Inschriftenkatalog: Mergentheim (Landkreis)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 54: Landkreis Mergentheim (2002)

Nr. 423 Wien, Schatzkammer des Deutschen Ordens vor 1619

Beschreibung

Kristall-Doppelkopf. Aus dem Besitz des Hoch- und Deutschmeisters Erzherzog Maximilian III. (Inventar Innsbruck), nach dessen Tod 1619 in den Ordensschatz gelangt; Flüchtung im Dreißigjährigen Krieg über Mainau und Rodenegg nach Wien, dann über Ingolstadt 1660 Rückführung nach Mergentheim1; seit 1805 in Wien, Inv.-Nr. G-028. Spätgotischer Bergkristallbecher mit Silberfassung (Nürnberg, um 1480–90), gegossen, getrieben und vergoldet (Fuß, Handhabe, Mundrand). Der Deckel, ebenfalls aus Bergkristall, diente ursprünglich als zweiter Becher2. Anstelle seines eigenen Fußes wurde im frühen 17. Jahrhundert als Bekrönung des Pokals ein Krönchen in Form des österreichischen Erzherzogshuts aufmontiert (Gold mit opakem und transluzidem Email, besetzt mit Rubinen, Tafeldiamanten und Perlen). Im Innern des Deckels wurde, vermutlich zur selben Zeit, ein rundes Goldplättchen eingefügt, auf dem in Email ein bekröntes, von zwei Initialen flankiertes und von einem Lorbeerkranz umschlossenes Wappen dargestellt ist. Schrift email-positiv (schwarz).

Maße: H. 21,8, B. 14,6, Bu. 0,2 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/2]

  1. G // E

Wappen:
Österreich3.

Kommentar

Das Krönchen auf dem Pokal wurde – darauf ist wiederholt hingewiesen worden – offenbar nach dem Vorbild des Erzherzogshuts geschaffen, den Erzherzog Maximilian 1616 dem Augustinerchorherrenstift Klosterneuburg geschenkt hat. Die Umarbeitung des Pokals dürfte also etwa um diese Zeit erfolgt sein. Die Initialen auf dem wohl gleichzeitig eingefügten Wappenplättchen lassen sich bislang noch nicht befriedigend deuten. Der Vorschlag Dudíks4, sie mit C(arolus) E(piscopus) aufzulösen und auf Erzherzog Karl von Österreich, Bischof von Breslau (ab 1608), Bischof von Brixen (ab 1613) und Koadjutor des Hochmeisters Maximilian zu beziehen, ist nicht haltbar, da jeder heraldische Hinweis auf die Bischofswürde fehlt5. Zudem ist der erste Buchstabe m. E. eindeutig als G, nicht wie bisher als C, zu lesen. Ebensowenig kommt eine – zunächst naheliegende – Auflösung der zweiten Initiale als E(rzherzog) in Frage, da es im Haus Österreich in der fraglichen Zeit keinen Träger eines mit G beginnenden Namens gab. Bei der Inschrift wird es sich also eher um eine Devise als um eine Nameninschrift handeln.

Anmerkungen

  1. Vgl. Dudík, Kleinodien 92.
  2. Ausführliche Beschreibung: Dudík, Kleinodien 91f.; 800 Jahre Dt. Orden 235 nr. III.8.32 (m. Abb.).
  3. Neu-Österreich („Bindenschild“), bekrönt von dem Erzherzogshut.
  4. Dudík, Kleinodien 92.
  5. Vgl. bereits 800 Jahre Dt. Orden 235 nr. III.8.32.

Nachweise

  1. Dudík, Kleinodien 92 (m. Abb.).
  2. Ders., Des Hoch- und Deutschmeisters Erzherzog’s Maximilian I. Testament und Verlassenschaft vom Jahre 1619, in: Archiv f. Kunde österreichischer Geschichts-Quellen 33 (1865) 233–352, hier: 290.
  3. Kohlhaußen, Nürnberger Goldschmiedekunst, nr. 241, Abb. 264.
  4. Fritz, Goldschmiedekunst d. Gotik, nr. 643 (m. Abb.).
  5. 800 Jahre Dt. Orden 235 nr. III.8.32.
  6. Krones 69.

Zitierhinweis:
DI 54, Landkreis Mergentheim, Nr. 423 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di054h014k0042307.