Inschriftenkatalog: Mergentheim (Landkreis)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 54: Landkreis Mergentheim (2002)

Nr. 396 Weikersheim, Schloß 1610

Beschreibung

Tumba des Grafen Wolfgang II. von Hohenlohe. Ursprünglich inmitten des Langhauses der ev. Stadtkirche aufgestellt, dann nach Fertigstellung des Chores 1617 dort vor dem Altar1, schließlich ab 1714 an der Westwand des südlichen Seitenschiffs; ab 1934 provisorisch im Schloß aufgestellt, nach Restaurierung 1957 am jetzigen Standort im eigens dafür hergerichteten sog. „Tumbaraum“ im Südflügel des Schlosses2. Schwarzer Marmor, figürlicher Schmuck und Schrifttafel aus Alabaster, teilvergoldet. Hohe Tumba mit einfacher Feldergliederung der Längs- und Schmalseiten; die weit vorkragende Deckplatte mit Frieszone wird ringsum von frei vor die Seitenwände gestellten Säulen getragen; auf dem Fries umlaufende eingehauene und vergoldete Inschrift (A), an der Kopfseite beginnend, mit unregelmäßigen Wortabständen. Oben auf der Platte zwei vollplastisch skulptierte, auf einem Kissen aufliegende Vollwappen mit hochaufragenden Helmen und Helmzierden sowie eine große, annähernd quadratische Schrifttafel mit rollwerkverziertem Rahmen mit Fruchtgirlanden, oben außerdem ein Engelskopf, unten ein Totenschädel. Die Schrifttafel wurde zunächst nur im unteren Viertel mit einem Bibelspruch (C) beschriftet. Die leere Schriftfläche darüber wurde nach dem Tod des Grafen Wolfgang nur in der linken Hälfte mit einer gereimten Sterbeinschrift (B) gefüllt, die rechte Hälfte, die eine entsprechende Sterbeinschrift für die Gräfin Magdalena von Nassau aufnehmen sollte, blieb leer. Die zwölf Alabastersäulen, die die Deckplatte tragen, sind im unteren Drittel des Schafts mit Kriegstrophäen in hohem Relief belegt; auf der mittleren Säule des Fußendes ist u. a. eine Fahne mit aufgelegtem Wappenschild dargestellt. Die Tumba war 1934 „schon recht hinfällig“3, die Fragmente wurden bei der Restaurierung aber fachgerecht zusammengefügt; die Inschriften sind kaum beeinträchtigt; Teile der Helmzierden ergänzt.

Maße: H. 199, L. 311,5, B. 179,5, Bu. 5,0–5,2 (A)4, 2,2–2,5 (B), 4,0 cm (C)5.

Schriftart(en): Fraktur (A, B, C), Kapitalis (A, C).

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/12]

  1. A

    Diss Monument ist von dem Hoch vnd Wolgebornen / Herrn (et)c(etera) Herrn Wolffgangen Graffen von Hohenloe (et)c(etera) vnd Herrn zu Langenburg (et)c(etera) / für Jhr Gnaden, dero angehörigen, vnd POSTERITET / Leichnam (et)c(etera) anno 1603 angefangen Worden Gott . genade vns allen .

  2. B

    Da man Zahlt Fünff Zehnhundert JarVier Zig vnd Sechs,a) geboren war,Der Hoch vnd Wolgeborne HerrGraf Wolff von Hohenloh (etcetera) welcher,Zur Hoch vnd Wolgebornen FrawMagdlena Grefin von Nassaw,Anno sechzig vnd sibne sichVerheürath hat vnd hochlöblich,Gezeugt sechs Herren im EhestandtDern vier Kriegs Obristen6) genandt :Auch acht Frewlin vnd Grefin zartEin Preisz Holoischb) Stammens artHat Gottselig, weislich regirtGemehrt die Grafschafft vnd geziert,Jns Trei vnd viertzigst Jar : DarbeiGeführt Kirchen vnd Schul gebew,Tausent sechs hundert zehn allhieDen acht vnd zwantzgsten MartijSeines Alters vier vnd Sechzig JarVersetzet in die Himlisch schar

  3. C

    Hiob . am XIX . C(apitel) / JCHc) weisz dasz mein Erlöser lebet, vnd er wirt mich hernach ausz der / Erden auffwecken, vnd werde mit diser meiner Haut vmbgeben wer/den, vnd werde in meinem Fleisch Gott sehen : denselben werde Jch mir / sehen, vnd meine augen werden Jhn schawen, vnd kein Frembder .7)

Versmaß: Deutsche Reimverse (B).

