Inschriftenkatalog: Mergentheim (Landkreis)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 54: Landkreis Mergentheim (2002)

Nr. 415 Igersheim, kath. Pfarrkirche St. Michael 1617

Beschreibung

Bildstock mit Stifterinschrift des Bartholomäus Lang. Innen an der Nordwand des nördlichen Seitenschiffs. Ursprünglich an der Ecke Goldbachstraße/Kirchbergstraße. Um 1992 restauriert und in die Kirche versetzt. Der altarartige Sockel und der untere Teil des Schafts sind am alten Ort verblieben und tragen jetzt eine moderne Kopie des Bildstocks. Grauer Sandstein. Der Aufsatz ist in vier Zonen gegliedert: Die Bekrönung fehlt (Zapfen noch vorhanden; die Kopie trägt eine Marienfigur); in der Hauptzone vor einem Rundbogen Kreuzigungsgruppe (Kreuztitulus A) mit im Gebet kniendem Stifterpaar, als Rahmung seitlich Voluten und Engelshermen, unten am Kreuzstamm eingehauene Initialen (B), vermutlich die Signatur des Steinmetzen; in der Zone darunter, in zwei Reihen kniend, die elf Söhne und sieben Töchter des Ehepaars im Gebet; im unteren Teil ein Wappenschild. Die Vierkantsäule mit abgefasten Ecken trägt auf der Vorderseite eine vielzeilige eingehauene Inschrift (C). Verwittert; Figuren, Wappen und Rahmen bei der Restaurierung ergänzt und stellenweise nachgearbeitet. Die Inschrift auf dem Schaft ist im oberen Abschnitt sowie rechts unten völlig abgewittert. Die Oberfläche wurde hier mit Zementmörtel geglättet und die Inschrift neu eingehauen. Die Ergänzungen sind sehr ungeschickt ohne Orientierung an den originalen Schriftformen ausgeführt. Reste farbiger Fassung und Vergoldung.

Textergänzung der ersten sieben Zeilen von (C) nach Foto1.

Maße: H. (ohne den am alten Standort verbliebenen Sockel) 287, B. 92, Bu. 2,2 (A), 2,7 (B), 2,3 cm (C).

Schriftart(en): Kapitalis (A, B), Fraktur (C).

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/6]

  1. A

    I · N · R · I

  2. B

    PN(iklas)a) / B(ildhauer)

  3. C

    [An . . . . . . 17b) / hatt D . . . . . ḅarc) / Vnd ac̣hḅard) / Barthol(omäus)e) Lang / burger alhier zue]f) / Ehren dem h[och=]g)/heiligen [Leiden]h) / vnd Sterḅẹn [Jesu] / Christi · ihme Se[in]/er herzliebe(n) Hau[s]/Frawen Marga/rethae vnd kinder(n) / zue Ewiger Ge=/dechtnus · auch / allen guteÿferige(n) / vor vbergehende(n) / Christen zur an=/dacht Dise Bi[lt]/nus mache(n) [vnd] / anhero sezen l[ass]en

Wappen:
Lang2.

Kommentar

Die breit proportionierte Fraktur zeichnet sich durch große Regelmäßigkeit aus. Der Bogen des h ist unter der Grundlinie eingerollt, die Oberlänge des l bildet eine auffällige s-förmig geschwungene Schleife. Der Schaft des g biegt weit nach rechts ab, so daß der Unterlängenbogen deutlich nach rechts versetzt ist und der gesamte Buchstabe sehr breit wird. Die Bildhauersignatur bestätigt die ohnehin aufgrund der stilistischen und epigraphischen Gemeinsamkeiten mit den Werken des Michel Niklas naheliegende enge Beziehung zu dem Reinsbronner Bildhauer. Der Schöpfer des Bildstocks (Peter?) war vermutlich Michels Sohn3.

Der Stifter des Bildstocks, Bartholomäus Lang, war Mitglied des Igersheimer Schöffengerichts4. Er ist 1630 gestorben5.

Textkritischer Apparat

  1. Schrägschaft des N setzt rechts am Bogen des P an.
  2. Befund nach Foto LDA Stuttgart; in der Mitte der ersten beiden Zeilen war bereits damals ein großes Stück ausgebrochen.
  3. Vermutlich zu ergänzen: D[er ehr]bar.
  4. Befund nach Foto LDA Stuttgart: a[.]hbar; obere Hälfte des b zerstört, von h nur die Unterlänge des Bogens sichtbar.
  5. Kürzung durch Doppelpunkt.
  6. Derzeitiger Befund nach der „Restaurierung“: Anno d(omini) 1617 / hat der ehrba/re Bürger dah(ier) / Bartol(omäus) Lang / ehrichtet alhier zu. Die für das frühe 17. Jahrhundert ungewöhnlichen Kürzungen, die unausgewogene Schriftverteilung sowie das zusätzliche Prädikat ehrichtet machen die willkürlichen Ergänzungen auf den ersten Blick verdächtig.
  7. Ergänzung nach Foto LDA Stuttgart; die zuletzt unleserliche Stelle bei der Restaurierung so belassen, Zeilenende mit Zementmörtel verdeckt.
  8. Die auch vom Sinnzusammenhang einzig mögliche Ergänzung wird durch das Foto LDA Stuttgart gesichert. Befund nach „Restaurierung“: Gott.

Anmerkungen

  1. LDA Stuttgart, Fotoarchiv, Neg.-Nr. 10679.
  2. Pflugschar, mit der Spitze nach oben, dahinter gekreuzt 2 Faßhaken, beiderseits und unten begleitet von 3 6strahligen Sternen; vgl. Foto LDA Stuttgart. Das verwitterte Wappen wurde bei der Restaurierung völlig falsch ergänzt, Faßhaken und Sterne sind bis zur Unkenntlichkeit verändert; der Schildumriß wurde verfälscht.
  3. Vgl. Einl. LXII, LXVIf.
  4. Vgl. dazu Anm. f.
  5. Vgl. Chronik d. Gemeinde Igersheim 95.

Nachweise

  1. OAB Mergentheim 582 (nur Beschreibung).
  2. Chronik d. Gemeinde Igersheim 95 (nur Beschreibung).
  3. Zierlein, Kirche und Gemeinde 82 (nur erwähnt).
  4. Brandstetter-Köran 14 (Abb. d. Kopie), 81 Nr. 67 (Wortlaut ungenau).

Zitierhinweis:
DI 54, Landkreis Mergentheim, Nr. 415 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di054h014k0041505.