Inschriftenkatalog: Mergentheim (Landkreis)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 54: Landkreis Mergentheim (2002)

Nr. 223 Creglingen, ev. Stadtkirche 1575

Beschreibung

Epitaph der Susanna von Seckendorff geb. von Wollmershausen. Innen an der Langhausostwand. Ädikula aus rotem Sandstein. Im Giebel Gnadenstuhlrelief; zu beiden Seiten der Heiliggeisttaube eingehauene Bildhauersignatur (A), am Kreuz Titulus (B). Im Gebälk eingehauener Bibelspruch (C). Die Hauptzone ist von kannelierten Pilastern gerahmt1. In einem eingetieften zentralen Feld die betende Gestalt der Verstorbenen in flachem Relief vor Brokatmuster-Hintergrund, mit umlaufender Sterbeinschrift (D); zu beiden Seiten in je vier eingetieften Rechteckfeldern skulptierte Vollwappen mit jeweils darüber eingehauenen Beischriften (E). Im Sockel – zwischen den mit Löwenmasken belegten Pilastersockeln – eingehauene Versinschrift (F). Die Kapitelle der beiden vorgeblendeten Pilaster verdecken Teile der oberen Wappenbeischriften. Bei allen Inschriften sind die eingeritzten Hilfslinien noch sichtbar. Das gesamte Epitaph war farbig gefaßt, Fassung stellenweise stark verblaßt. Beschädigung der Steinoberfläche rechts unten im Hauptfeld und im Sockel.

Maße: H. 331, B. 164, Bu. 3,1 (A), 1,0 (B), 5,6 (C), 6,5 (D), 3,5 (E), 3,5–3,8 cm (F).

Schriftart(en): Kapitalis.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/10]

  1. A

    MICHEL ·a) // ·a) NICLAS

  2. B

    INRI

  3. C

    EGO SVM VIA VERITAS ET VITA · IOAN: XIIII2)

  4. D

    ANNO · D(OMI)NI · 1575 · / DEN · 16 · IVNII · STARB · DIE · EDEL · V(N)T · TVGENTSAM FRAW · / SVSANNA · VO(N) · SECKE(N)=/DORFF · GEBORNE · VO(N) · WOLMERSHAVSE(N) · DER · GOT · GNAD ·

  5. E1-4.

    Heraldisch rechte Seite: [S]ECKEN=/DORFFNOTHAFT / VON · WERN/BERGKMARSCH=/ALCK · VON / BAPPEN=/HAYMDRVCHS=/ES VON / WALBVRGKb)

  6. E5-8.

    Heraldisch linke Seite: WOLMER[S]/HAVSSENADELMAN / VON ADEL=/MANSFEL=/DENc)SCHAVM=/BERGKSECKEN=/DORFF

  7. F

    · IM · FRIDEN · BIN, ICH, HINGEFAHREN ·DENN, MEINE, AVGN, GESEHEN, HABEN ·DEN, HEILANDT, HERR, VOR, DIR, BEREIT,ZVM, LIECHT, DER, GANTZEN, CHRISTE(N)HEITDES, RVHE, ICH, HIE, IN, DISER, KRVFFT3)BIS, AVFF, MEINS, HERREN, WIDERKVNFFT

Übersetzung:

Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.

Versmaß: Deutsche Reimverse (F).

Wappen:
SeckendorffWollmershausen
Nothafft von WernbergAdelmann von Adelmannsfelden
Marschall von Pappenheim4Schaumberg
Truchseß von WaldburgSeckendorff.

Kommentar

Die Schrift ist die für Michel Niklas’ frühe Arbeiten typische gleichmäßige Kapitalis; charakteristisch sind die geschwungenen Sporen an den Bogenenden, G mit eingestellter Cauda, Nexus litterarum von Doppel-F sowie Kommata als Worttrenner. Die in den übrigen Inschriften annähernd quadratischen Buchstabenproportionen sind in den hervorgehobenen Inschriften C (Bibelspruch) und D (Sterbeinschrift) deutlich gestreckt. Bei einigen der Wappenbeischriften ist diese Streckung bzw. Verschmälerung dagegen auf den knappen zur Verfügung stehenden Raum zurückzuführen.

Die Verstorbene war nach Ausweis der Ahnenprobe eine Tochter Burkhards d. J. von Wollmershausen und seiner ersten Frau Dorothea Adelmann von Adelmannsfelden5. Sie war die erste Frau des brandenburgischen Amtmanns zu Creglingen Christoph von Seckendorff zu Unternzenn und Krassolzheim, der ebenfalls in Creglingen begraben liegt (vgl. nrr. 304, 305).

Textkritischer Apparat

  1. Mehrfach verschlungene liegende Zierschleife.
  2. Die Beischrift ist mit anderer Zeilenverteilung vorgeritzt, die dann aber verworfen wurde: DRVCHSES / VON WAL/BVRGK.
  3. DEN in kleinerem Schriftgrad.

Anmerkungen

  1. Der linke Pilaster wurde nachträglich in die Gesamtkomposition des benachbarten Doppelepitaphs für Christoph und Moritz Ludwig von Seckendorff (nr. 305) einbezogen und dazu mit vier Vollwappen belegt.
  2. Io 14, 6.
  3. „Gruft“ meint hier die unter der (nicht erhaltenen) Grabplatte ausgehobene Grabkammer. Eine eigentliche Gruft gab es in der Stadtkirche nicht.
  4. Linksgewendet. Quadriert, 1/4. Pappenheim, 2/3. Erbmarschallamt.
  5. Bei Biedermann, Steigerwald, tab. CXXI u. ders., Ottenwald, tab. CCCCXXXII ist Susanna dagegen eine Generation zu spät eingereiht als Enkelin des Paars, Tochter Hans Ernst von Wollmershausens.

Nachweise

  1. Schönhuth, Creglingen u. seine Umgebungen 26 (nur C, E).
  2. OAB Mergentheim 486 (nur A, C, D, F).
  3. Nasse, Aus d. Vergangenheit 42 (nur erwähnt).

Zitierhinweis:
DI 54, Landkreis Mergentheim, Nr. 223 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di054h014k0022307.