Inschriftenkatalog: Mergentheim (Landkreis)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 54: Landkreis Mergentheim (2002)

Nr. 496 Weikersheim, Schloß 1645

Beschreibung

Funeralfahne für Georg Friedrich Graf von Hohenlohe. Vermutlich für die Trauerzeremonie hergestellt und anschließend möglicherweise am Ort der Grablege ausgestellt. Da Georg Friedrich in Langenburg bestattet wurde, stammt die Fahne vielleicht von dort; eine Aufbewahrung von Anfang an in der Weikersheimer Stadtkirche, wo Georg Friedrichs Frau begraben liegt, ist aber nicht auszuschließen. Jetzt ist die Fahne im sog. Tumbaraum im Südflügel des Schlosses über der Tumba des Grafen Wolfgang II. (vgl. nr. 396) an einer Stange aufgehängt1. Annähernd quadratisches Tuch mit spitz zulaufendem Zipfel am oberen Ende der Flugseite. Blütengemusterte blaßgrüne Seide mit Fransenbesatz an allen freien Seiten, beidseitig bemalt. Vorderseite: Tuch mit goldenen Flammen besät; großes rundes, von einem goldgesäumten roten Rahmen umschlossenes Bildfeld, auf dem Rahmen eine in goldener Farbe mit großen Wortabständen aufgemalte Umschrift (A); im Bildfeld ein in stürmischer See gegen einen hohen Felsen gelaufenes und in der Mitte auseinandergebrochenes kanonenbestücktes Kriegsschiff, über dem Vordermast schwebt die geflügelte Fama mit Posaune und Spruchband (B), über dem Felsen balanciert Fortuna auf einer Kugel und hält ein beschriftetes Segel (C). Rückseite: gleiche Gestaltung wie die Vorderseite, auf dem roten Bildrahmen Nameninschrift (D) in goldenen Buchstaben; im Bildfeld nach rechts reitender Ritter im Prunkharnisch mit Feldbinde; der Ritter trägt einen Helm mit heraldischer Helmzier, das gepanzerte Roß trägt an der Brust einen ovalen Wappenschild und als Kopfputz einen weiteren heraldischen Helm; zu beiden Seiten des Reiters, dem Rund der Umrahmung folgend, Inschrift (E) in goldener, schwarz konturierter Schrift. Tuch stellenweise stark zerschlissen, an den Rändern erhebliche Fehlstellen, die Bemalung an vielen Stellen abgeplatzt, dadurch auch Inschrift (C) weitgehend zerstört.

Maße: H. 135, L. (Rest) 142, Bu. 4,3 (A), 2 (B), 1,6–1,9 (C), 5 (D), 4 cm (E).

Schriftart(en): Kapitalis (A, B, D, E), humanistische Minuskel (C).

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/7]

  1. A

    ·a) OMNIA SI PERDAS FAMAM SERVARE MEMENTO2). 1645b)

  2. B

    EVOLAT BONA FAMA ILLAESA

  3. C

    Fo[rtu]na [bul]ḷac)

  4. D

    ·a) GEORG FRIEDERICH GRAVE VON HOHENLOE VND HERR ZV LANGENBVRG OBRISTER VND RITTERb)

  5. E

    PRO ARIS // ET FOCIS3).

Übersetzung:

Wenn du auch alles verlierst, denk dran, deinen Ruf zu bewahren. – Der gute Ruf entgeht (dem Unglück) unbeschadet. – Das Glück ist eine Wasserblase. – Für Altar und Herd4.

Versmaß: Hexameter (A).

Wappen:
Hohenlohe-Langenburg5.

