Inschriftenkatalog: Mergentheim (Landkreis)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 54: Landkreis Mergentheim (2002)

Nr. 431 Creglingen, ev. Herrgottskapelle 1620

Beschreibung

Doppelepitaph für Sibylla und Elisabeth Keller und ihre Kinder. Außen an der Nordwand der Sakristei. Roter Sandstein, vier Werkstücke. Zwei geschweifte Giebel über durchlaufendem Sims, in den beiden Giebelfeldern jeweils ein schlafender, sich auf einen Totenschädel stützender Putto; darunter zwei hochrechteckige Platten, beide mit profiliertem Rahmen, in den eingetieften Feldern jeweils eine stehende und betende Frauengestalt in hohem Relief, in langem Gewand, Mantel und Haube; zu Füßen beider Frauen sind drei bzw. zwei winzige betende Kleinkinder dargestellt, die auf den unteren Rahmenleisten inschriftlich bezeichnet sind: links (A), rechts (B); im aus einem Werkstück bestehenden Sockel zwei querrechteckige Schriftfelder nebeneinander, jeweils mit Sterbeinschrift und Trostspruch 4zeilig beschriftet: links (C, D), rechts (E, F). Leicht verwittert, Ränder und Simse stellenweise abgebrochen; Schrift mit roter Frabe nachgezogen.

Siehe Lageplan.

Maße: H. 241, B. 173, Bu. 2,7 (A, B), 3,3 cm (C–F).

Schriftart(en): Kapitalis.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/3]

  1. A

    GEORCIUSa) CONRADUS. IOHAN(N)ES. SOPHIA SUSANNA.

  2. B

    PAULUS . N(ATUS) . 18 . APR(ILIS) . (DENATUS)b) . 4 . IUL(II) . 1615 .PAULUSc) . N(ATUS) . 16 . MAIJ . (DENATUS)b) . 29 . IUN(II) . 1616 .

  3. C

    SIBYLLA R(EVERENDI) D(OMI)NI GEORGII CELLARII DIACONI CREGLINGEN=/SIS UXOR IN CHRISTO PLACIDE OBDORMIVIT 11 . IUNII . / ANNO DOMINI . 1620 . AETATIS 5UAEd) 42

  4. D

    SCIO QVOD REDEMTOR MEUS VIVIT IOB . 19 .1)

  5. E

    ELISABETH DES ERBARN PAUL KELLERS EISENKRE=/MERS ZU CREGLINGEN HAUSFRAU IST IN GOTT SE=/LIG ENTSCHLAFEN DEN 1 . IUNII IM IAR CHR(IST)I . 1620 . IHRS / ALTERS . 32 .

  6. F

    ICH WEIS DAS MEIN ERLÖSER LEBT . IOB . 19 .2)

Übersetzung:

Sibylla, des ehrwürdigen Herrn Georg Kellers, Diakons zu Creglingen, Ehefrau, ist in Christo sanft entschlafen am 11. Juni 1620, ihres Alters 42.

Datum: 28. April, 14. Juli 1615 n. St.; 26. Mai, 9. Juli 1616 n. St. (B); 21. Juni 1620 n. St. (C); 11. Juni 1620 n. St. (E).

Kommentar

Die insgesamt recht unregelmäßige Kapitalis hat ausgesprochen schmale Proportionen. O ist spitzoval, der Verbindungsbogen zwischen den zwei Schäften des U ist spitz gebrochen. Das Creglinger Grabmal der 1619 verstorbenen Eva Dullinger (nr. 428) mit fast identischer Gestaltung wurde von demselben Bildhauer geschaffen; als Schrift ist dort jedoch Fraktur verwendet.

Sibylla Keller war die Tochter des Auhausener, dann Roßfelder Pfarrers Johann Zoditz († 1607)3. Am 9. Mai 1609 heiratete sie den Crailsheimer Kantor Georg Keller (Cellarius), der von 1612 bis 1622 als Oberkaplan in Creglingen amtierte. Er ist 1632 als Pfarrer in Brodswinden (Stadt Ansbach) gestorben. Die drei dargestellten und namentlich bezeichneten Kinder sind jung verstorben: Georg Konrad wurde am 22. Juni 1613 getauft und am 5. Mai 1616 beerdigt, Johannes wurde am 2. Januar 1615 getauft und am 7. Januar 1616 begraben. Das Geburts- und Taufdatum der Sophia Susanna scheint in den Creglinger Taufregistern nicht eingetragen zu sein, das Mädchen starb an der Schwindsucht und wurde am 12. Juni 1620 beigesetzt, sie starb also vermutlich am selben Tag wie ihre Mutter4. Die einheitliche Gestaltung des Doppelgrabmals deutet darauf hin, daß es sich bei den beiden kurz hintereinander verstorbenen Frauen um Verwandte handelt. Der Creglinger Eisenkrämer Paul Keller war ein Bruder des Oberkaplans, beide sind Söhne des Georg Keller aus Waldtann, Pfarrers zu Wernsbach (Gde. Neuendettelsau, Lkr. Ansbach). Elisabeth, Tochter des Schulmeisters zu Wiebelsheim Hans Hannemann, heiratete 1614 in Ansbach Paul Keller5, der in Creglingen Rat und Bürgermeister wurde und der 1620 in zweiter Ehe Dorothea Weiß heiratete6. Das Grabmal der Pfarrersfrau hebt sich von dem ihrer Schwägerin Elisabeth lediglich durch die Verwendung der lateinischen Sprache für Sterbeinschrift und Bibelspruch ab.

Textkritischer Apparat

  1. Sic!
  2. Als Sterbesymbol ein gleichschenkliges Kreuz.
  3. Vor P ein Schaft in voller Zeilenhöhe; da er sich genau in der Mitte der Fußleiste befindet, soll er wohl als Trennstrich zwischen den beiden Sterbenotizen fungieren und ist nicht als I zu lesen.
  4. So statt SUAE.

Anmerkungen

  1. Iob 19, 25.
  2. Hi 19, 25.
  3. Auhausen (Lkr. Donau-Ries), Roßfeld (Stadt Crailsheim, Lkr. Schwäbisch Hall). Vgl. Pfarrerbuch Württ. Franken 2, nrr. 1262, 3059; danach auch das Folgende.
  4. Mägerlein 326.
  5. Kirchenbücher Ansbach, nach freundl. Mitteilung von Herrn Markus Salzburg, Langenaltheim.
  6. Mägerlein 326.

Nachweise

  1. OAB Mergentheim 497 (nur C u. E teilweise).
  2. Nasse, Aus d. Vergangenheit 61 (nur erwähnt).

Zitierhinweis:
DI 54, Landkreis Mergentheim, Nr. 431 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di054h014k0043109.