Seraphicus und allen Heiligen hat diesen Altar, diese Kirche und dieses Kloster, die 1628 neu errichtet und 1632 von den Schweden, den Feinden des Glaubens und des Vaterlandes, völlig zerstört worden waren, im Jahr 1636 wiederhergestellt Johann Caspar, von Gottes Gnaden des erlauchten Deutschen Ordens Administrator des Hochmeistertums in Preußen, Meister des Ordens in deutschen und welschen Landen5, Herr zu Freudenthal und Eulenberg, Kaiserlicher Majestät Geheimer Rat, im Alter von 69 Jahren.

Wappen:
Deutscher Orden (Hochmeister)/Stadion6.

Kommentar

Nach der Niederlage der Schweden in der Schlacht von Nördlingen konnte Hoch- und Deutschmeister von Stadion 1634 in seine Residenz Mergentheim zurückkehren. Das erst 1628 neu errichtete Kapuzinerkloster (vgl. nr. 456†) war während der schwedischen Besatzungszeit zerstört worden, nachdem die Kapuziner schon im Oktober 1631 die Stadt verlassen hatten. Sie zogen 1635 wieder ein, mußten aber zunächst provisorisch untergebracht werden, bis der Klosterneubau im Sommer 1636 unter Dach7 und im darauffolgenden Sommer vollendet war. Die Kirchweihe nahm der Würzburger Weihbischof Zacharias Stumpf am 20. Oktober 1637 vor8. Die Silberplatte mit der Inschrift und die Pergamentrolle, die nähere Informationen zur Zerstörung und zum Wiederaufbau des Klosters sowie zur Person und Karriere Stadions enthielt, hat der Hochmeister genau ein Jahr zuvor, am 20. Oktober 1636, anfertigen lassen9.

Textkritischer Apparat

  1. Befund: Pluralverdoppelung SS mit hochgestellter Endung is.
  2. o verkleinert hochgestellt.
  3. Kürzung durch Doppelpunkt.

Anmerkungen

  1. Wortlaut des von Deutschordenskanzler Johann Eustachius von Soll verfaßten Textes in StAL, B 244 Bü 139; deutsche Übersetzung bei Sambeth, Kapuzinerkloster 16f. Der Text nimmt in origineller Weise Bezug auf den Inhalt des Grundsteins von 1628 (nr. 456†): „Frater meus huic aequalis, maior natu, minor corpore, cum infelicem lucem aspexisset, extinctus est“ (Mein Bruder, diesem ähnlich, aber älter und kleiner, ist, sobald er das unselige Tageslicht erblickt hatte, vernichtet worden).
  2. Zeichnung der beiden Seiten mit Angabe der Schriftverteilung und der Zeilenumbrüche in StAL, B 244 Bü 139, vermutlich nach dem Original angefertigt; statt der Wappenzeichnung nur die Angabe „In der mitten das wappen“. Eine weitere Fassung ebd. mit vollständiger Textwiedergabe könnte als Konzept für die Inschrift gedient haben.
  3. Nach der Zeichnung; in der zweiten Textfassung z. T. abweichende Abkürzungen.
  4. Zum Beinamen des hl. Franziskus vgl. nr. 456† Anm. 4.
  5. So die entsprechende übliche deutsche Titulatur; wörtlich: „Meister in Deutschland, Italien und in Übersee“.
  6. Vermutlich: durch Hochmeisterkreuz quadriert von Deutschem Orden und Stadion.
  7. Vgl. Sambeth, Kapuzinerkloster 14–16.
  8. So jedenfalls ebd. 18. Zu Stumpf, Weihbischof 1636–41, Titularbischof von Domitiopolis, vgl. Egon Johannes Greipl, Art. „Stumpf, Zacharias“, in: Gatz, Bischöfe 1448–1648, 684.
  9. Notiz des Kanzlers von Soll in StAL, B 244 Bü 139.

Nachweise

  1. StAL, B 244 Bü 139 (Abschrift M. 17. Jh. nach Aufzeichnungen von Solls).
  2. StAL, B 244 Bü 149,1: Franz Simon Molitor, „Fundation des Capuciner Closters, undt Kirchen zu Mergentheim, undt derselben Erst- undt zweyte Steinlegung aufferbawung undt Restauration“, 1721 (nur Wortlaut der Vorderseite).
  3. StAL, B 236 Bü 42 (Breitenbach, 1828).
  4. Sambeth, Bilder 5/46 (dt. Übersetzung).
  5. Ders., Kapuzinerkloster 16 (dt. Übersetzung).
  6. Demel, Der Dt. Orden u. d. Kapuziner 55 (nur erwähnt, versehentlich zu 1637).

Zitierhinweis:
DI 54, Landkreis Mergentheim, Nr. 479(†) (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di054h014k0047906.