Inschriftenkatalog: Mergentheim (Landkreis)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 54: Landkreis Mergentheim (2002)

Nr. 343 Markelsheim (Stadt Bad Mergentheim), kath. Pfarrkirche St. Kilian E. 16./A. 17. Jh.

Beschreibung

Fragment eines Epitaphs. In der offenen Vorhalle der 1958 neu erbauten Kirche; von der alten, 1972 abgebrochenen Kilianskirche übernommen, dort zuletzt außen angebracht1. Erhalten ist nur eine hochrechteckige Platte aus rot-gelbem Sandstein, die ursprünglich wohl von einer Ädikularahmung umgeben war2. Die oberen zwei Drittel der Platte füllt ein Bildrelief im Rundbogenfeld aus: Kreuzigungsgruppe (Kreuztitulus A), unter dem Kreuz in Anbetung kniend links ein Mann mit Degen, abgelegtem Hut und Handschuhen, hinter ihm ein Knabe, rechts zwei Frauen mit Rosenkränzen, vor der vorderen ein kleines Mädchen. Die beiden Kinder und die erste Frau sind durch Sterbekreuzchen über den Köpfen markiert: als Hintergrund in Flachrelief Darstellung einer Stadt. In den Bogenzwickeln Engelsköpfe; unter dem Mann und den beiden Frauen drei gelehnte Wappenschilde. Im unteren Drittel der Platte in eingetieftem Feld eine Schrifttafel mit Roll- und Beschlagwerkrahmen und eingehauener Inschrift (B). Verwittert, Ränder und Teile des Reliefs sowie der Inschrift weggebrochen; 1990 wurden bei einer Restaurierung die Fehlstellen mit Zementmörtel ergänzt und unter Mißachtung des ursprünglichen Befunds frei nachgearbeitet3. Ein größerer Ausbruch in der zweiten Schriftzeile wurde gefüllt und die Schrift hier neu eingehauen. Die Schriftreste am Beginn der dritten Zeile wurden mit Zement zugeschmiert, Konturen lassen sich jedoch noch erkennen. Die ganze Zeile ist jetzt leer. Die Schrifttafel, deren unterer Rahmen frei ergänzt wurde, war ursprünglich mit Sicherheit größer und die Inschrift mehr als 3zeilig.

Textergänzungen nach Foto LDA Stuttgart.

Maße: H. 151, B. 86,5, Bu. 1,7 (A), 4,0 cm (B).

Schriftart(en): Kapitalis (A), gotische Minuskel mit Versalien (B).

© Landesamt für Denkmalpflege im RP Stuttgart [1/1]

  1. A

    · I · N · R · I ·

  2. B

    Jch bitt · dich · O · herr · Jesu · Christ /Seÿ · mir · gne[dig · z]ua) · diser · Frist /[. . ụ](n)d · [l]a[s · mich nit in sinde(n) steṛ/– – –]b)

Versmaß: Deutsche Reimverse (B).

Wappen:
unbekannt4, unbekannt5, unbekannt6.

Kommentar

Eine Zuweisung des Epitaphs ist nicht möglich, da mit der Rahmenarchitektur auch die Sterbeinschrift verlorengegangen ist.

Die Schrift ist eine späte gotische Minuskel mit sehr langen Ober- und Unterlängen. Auffällig ist die rechtsschräge und weit aufragende Oberlänge des t. Die oberen Bogenabschnitte von c, g und langem s sowie des F-Versals sind waagerecht umgebrochen. Die Fahne des Schaft-r ist als Quadrangel mit angehängter geschwungener Zierlinie gestaltet. Die Schriftgestaltung der für den fränkischen Raum außerordentlich späten gotischen Minuskel erinnert in vielem an die gleichzeitigen Ergebnisse der Ulmer Bildhauerwerkstatt Michael Schallers und die Georg Hubers, wenn auch die für diese Werkstätten typischen Versalien hier nicht vorkommen7. Möglicherweise lief die Vermittlung der konservativen Schrift über Georg Huber, der aus Mergentheim stammte8.

Textkritischer Apparat

  1. Moderne unsachgemäße Ergänzung der Fehlstelle: gnädig · zu; das e wurde in ein ä verändert; Form des g ohne Orientierung am übrigen Schriftbefund.
  2. Die Schriftreste der ganzen Zeile mit Zement zugeschmiert, nur mehr Konturen zu erkennen. Vor u(n)d sind auf dem Foto LDA Stuttgart (wie unten) noch ein oder zwei Buchstaben zu erkennen, aber nicht zu entziffern, vielleicht ist Vn(n)d zu lesen. Die gesamte Zeile war schon vor der Restaurierung in der unteren Hälfte zerstört.

Anmerkungen

  1. Vielleicht identisch mit dem „gotische(n) Denkmal mit den Stiftern und Zunftzeichen“, das außen in die Wand der Sakristei eingemauert war; vgl. Seifriz, Markelsheim 151.
  2. Vgl. den entsprechenden Aufbau des Bachschen Epitaphs von 1610 (nr. 399).
  3. In den Mörtel geritzte Steinmetzsignatur K / 1990 auf dem rechten Rand (Zeichen der Kolpingsfamilie Markelsheim).
  4. Tuchschere, beseitet von 2 nach innen gewendeten Tuchklammern.
  5. Nicht beschreibbare Marke, die die Buchstaben F und A enthält.
  6. Mühlrad.
  7. Vgl. DI 41 (Göppingen), Einl. LILII.
  8. Zu Georg Huber vgl. Kdm. Ehem. Oberamt Ulm 32.

Nachweise

  1. LDA Stuttgart, Fotoarchiv, Neg.-Nr. 10851.

Zitierhinweis:
DI 54, Landkreis Mergentheim, Nr. 343 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di054h014k0034304.