Inschriftenkatalog: Mergentheim (Landkreis)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 54: Landkreis Mergentheim (2002)

Nr. 380 Reinsbronn (Stadt Creglingen), ev. Pfarrkirche 1607

Beschreibung

Epitaph des Philipp Geyer von Giebelstadt. Im östlichen Vorraum der 1852 errichteten Kirche. Aus dem Vorgängerbau; nach dessen Abbruch zunächst lange Jahre auf dem außerhalb des Orts angelegten Friedhof „unrichtig aufgestellt“1. Monumentale Ädikula aus rotem Sandstein. Bei der Neuaufstellung wurde das Grabmal abermals falsch zusammengesetzt. Als Bekrönung in der Mitte das Vollwappen des Verstorbenen in einem Rundmedaillon mit Roll- und Beschlagwerkrahmen, auf dem als Umschrift oben die Namenbeischrift (A), unten ein Spruch (B) eingehauen sind; zu beiden Seiten die Vollwappen der beiden Ehefrauen Philipp Geyers und zwei (verstümmelte) Frauenfiguren, vermutlich Personifikationen von Tugenden. Das Sims fehlt, der Architrav ist jetzt fälschlich zwischen Haupt- und Sockelgeschoß eingefügt. Er zeigt, in einer Reihe nebeneinander, die Wappen der Achtahnenprobe des Verstorbenen. Das Bildfeld des Hauptgeschosses ist von Pilastern und Seitenteilen mit Karyatidhermen eingefaßt. Unter einem Flachbogen ist oben in der Mitte die Auferstehung Christi in Relief dargestellt, darunter kniet die Familie des Verstorbenen in Anbetung des Auferstandenen, die Figuren sind fast vollrund ausgehauen: links Philipp mit sieben Söhnen, alle in vollem Harnisch, rechts die beiden Ehefrauen mit neun Töchtern; in den Bogenzwickeln Engelsköpfchen. Auf beiden Pilastern befinden sich je sieben Vollwappen; die heraldisch rechts gehören zur Achtahnenprobe der Ursula von Rosenberg, die links zur Ahnenprobe der Rosina Schenkin von Siemau. Beide Ahnenproben setzen sich mit je einem Wappen im Sockelgeschoß fort, die beiden Wappen flankieren dort ein breites rechteckiges Schriftfeld mit Grabgedicht (C). Das Mittelband der Zeilen ist mit tiefen Ritzlinien vorliniiert. Im Unterhang ein von Engelsköpfen flankiertes leer gebliebenes Feld, das vielleicht für die Sterbeinschrift der zweiten Ehefrau vorgesehen war. Bestoßen; Figuren und Rahmenteile beschädigt; Reste farbiger Fassung.

Maße: H. (Rest) 341, B. 226, Bu. 2,2 (A, B), 1,6 cm (C).

Schriftart(en): Kapitalis (A, B), Fraktur (C).

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/15]

  1. A

    PHILIPS // GEIERa)

  2. B

    HODIE MIHI CRAS TIBI

  3. C

    Als man zalt nach Christi geburt · 15 · 42 · Jar ·An S(anct)b) tomas dag da wahrt ·Philips Geÿer vo(n) vnd zu gibelstatt gebornn · /Vom Edlen Stamen auszerkorn ·Lebt Bisz in Das Fünff vnd Sechzig Jahr ·Donerstag welches der · 18 · Junij wahrt /zu mitag da er alhier zu Reinsprun ·Sein leben geennt in der zwölffte(n) stundt ·Als man zalt · 1600 · vnd siben /Verschiedt er in Christo gahr Senftigliche(n) ·Ruht still vnd Sanfft hie in dem Herr(n) ·Vo(n) sundt v(n)d alem v(n)glück fern /Wie Joseph2) vnd wie Hiskias3) ·Also Er Auch On Vnderlas ·Die Lieben Vnderthanen Sein /Regiert Stetts mit Sanfftmut fein ·Jm gottes wohrt so rein vnd klar ·Ein Rechter ernst vnd Eifer war /Fridt Warheit vnd Gerechtigkeitt ·Hatt er geliebett Alle zeitt ·Alta Ruhett er Nun Seliglich /· Jn Ch[risto lebe]tc) Ewiglich ·d)

Übersetzung:

Heute mir, morgen dir.

Versmaß: Deutsche Reimverse (C).

Datum: 21. Dezember 1542; 28. Juni 1607 n. St.