Kommentar

Der qualitätvollen Malerei entspricht die ausgezeichnete Gestaltung der Kapitalis mit konsequenter Linksschrägenverstärkung und fast durchgängig klassischen Proportionen. Die emblematische Darstellung des gestrandeten und sinkenden Schiffs versinnbildlicht die Beständigkeit des guten Rufs, der auch das Unglück übersteht, gegenüber der Kurzlebigkeit und Wankelmütigkeit des Glücks und nimmt damit Bezug auf das Schicksal des Verstorbenen. Zu Georg Friedrichs Lebenslauf vgl. die Inschrift von 1618 im Chor der Weikersheimer Stadtkirche (nr. 421). Seine Position als Generalleutnant und oberster Kriegsrat der böhmischen Stände zu Beginn des 30jährigen Kriegs brachte ihm zunächst 1621–23 die Reichsacht ein, und seine Parteinahme auf protestantischer Seite nach dem Eingreifen der Schweden in den Krieg und seine Stellung als schwedischer Generalstatthalter im schwäbischen Kreis kosteten ihn nach dem Sieg der Kaiserlichen in der Schlacht von Nördlingen 1634 sein Territorium, das 1637 an den Deutschen Orden abgetreten werden mußte. Der erneut in die Acht erklärte Georg Friedrich floh und mußte ab 1638 in Langenburg residieren, eine Rückkehr nach Weikersheim, das erst nach dem Krieg an Hohenlohe restituiert wurde, blieb ihm zeitlebens verwehrt. Er ist am 7. Juli 1645 in Langenburg gestorben und wurde in der dortigen Pfarrkirche beigesetzt. Ein Grabmal ist nicht erhalten.

Der Gebrauch von Fahnen bei Trauerzeremonien und als Zeichen des Totengedenkens ist seit dem 14. Jahrhundert sicher nachweisbar und intensivierte sich im 16. und 17. Jahrhundert6.

Textkritischer Apparat

  1. Am Beginn der Inschrift eine goldbesamte rote Rosette.
  2. Danach eine Zierranke als Zeilenfüller.
  3. Konjektur. Die Lesung läßt sich sichern, da die Devise für Graf Georg Friedrich auch anderweitig bezeugt ist; vgl. Fischer, Hohenlohe II/1, 193.

Anmerkungen

  1. Ein wohl zugehöriger Funeralhelm (Bügelhelm) mit Hohenlohe-Helmzier und (erneuerter?) schwarzer Helmdecke wird ebenfalls im Tumbaraum aufbewahrt.
  2. Schon in Handschriften des 15. Jahrhunderts überlieferter Vers, vgl. Walther, Initia carminum 681 nr. 13278. Auch eine auf den Tod Graf Georg Friedrichs geprägte Medaille trägt diesen Wahlspruch, vgl. Hohenlohe-Waldenburg, Hohenlohe 1983, 30. In der Langenburger Bibliothek befindet sich eine von dem hohenlohischen Rat und Diener Georg Vischer 1646 verfaßte Schrift „Bona Fama Oder Practica deß Symboli Omnia si perdas, famam servare memento. So Weiland der Hoch- Wolgeborn Graf und Herr, Herr Georg Friedrich Grafe von Hohenlohe und Herr zu Langenburg Ritter, etc. Christseliger Gedächtniß, in dero Lebenszeit, welches sich in das 76. Jahr erstreckt, und den 7. Julii 1645. zu Langenburg in der Graffschafft Hohenloe seliglich geendet, geführt hat … zu unterthänigen Ehren und Gedächtniß geschrieben“ mit Holzschnitt des gestrandeten Schiffs (zitiert in: HZAN, Gemeinsames Hausarchiv, Nachl. Jos. Albrecht II.6. Bü 85).
  3. Im klass. Latein häufige Junktur, u. a. bei Cicero, Sallust, Livius. – Auch als Devise häufig gebraucht, vgl. Dielitz 254.
  4. Im Sinne von: für Haus und Hof.
  5. Quadriert, 1/4. Hohenlohe (weitgehend zerstört), 2/3. Langenburg; Helme: 1. Hohenlohe, 2. Langenburg.
  6. Vgl. Ottfried Neubecker, Art. „Fahne“, in: RDK VI (1973), Sp. 1060–1168, hier: 1126–1130. Eine große Zahl von Totenfahnen des 17. Jahrhunderts mit z. T. langen Sterbeinschriften und Grabgedichten ist beispielsweise für die Danziger Marienkirche bezeugt; vgl. Gregorius Frisch, Der Sankt Marien Pfarrkirchen in Dantzig inwendige Abriss, hg., m. Einl. u. Anm. versehen v. Katarzyna Cieślak (†), (Bibliotheca Historica Gedanensis 1), Danzig 1999.

Nachweise

  1. Merten, Schloß Weikersheim 41984, 26 (nur erwähnt).
  2. Ders., Schloß Weikersheim 1998, 52 (nur erwähnt).

Zitierhinweis:
DI 54, Landkreis Mergentheim, Nr. 496 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di054h014k0049609.