Inschriftenkatalog: Mergentheim (Landkreis)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 54: Landkreis Mergentheim (2002)

Nr. 88 Niederrimbach-Standorf (Stadt Creglingen), ev. Filialkirche (St. Ulrich) 2. H. 15. Jh.?

Beschreibung

Glocke. Im Turm1. Schulterinschrift zwischen grob gearbeiteten unregelmäßigen Schnurstegen. Schwer lesbar.

Maße: H. (o. Krone) 44, Dm. 52, Bu. 2 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

  1. hilf · g̣ọṭa) · dv · eebix̣b) · hortc) ·
    dem · leib · ḥid) · der · sel · dor(t)e) · a ·f)

Versmaß: Deutsche Reimverse.

Kommentar

Als Worttrenner dienen Dreiblätter. Die Balken von f und t weisen rechts einen mittellangen, unten nach rechts gebogenen Abstrich auf. Der gebrochene Bogen des h läuft in einen kurzen Haken aus, der nur wenig unter die Grundlinie reicht. In sel steht am Wortanfang ein spiegelverkehrtes „rundes“ s. Von den Oberschäften ist, soweit man dies erkennen kann, nur der des l gespalten, die von b und h sind rechtsschräg geschnitten. Alle Schriftmerkmale zusammengenommen weisen eher auf eine Entstehung der Glocke in der 2. als in der 1. Hälfte des 15. Jahrhunderts. Die gereimte Anrufung „Hilff Gott du ewiges Wort, dem Leib hie, der Seel dort“ findet sich auch als Kolophon in der Historia Monasterii Chomburgensis des Comburger Chorherrn und Kantors Weiprecht Schenk von Schenkenstein2, war also offenbar weiter verbreitet. Beim ersten Reimwort hat der Gießer wohl die beiden ähnlichen Buchstaben b und h verwechselt; b steht hier ebenso für den Lautwert w wie im Wort eebix3. Der Wechsel von b und w ist in süddeutschen, vor allem bayerischen Inschriften der Zeit recht häufig zu beobachten.

Textkritischer Apparat

  1. Schrift beim Guß verrutscht, Lesung sehr unsicher; vns Dt. Glockenatlas.
  2. So für ewigs ; crviz Dt. Glockenatlas.
  3. So statt bort (=wort).
  4. Oberschaft des h fehlt (Gußfehler); vi Dt. Glockenatlas.
  5. Ohne Kürzungszeichen.
  6. a zwischen zwei Kronen; Bedeutung unklar, vielleicht a(men)?

Anmerkungen

  1. Herrn Kurt Wagner, Standorf, sei auch an dieser Stelle herzlich gedankt für die tatkräftige Unterstützung und Ermutigung des nicht schwindelfreien Bearbeiters bei den Aufnahmearbeiten.
  2. Vgl. Georgius, Uffenheimische Neben-Stunden II, 1128, 1196.
  3. Der Wortlaut der Inschrift erinnert an die Versinschrift einer um 1400 entstandenen Wandmalerei in der Forchheimer Pfalz, die den thronenden König David zeigt: [gerechtig]keit · ist · hie · ein · hort · vn(d) · pringt · vnz · ewig · frewde · dort ·; vgl. Roth, Gotische Wandmalerei 50–52 (m. Abb.).

Nachweise

  1. Dt. Glockenatlas Württ./Hohenzollern nr. 1030.

Zitierhinweis:
DI 54, Landkreis Mergentheim, Nr. 88 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di054h014k0008808.