Inschriftenkatalog: Mergentheim (Landkreis)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 54: Landkreis Mergentheim (2002)

Nr. 27† Harthausen-Reckerstal (Gde. Igersheim), vor Haus Nr. 9 1382 oder früher

Beschreibung

Bildstock mit Kreuztitulus. Im Ort an der Abzweigung der Straßen nach Igersheim und nach Harthausen. Verbleib unbekannt; am ehemaligen Standort steht seit 1976 eine sehr freie, schlechte Kopie (Bildhauer W. Selig, Laudenbach)1. Der Bildstock wurde in den 90er Jahren erneut „renoviert“. Roter Sandstein. Vierkantschaft mit spitzgiebeligem Aufsatz, darin Kreuzigungsgruppe in hohem Relief; oben am Kreuz ein schräg geschwungenes Schriftblatt mit eingehauenem Kreuztitulus. Der Schaft ist im oberen Drittel mit drei reliefierten Wappen belegt: einem zentralen Vollwappen mit gelehntem Schild sowie zwei weiteren senkrecht gestellten Schilden zu beiden Seiten der Helmzier. Zuletzt stark verwittert, die Köpfe der Christus- und der Marienfigur sowie der obere Kreuzarm mit dem größten Teil des Titulus weggebrochen.

Beschreibung nach Fotos2.

Maße: H. 213, B. 66, T. 32 cm.3

Schriftart(en): Gotische Minuskel4.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/3]

  1. · i · n · [r · i ·]

Wappen:
Rüdt5; Deutscher Orden (Hochmeister)6, Deutscher Orden.

Kommentar

Als Worttrenner scheinen, soweit auf dem Foto zu erkennen, einfache Punkte oder Quadrangeln verwendet zu sein. Das Bildrelief ist eine schlichte handwerkliche Arbeit ohne künstlerischen Anspruch. Die Wappenkombination bezeichnet den Hochmeister des Deutschen Ordens (unpersönliches Amtswappen) sowie vermutlich Konrad Rüdt von Collenberg, der 1364–65 als Hauskomtur, 1366–76 als Komtur zu Mergentheim amtierte, 1376 zum Landkomtur der Ballei Franken aufstieg7 und 1379 zum Deutschmeister gewählt wurde. Sein Todesjahr 1382 bildet den terminus ad quem für die Entstehung des Bildstocks. Der heraldische Stil stützt diesen zeitlichen Ansatz. Der Weiler Reckerstal kam allerdings erst 1398 teilweise durch Kauf an den Deutschen Orden. Zuvor war er Eigentum des Wiprecht Mertin von Mergentheim8.

Anmerkungen

  1. Vgl. auch Brandstetter-Köran 47, die allerdings den jetzigen Bildstock lediglich als Überarbeitung des Originals ansieht. Dem widerspricht der Befund.
  2. LDA Stuttgart, Fotoarchiv, Nrr. 10842, 10842a; letzteres älter (datiert 1950): dort noch der Kopf Christi und die ersten beiden Buchstaben des Kreuztitulus erkennbar. Verfälschende Veränderungen und Ergänzungen waren zuletzt offenbar bereits am Original vorgenommen worden; vgl. die Abb. in Morand/Besserer, Unterwegs 21984, 161. Ein Foto des Originals zuletzt auch in Brandstetter-Köran 47.
  3. Maße nach der modernen Kopie.
  4. In der Kopie stattdessen eine primitive Kapitalis ohne Trennpunkte.
  5. Statt des Rüdenrumpfs im Schild in der Kopie jetzt ein Kreuz!
  6. Mit Adler-Herzschild belegtes Hochmeisterkreuz; in der Kopie stattdessen nur das einfache Ordenskreuz.
  7. Weiss, Ballei Franken 406, 445; vgl. auch ebd. 201–203.
  8. Vgl. OAB Mergentheim 568f. Brandstetter-Köran 113 datiert den Bildstock ohne Begründung auf „um 1430“.

Nachweise

  1. StAL, JL 425 Bd. 2 (Slg. Breitenbach), Qu 210 (Zeichnung Breitenbachs, nur die Wappen).
  2. LDA Stuttgart, Fotoarchiv, Nrr. 10842, 10842a.
  3. Brandstetter-Köran 47 (Abb.), 113 Nr. 127.

Zitierhinweis:
DI 54, Landkreis Mergentheim, Nr. 27† (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di054h014k0002705.