Inschriftenkatalog: Mergentheim (Landkreis)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 54: Landkreis Mergentheim (2002)

Nr. 328 Weikersheim, Schloß um 1600

Beschreibung

Emporenbrüstungen mit Stuckreliefs. In der Schloßkapelle im westlichen Teil des Saaltrakts. Die Empore läuft an Nord-, Ost- und Südseite um (Herrschaftsloge an der Ostseite) und trägt an den beiden Längsseiten jeweils acht, an der Ostseite vier querrechteckige weiß-golden gefaßte und nur sehr sparsam mit Farbakzenten versehene Stuckreliefs mit biblischen Szenen. Alt- und neutestamentliche Szenen wechseln ab und bilden paarweise typologische Entsprechungen. Die Serie beginnt im linken Feld der Nordempore und ist fortlaufend von links nach rechts zu „lesen“. I. Erschaffung Adams und Sündenfall, über Adam der aus den Wolken hervorkommende und von einem Strahlenkranz umgebene, in schwarz schattierter Goldschrift aufgemalte hebräische Gottesname (A); Christi Geburt. II. Beschneidung; Taufe Christi im Jordan, rechts oben wiederum der hebräische Gottesname (B), von dem Lichtstrahlen ausgehen und von dem der Hl. Geist in Gestalt der Taube auf Christus herabgesandt wird. III. Elias erweckt den Sohn der Witwe zu Zarpath; Auferweckung des Jünglings von Nain. IV. Jüdisches Passahmahl; letztes Abendmahl. V. Verkauf Josephs; Judas mit den dreißig Silberlingen. VI. Aufrichtung der ehernen Schlange; Kreuzigung, oben am Kreuz erhaben stuckierter und vergoldeter Titulus (C). VII. Ausspeiung des Jonas; Auferstehung Christi. VIII. Elias im Feuerwagen; Christi Himmelfahrt. IX. Empfang der Gesetzestafeln durch Moses: aus den Wolken kommen Lichtstrahlen hervor, in denen der hebräische Gottesname (D) in schwarz schattierter Goldschrift steht, und die die mit den Zehn Geboten beschrifteten Gesetzestafeln (E) Moses zuleiten, Schrift mit schwarzer Farbe aufgemalt; Pfingsten. X. Vision des Ezechiel; Jüngstes Gericht. An der Orgelempore unter der Herrschaftsloge befinden sich vier weitere Stuckreliefs mit Musikerszenen, die keine Inschriften tragen.

Maße: H. (Bildfelder) 62, B. 86–124, Bu. 3,5 (A), 2,3 (B), 1,5 (C), 2,7–3,0 (D), 0,5–0,7 cm (E).

Schriftart(en): Kapitalis (C), Fraktur (E), hebräische Schrift (A, B, D).

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/8]

  1. A

    יְהוָהa)

  2. B

    יְהוָהa)

  3. C

    INRI

  4. D

    יְהוָהa)

  5. E

    Jch bin der / Herr dein Gott / du solt nicht and(ere) / Gott (etc.) /Du solt den Nam(m)en / desz Herrn deinesz / Gottesz (etc.) /Gedenck desz / Sabbats / dasz du . / (etc.) //du solt dein / Vatter und / dein Mutter / Ehren auff / (etc.)1)

Kommentar

Die Stuckierung ist ein Werk des Kalkschneiders Gerhard Schmidt, der auch die Deckenreliefs im Georg-Friedrich- und im Gleichen-Zimmer (nr. 313) sowie die Stuckreliefs des Rittersaals geschaffen hat. Nachdem Schmidt 1598 den Hofschneider Michel Polheimer im Streit erschlagen hatte, mußte er sich nach seiner Begnadigung verpflichten, die Stuckarbeiten in der Kapelle nur gegen Kost und Materialstellung ohne weitere Bezahlung auszuführen2. Das Bildprogramm entspricht dem der 1590 bemalten Emporenbrüstungen in der Weikersheimer Stadtkirche (nr. 285), erweitert um die beiden Bildpaare III und V. Auf erklärende Versinschriften wurde allerdings verzichtet. Die Tetragramme wurden vermutlich ohne Verständnis für die hebräische Sprache und Schrift aus Bildvorlagen übernommen und fehlerhaft umgesetzt.

Textkritischer Apparat

  1. Fehlerhafte Schreibung und falsche Plazierung der Vokalzeichen; hier korrekt wiedergegeben.

Anmerkungen

  1. 2 Mo 20, 2–3, 7, 8 u. 12.
  2. Der Vertrag vom 21. August 1598 ist abgedruckt bei Baum, Saalbau, Sp. 484–488.

Nachweise

  1. Baum, Saalbau, Sp. 477–479 (ohne Berücksichtigung der Inschriften).
  2. LDA Stuttgart, Fotoarchiv, Neg.-Nr. 11160a, c, o, l.

Zitierhinweis:
DI 54, Landkreis Mergentheim, Nr. 328 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di054h014k0032807.