Inschriftenkatalog: Mergentheim (Landkreis)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 54: Landkreis Mergentheim (2002)

Nr. 16 Rüsselhausen (Stadt Niederstetten), ev. Filialkirche 1. H. 14. Jh.

Beschreibung

Wandmalereien. Im Langhaus1. Über dem Chorbogen die Begegnung der drei Lebenden und der drei Toten, letztere mit leeren Spruchbändern2. An der Nordwand des Langhauses sind – von Osten nach Westen – dargestellt: der hl. Christophorus (durch Fensterdurchbruch weitgehend zerstört); der hl. Martin zu Pferd, seinen Mantel teilend, mit dem Bettler; der hl. Georg zu Pferd in schwarzem Waffenrock, mit Johanniterwappen und ebenso mit weißem Kreuz bezeichneter schwarzer Fahne, als Helmzier dient ein schwarzes Hochkreuz3; drei auf Wolken schwebende Heilige und darunter eine kniende Frau mit Schleier, die die Hände zur Anrufung erhoben hat: die Heilige links ist gekrönt und hält in der Linken eine runde Scheibe, auf der eine Schlange (?) in einem Korb oder Nest (?) dargestellt ist, vielleicht die hl. Margareta (mit dem „Drachen“?), zu Häupten Reste einer Beischrift (A); in der Mitte der hl. Vitus im Kessel, darüber wiederum Reste einer (3zeiligen?) Beischrift (B); rechts die hl. Katharina mit Krone, Rad und Schwert. Über den beiden rechten Figuren befindet sich ein 2zeilig beschriftetes gebogenes Spruchband mit stark verblaßter Inschrift (C). An der Langhaus-Südwand befinden sich weitere, nicht zu deutende Reste von Wandmalereien. Die Schriftreste wurden bei der Restaurierung teilweise – nicht immer richtig – nachgezogen, wodurch eine zuverlässige Lesung erschwert wird.

Maße: H. (bemalte Fläche) 132, B. 110, Bu. 2,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Majuskel.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/4]

  1. A

    [– – –]REṬẠa)

  2. B

    [– – –]USb) / ṚỌ[– – –] / [.]O[.]

  3. C

    + [. . . . .] SẠNC̣TẠ[.]US [. .]VỌQ̣Ụ[. . . . .] ṚẸQVIEỊc) / + [. . . .]Ṣ[. . .]GẸNT[. .]ṢẸ [. . . .]C̣Ọ[. . .]COLẸNS

Kommentar

Aus den Schriftresten lassen sich keine sinnvollen Texte mehr herstellen4. Der teilweise verfälschte paläographische Befund erlaubt auch keine zuverlässige Schriftanalyse. Immerhin ist erkennbar, daß die Bogenschwellungen recht kräftig ausgeführt sind. Der Abschlußstrich des C und des unzialen E ist, soweit erkennbar, lang und gerade. T scheint durchweg in der runden Form mit eingerolltem Bogen vorzukommen. In einige Buchstaben sind senkrechte Zierstriche eingestellt. Worttrenner sind nicht sichtbar. Einer stilistischen Einordnung der Malereien in die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts, die auch von der Schildform des St.-Georgs-Wappens („Manesse-Schild“) gestützt wird, steht der Schriftbefund nicht entgegen.

Die als Orantin dargestellte Frau, sicherlich eine Fördererin der Kapelle, läßt sich nicht identifizieren. Die 1313 erstmals urkundlich erwähnte Kapelle war ursprünglich Filial von Markelsheim, ehe sie (noch im 14. Jahrhundert?) selbständige Pfarrkirche wurde5. Das Patrozinium ist unbekannt.

Textkritischer Apparat

  1. Lesung der beiden letzten Buchstaben sehr unsicher; vermutlich zu [MARGA]RETA zu ergänzen.
  2. [VIT]US? Danach eine lange Zierschleife.
  3. Danach vielleicht noch ein unziales E vor dem Ende des Schriftbands.

Anmerkungen

  1. Die Chorausmalung ist jünger (15. Jh.): in den vier Feldern des Gewölbes die vier Evangelisten mit ihren Symbolen und mit langen Schriftbändern; Schrift restlos verschwunden. An den Wänden Hl. Dreifaltigkeit und Szenen aus der Kindheit Jesu, ohne Inschriften.
  2. Abb. in Morand/Besserer, Unterwegs 296.
  3. Hier statt des sonst üblichen Georgswappens, des roten Kreuzes in Silber.
  4. Inschrift (C) könnte den Wörtern an den Zeilenenden zufolge ein elegisches Distichon sein.
  5. Vgl. LdBW IV, 341. Ortsgeschichte und Baugeschichte der Kirche sind nicht erforscht.

Nachweise

  1. Der Kreis Mergentheim 93 (nur erwähnt).
  2. Gräter, Bad Mergentheim 1972, 192 (nur erwähnt).
  3. Morand/Besserer, Unterwegs 229 (nur erwähnt).

Zitierhinweis:
DI 54, Landkreis Mergentheim, Nr. 16 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di054h014k0001602.