Datum: 7. April 1610 n. St.

Wappen:
Hohenlohe-Langenburg8, Nassau-Dillenburg9; Hohenlohe-Langenburg.

Kommentar

An die hohe Qualität des bildhauerischen Schmucks reicht die der Schriftausführung nicht heran, die schmal proportionierte Fraktur wirkt vor allem in Inschrift (A) durch ungleichmäßige Wortabstände und ungelenke Versalien etwas unruhig.

Die Tumba ist eine Arbeit des Bildhauers Michael Kern aus Forchtenberg10. Ihr Standort war nach Fertigstellung des Chores 1617 am Eingang zu der im frühen 17. Jahrhundert neu angelegten Gruft unter dem Chor der Stadtkirche. Graf Wolfgang II. war ein Sohn von Ludwig Kasimir Graf von Hohenlohe und Anna Gräfin zu Solms-Laubach11. Seine Frau Magdalena, eine Tochter Wilhelms des Reichen Grafen von Nassau-Dillenburg, starb 1633. Graf Wolfgang verlegte seine Residenz 1586 von Langenburg nach Weikersheim und ließ in der Folgezeit Schloß und Stadtkirche durchgreifend umbauen. Im Rittersaal des Schlosses ließ der Bauherr seine Ahnentafel und die seiner Frau in monumentaler Form anbringen (vgl. nr. 377)12.

Textkritischer Apparat

  1. Interpunktionszeichen in Form eines kurzen Schrägstrichs auf halber Zeilenhöhe, hier und im Folgenden durch Komma wiedergegeben.
  2. So für Hohenlohisch.
  3. J als vergrößerte Zierinitiale, CH als Frakturversalien.

Anmerkungen

  1. Vgl. Schneider, Vergleich 90 m. Anm. 28.
  2. Vgl. Gräter, Weikersheim 21972, 56.
  3. Ebd. Vgl. OAB Mergentheim 782: „schnöde zertrümmert“.
  4. Kapitalis nur 4,2 cm.
  5. Erste Zeile nur 2,8 (Fraktur) bzw. 2,6 cm (Kapitalis).
  6. Georg Friedrich († 1645), Ludwig Kasimir († 1604), Kraft († 1641) und Philipp Ernst († 1628).
  7. Hi 19, 25–27.
  8. Quadriert von Hohenlohe und Langenburg, alle Figuren einwärts gekehrt; 2 Helme.
  9. Quadriert: 1. Nassau, 2. Katzenelnbogen, 3. Vianden, 4. Diez; 3 Helme: in der Mitte Katzenelnbogen, rechts Diez, links (!) Nassau.
  10. Dehio BW I, 825.
  11. Vgl. Eur. Stammtaf. NF XVII, Taf. 6.
  12. Zu Graf Wolfgang und seinen alchemistischen Interessen vgl. Jost Weyer, Die Weikersheimer Schloßapotheke unter Graf Wolfgang II. und Gräfin Magdalena von Hohenlohe 1587–1610, in: Beiträge zur württ. Apothekengeschichte 17 (1990/92) 65–72; ders., Alchemie an einem Fürstenhof der Renaissance. Graf Wolfgang II. von Hohenlohe (1546–1610) und Schloß Weikersheim, in: Chemie in unserer Zeit 26 (1992) 241–249; ders., Graf Wolfgang, passim.

Nachweise

  1. Wibel, Hohenloh. Kyrchen- u. Reformations-Historie IV, 206 (nur B).
  2. Denkmale d. Alterthums 140 (nur erwähnt).
  3. Schönhuth, Denkmale d. Kirche zu Weikersheim 100f.
  4. Fischer, Hohenlohe II/1, 126 (nur B).
  5. OAB Mergentheim 782 (nur A, B).
  6. Gräter, Weikersheim 21972, 56 (Wortlaut nur teilw.).
  7. Schneider, Vergleich 91 Abb. 7.

Zitierhinweis:
DI 54, Landkreis Mergentheim, Nr. 396 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di054h014k0039604.