Wappen:
Geyer von Giebelstadt; Rosenberg, Schenk von Siemau;
Ahnenprobe oben, in springender Reihenfolge von innen nach außen:
Geyer von Giebelstadt, Berlichingen, Wolfskeel, Westerstetten4,
Marschall von Ostheim, Thüngen, Schenk von Geyern5, Speth;
Ahnenproben außen:
RosenbergSchenk von Siemau
von der KereTruchseß von Wetzhausen
HuttenSchott von Schottenstein
BoyneburgAschhausen
WollmershausenLiebenstein (?)6
HeßbergMünster7
SpethDobeneck
BrandensteinRosenberg.

Kommentar

Die Kapitalis ist weitgehend identisch mit der des Reinsbronner Bildhauers Michel Niklas. Die Fraktur ist freilich deutlich runder8. Auffällig ist die Verwendung von zweistöckigem a am Wortanfang; der obere Bogen ragt weit in den Oberlängenbereich hinein. Die Schriftmerkmale weisen das Epitaph oder zumindest die Ausführung der Inschriften als eine Arbeit des jüngeren (Peter?) Niklas aus9.

Philipp Geyer von Giebelstadt kaufte 1587 Dorf und Schloß Reinsbronn und führte gegen den Widerstand von Würzburg die Reformation ein10. Seine erste Frau Ursula von Rosenberg († 1580) ist in der Grablege ihres Geschlechts in Niederstetten bestattet, auf dem dort errichteten Epitaph (nr. 244) wurde die Sterbeinschrift Philipp Geyers nach seinem Tod nicht vervollständigt. Stattdessen wurde für ihn in Reinsbronn ein neues monumentales Epitaph angefertigt, das die zweite Ehe mit Rosina, Tochter des Adam Ulrich Schenken von Siemau und der Amalia Truchsessin von Wetzhausen, berücksichtigt und in einem langen Lobgedicht die gute Herrschaft und die Glaubensfestigkeit des Verstorbenen hervorhebt11.

Textkritischer Apparat

  1. Unterbrechung durch die in den Rahmen des Medaillons ragende Helmzier.
  2. Kürzung durch Doppelpunkt.
  3. Ergänzung nach OAB Mergentheim.
  4. Letzter Vers zentriert auf dem unteren Rahmen des Schriftfelds.

Anmerkungen

  1. OAB Mergentheim 688.
  2. Joseph von Ägypten; vgl. Gn 41.
  3. Ezechias, König von Juda; vgl. IV Rg 18ff., II Par 29ff. Dieser und die folgenden neun Verse sind eine fast wörtliche Wiederholung des Grabgedichts auf dem Epitaph des 1596 verstorbenen Konrad von Rosenberg in Gnötzheim (Gde. Martinsheim, Lkr. Kitzingen): Lesung nach Abb. in Kdm. Kitzingen 125. Das Gnötzheimer Grabmal wird dem Bildhauer Sem Schlör zugewiesen; vgl. Dehio Bayern I: Franken 311.
  4. Schildbild zerstört.
  5. Abweichend von der Ahnenprobe auf dem Epitaph Philipp Geyers in Niederstetten, vgl. nr. 244 Anm. 3.
  6. Zwillingsbalken statt 3mal geteilt; Helmzier: 2 Büffelhörner, ebenfalls mit 2 Balken bezeichnet statt 3mal geteilt. Die Urgroßmutter der Rosina Schenkin von Siemau war Margareta von Liebenstein; vgl. Biedermann, Baunach, tab. CCXLVII.
  7. Teilungslinien auf dem Flug in Schild und Helmzier nicht zu erkennen, vermutlich nicht ausgeführt; zur Genealogie vgl. Biedermann, Baunach, tab. CLXXX.
  8. In OAB Mergentheim 688 wird das Epitaph als Werk Michel Niklas’ bezeichnet.
  9. Vgl. Einl. LXVIf.
  10. Vgl. zu den Vorgängen ausführlich Schlenker, Reformation passim.
  11. Vgl. aber Anm. 3.

Nachweise

  1. Schönhuth, Creglingen u. seine Umgebungen 168 (nur C).
  2. OAB Mergentheim 688f.
  3. Pfarrbeschreibung für die Pfarrei Reinsbronn, gefertigt auf 1. Okt. 1905 v. Pfarrer Kittel (LKA, A 29, 3725,2) p. 5–7 (nur C).

Zitierhinweis:
DI 54, Landkreis Mergentheim, Nr. 380 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di054h014k0038007.