Inschriftenkatalog: Mergentheim (Landkreis)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 54: Landkreis Mergentheim (2002)

Nr. 456† Bad Mergentheim, Kapuzinerkloster, Kirche St. Elisabeth 1628

Beschreibung

Silberplatte mit eingravierter Grundsteinlegungsinschrift für den Hochaltar; zusammen mit einem weitere Erläuterungen enthaltenden Pergamentblatt1 in den Grundstein eingelassen. Von dort nach Zerstörung des Klosters 1632 durch den Statthalter des schwedischen Generals Horn, Florian Schulter, erhoben und entnommen2. Runde Tafel, die außer der Grundsteinlegungsinschrift (A) und einer Anrufung (B) auch das Wappen des Hoch- und Deutschmeisters Stadion zeigte3.

Wortlaut nach StAL, B 244 Bü 139 und nach StAL, B 244 Bü 149,1.

  1. A

    In honorem Deia) omnipotentis et Immaculatae semper Virginis Dei genitricis Mariae Sanctique Francisci Seraphici4) omniumque Sanctorum pro exstruenda noua Ecclesia et monasterio in vsum Reuerendorum Patrum Capucinorum extra muros Ciuitatis Mergentheimensisb) Reuerendissimus et Illustrissimus Princeps Dominusc) Joannes Casparus Magni Magistratus Prussiaed) Administrator et Inclyti Ordinis Teutonici per Germaniam et Italiam partesque transmarinas Magister Dominus in Freudenthal et Eÿlenberg Caesareae Maiestatis Consiliarius intimus (etc.)e) sub Benedictione Reuerendissimi in Christo Patris Domini Jodoci Episcopi Augustopolitanif)5) Suffraganei Herbipolensis (etc.)e) primarium hunc lapidem poni curauit die Nona Mensis Julij Anno M DC xxviii Regnante Vrbano Papa VIII · et Ferdinando · II · Imperatore semper Augusto (etc.)g)

  2. B

    JESVS, MARIA, / FRANCJSCVS ·h)

Übersetzung:

Zur Ehre des allmächtigen Gottes, der allzeit unbefleckten Jungfrau und Gottesmutter Maria, des hl. Franziskus Seraphicus und aller Heiligen hat zur Errichtung einer neuen Kirche und eines neuen Klosters für die ehrwürdigen Väter Kapuziner außerhalb der Mauern der Stadt Mergentheim der ehrwürdigste und durchlauchtigste Fürst Herr Johann Caspar, Administrator des Hochmeistertums in Preußen und des Hohen Deutschen Ordens Meister in deutschen und welschen und überseeischen Landen, Herr zu Freudenthal und Eulenberg, Seiner Kaiserlichen Majestät Geheimer Rat usw., unter der Weihehandlung des ehrwürdigsten Vaters in Christo, des Herrn Jodok, Bischofs von Augustopolis, Weihbischofs von Würzburg usw., diesen ersten Stein legen lassen am 9. Juli 1628 unter der Regierung Papst Urbans VIII. und Ferdinands II., des Kaisers und allzeit Mehrers des Reiches.

Wappen:
Deutscher Orden (Hochmeister)/Stadion6.

Kommentar

Initiator der Gründung des Mergentheimer Kapuzinerklosters war, wie die Inschrift meldet, Hoch- und Deutschmeister Johann Caspar von Stadion, der bereits zu Jahresbeginn 1628 zur Förderung der Gegenreformation Würzburger Kapuziner nach Mergentheim berufen hatte, für die zunächst in der Stadt eine provisorische Unterkunft eingerichtet worden war7. Stadions Wunsch nach Errichtung eines Kapuzinerklosters in seiner Residenzstadt gab das in Augsburg tagende Provinzialkapitel des Ordens im April 1628 statt. Da kein Bauplatz zur Verfügung stand, kaufte Stadion das Areal vor dem Igersheimer Tor, wo schon bald mit dem Bau begonnen werden konnte.

