Inschriftenkatalog: Mergentheim (Landkreis)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 54: Landkreis Mergentheim (2002)

Nr. 138 Markelsheim (Stadt Bad Mergentheim),
Rathaus (ehem. Zentgerichtsgebäude)
1539, um 1539

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/2]

Fachwerkständer mit Namensinschrift und Wappentafel. Außen an der Westseite.

I. Der Ständer im ersten Obergeschoß ist als einziger Teil des Fachwerks teilweise unter dem Verputz freigelegt. In den Holzpfosten sind eine Jahreszahl und eine 4zeilige Namensinschrift eingeschnitzt.

Maße: H. ca. 130, B. ca. 35, Bu. ca. 10, Zi. ca. 25 cm.

Schriftart(en): Frühhumanistische Kapitalis.

  1. 1539 / CONRAT / DV(N)CZBEC/HER · / · M ·

II. Wappentafel im Erdgeschoß, neben dem Eingang. Fast quadratische Platte aus rotem Sandstein mit großem Wappenschild in Flachrelief, seitlich zwei auf unsymmetrischen Rund-Balustern mit Blattschmuck stehende Putti als Schildhalter1. Schild halbgespalten und geteilt, unten als Wappenbestandteil zwei erhaben gehauene Initialen. Moderne farbige Fassung.

Maße: H. 62,5, B. 69,5, Bu. 7,5–9,0 cm.

Schriftart(en): Frühhumanistische Kapitalis.

  1. M A

 
Wappen
Markelsheim2.

Kommentar

Die geschnitzte Inschrift zeigt eine hervorragend gestaltete frühhumanistische Kapitalis mit schmalen Proportionen (2:1). Die dünnstrichigen Buchstaben weisen keilförmig verbreiterte Schaft-, Balken- und Bogenenden auf, an den Schaftenden sind die Keile schräg geschnitten. Bogenschwellungen sind nur schwach ausgeprägt. Typische Formen sind das zweibogige E, offenes D mit verkürztem Schaft, zweistöckiges Z mit schräggestelltem Deckbalken und offenes R mit kleinem Bogen und steiler, leicht geschwungener Cauda. M ist sehr breit, der kleine Mittelteil reicht bis zur halben Zeilenhöhe herab. Als Trennpunkte dienen Quadrangeln, die in der letzten Zeile durch s-förmig geschwungene Zierlinien paragraphzeichenförmig ausgezogen sind. Der dekorative Charakter der Schrift wird noch verstärkt durch die tief eingekerbte Jahreszahl, deren Ziffern über doppelt so hoch sind wie die Buchstaben und die unten s-förmige Schleifen bilden. Durch die Überschneidung dieser Schleifen entsteht der Eindruck eines durchgehenden waagrechten Ornamentbandes. Die Inschrift bezeichnet vermutlich den Baumeister; das M könnte für M(eister) stehen.

Die Wappentafel dürfte aus demselben Jahr stammen. Sie zeigt das Wappen, das der Administrator des Hochmeistertums in Preußen und Deutschmeister Walter von Kronberg am 19. Oktober 1537 dem Flecken Markelsheim auf Bitten von Schultheiß und Gericht verliehen hat3. Das breite A hat einen beidseitig weit überstehenden Deckbalken und einen geknickten Mittelbalken.

Das 1539 offenbar neu errichtete herrschaftliche Gebäude war Sitz des Markelsheimer Zentgerichts, das vom Deutschen Orden zu Beginn des 15. Jahrhunderts errichtet worden war und das 1540, also kurz nach Fertigstellung des Baus, von König Ferdinand I. bestätigt wurde4. Als Zentgraf fungierte der deutschordische Amtmann auf Burg Neuhaus5.

Anmerkungen

  1. In OAB Mergentheim 623 fälschlich als „von zwei Rittern gehaltene(s) Wappen eines Deutschmeisters“ bezeichnet.
  2. Halbgespalten und geteilt, 1. schwarzes Kreuz in Silber (Deutscher Orden), 2. geteilt von einreihigem Eisenhutfeh und Rot (Teil des Kronberg-Wappens), 3. in Gold ein grüner Dreiberg, überhöht von den Buchstaben M A.
  3. Das im selben Jahr dem Nachbarort Igersheim verliehene Wappen weicht nur in den eingefügten Initialen (IG) ab; vgl. Klemens Stadler, Deutsche Wappen. Bundesrepublik Deutschland, Bd. 8: Die Gemeindewappen des Bundeslandes Baden-Württemberg, Bremen 1971, 55; Kat. Kreuz u. Schwert, Mainau 1991, 259 nr. III.12.a.
  4. OAB Mergentheim 629.
  5. LdBW IV 286.

Nachweise

  1. Drös, Mittelalterl. u. frühneuzeitl. Inschriften 12, 14 Abb. 4 (nur I.).

Zitierhinweis:
DI 54, Landkreis Mergentheim, Nr. 138 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di054h014k0013803.