Die für die Zeremonie der Grundsteinlegung natürlich schon vorher angefertigte Inschrift enthält einen Fehler, insofern als der genannte Weihbischof Jodok Wagenhauer ebenso wie der Würzburger Fürstbischof Philipp Adolf von Ehrenberg am vorgesehenen Tag verhindert war und daher der Direktor des Mergentheimer Priesterseminars, Sigismund Weiß, die Weihe vornehmen mußte8. Den Text der Inschrift wie auch des beigefügten Pergamentblatts verfaßte Deutschordenskanzler Johann Eustachius von Soll. Der Bau der Kirche war bereits 1629 abgeschlossen, am 23. September fand die Kirchweihe (Elisabeth-Patrozinium) statt im Beisein der Bischöfe von Würzburg und Bamberg sowie des Abts von Schöntal9. Die vor den Stadtmauern gelegene Kirche wurde durch einen gedeckten Gang mit dem Schloß verbunden, der dem Hochmeister jederzeit den direkten Zugang erlaubte.

Textkritischer Apparat

  1. Dei fehlt BayHStA.
  2. StAL, B 244 Bü 139 u. 149,1; Mergetheimensis clm 26493.
  3. D(omi)n(us) D(omi)n(us) BayHStA.
  4. StAL, B 244 Bü 139 u. 149,1; Borussiae clm 26493.
  5. (etc.) fehlt StAL, B 244 Bü 149,1.
  6. StAL, B 244 Bü 139 u. 149,1; Augustonopolitani clm 26493; BayHStA.
  7. (etc.) fehlt StAL, B 244 Bü 149,1 und clm 26493.
  8. Inschrift (B) fehlt clm 26493.

Anmerkungen

  1. Wortlaut überliefert in StAL, B 244 Bü 149,1 und Bayer. Staatsbibliothek München, clm 26493, fol. 38v, 40r; deutsche Übersetzung bei Renz, Kapuzinerkloster I; Sambeth, Kapuzinerkloster 7f.
  2. Vgl. Sambeth, Bilder 5/39f.
  3. Vgl. die Angaben auf dem beigefügten Pergamentblatt (wie Anm. 1): „in orbe argenteo …, sculptura insignium …“. Eine der Mergentheimer vergleichbare Grundsteininschrift des Kapuzinerklosters in Worms, die wesentlich schlichter auf einem Bleitäfelchen angebracht wurde, ist erhalten; vgl. DI 29 (Worms) nr. 701 (1642).
  4. Seraphicus Beiname des hl. Franziskus; zurückgehend auf die Stigmatisierung des Heiligen 1224, bei der ihm der Gekreuzigte mit Seraphsflügeln erschienen ist; vgl. u. a. LCI 6, Sp. 295f.
  5. Augustopolis, Bischofssitz in der Palaestina tertia, vielleicht das heutige eṭ Ṭafīle (Königreich Jordanien).
  6. Vermutlich durch Hochmeisterkreuz quadriert von Deutschem Orden und Stadion.
  7. Zu den Vorgängen vgl. Sambeth, Bilder 4/45f.; ders., Kapuzinerkloster 5–13.
  8. Ebd. 7 und bes. Demel, Der Dt. Orden u. d. Kapuziner 76 Anm. 19. Zu Wagenhauer, Weihbischof 1622–35, vgl. Egon Johannes Greipl, Art. „Wagenhauer (Wagenhauber), Jodok“, in: Gatz, Bischöfe 1448–1648, 731.
  9. Sambeth, Kapuzinerkloster 9.

Nachweise

  1. StAL, B 244 Bü 139: „Die Erste Steinlegung und Erbauung auch Dedication des allhiesigen Capuciner Closters, und Kirch …“ (M. 17. Jh.; Kopie nach dem Konzept von Solls).
  2. StAL, B 244 Bü 149,1: Franz Simon Molitor, „Fundation des Capuciner Closters, undt Kirchen zu Mergentheim, undt derselben Erst- undt zweyte Steinlegung aufferbawung undt Restauration“ (1721).
  3. Origo et historia monasteriorum Capucinorum prov. Tyrolis, Bauariae etc. a. 1667, in: Bayer. Staatsbibliothek München, clm 26493 (18. Jh.), fol. 1–196, hier: 38v.
  4. BayHStA München, KL Fasz. 445, Nr. 1, fol. 61f.
  5. StAL, B 236 Bü 42 (Breitenbach, 1828).
  6. Sambeth, Bilder 4/45 (dt. Übersetzung).
  7. Ders., Kapuzinerkloster 7 (dt. Übersetzung).
  8. 350 Jahre Kirche und Kloster der Kapuziner 20 (nur erwähnt).
  9. Demel, Der Dt. Orden u. d. Kapuziner 51, 78 Anm. 82f. (nur erwähnt).

Zitierhinweis:
DI 54, Landkreis Mergentheim, Nr. 456† (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di054h014k0045606.