Inschriftenkatalog: Mergentheim (Landkreis)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 54: Landkreis Mergentheim (2002)

Nr. 135 Frauental (Stadt Creglingen), ehem. Klosterkirche 1529/30?

Beschreibung

Fragmente der Grabplatte der Äbtissin Magdalena Lochinger. Innen an der Südwand des Chors. Roter Sandstein. Von der Platte ist nur etwas mehr als das untere Viertel erhalten; aus fünf Fragmenten zusammengesetzt. Eingehauene Umschrift zwischen Linien; im eingetieften Feld in Flachrelief die Figur der Äbtissin mit schräg vor den Körper gestelltem, vermutlich an der rechten Schulter lehnenden Krummstab; zu Füßen in den Ecken zwei Wappenschilde. Stark bestoßen, vor allem an den Bruchkanten; rechte untere Ecke abgebrochen. Zu Häupten der Figur waren sicherlich zwei weitere Wappen angebracht. Das Mittelband der Inschrift ist durch vorgeritzte Hilfslinien markiert.

Maße: L. (Rest) 76,5, B. 96, Bu. 7,2 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/1]

  1. [– – – / – – –] · kiliani · die · [. . . . . . . . .a) / ·] f̣raw · Magdalena · / lochi[n]gne(r)b) · Ept[issin · – – –]

Datum: St. Kilian = 8. Juli.

Wappen:
[Lochinger]fehlt
unbekannt1unbekannt2.

Kommentar

Die Schrift ist eine sorgfältig ausgeführte gotische Minuskel mit ausgesprochen schmalen Proportionen und schlanken Schäften. Unverhältnismäßig breit ist lediglich das d mit sechseckigem Corpus. Ober- und Unterlängen ragen kaum über das Mittelband hinaus; i-Punkt ist regelmäßig gesetzt. An Versalien finden sich ein zweibogiges E der frühhumanistischen Kapitalis und ein – weitgehend zerstörtes, aber in den äußeren Umrissen noch erkennbares – unziales symmetrisches M der gotischen Majuskel. Als Worttrenner dienen paragraphzeichenförmig ausgezogene Quadrangeln. Die Inschrift ist wahrscheinlich eine frühe Arbeit des Meisters „von Niederstetten und Wachbach“, während das Bildrelief von derselben Hand stammt wie die beiden Niederstettener Epitaphien von 1529 (nrr. 133, 134)3.

Magdalena, eine Angehörige des in Archshofen ansässigen Niederadelsgeschlechts der Lochinger, ist ab 1516 als Äbtissin von Frauental bezeugt4. Die Zerstörung des Klosters im Bauernkrieg fiel in ihre Amtszeit5. Die nur unzureichend erforschte Stammfolge der Lochinger ermöglicht keine genealogische Einordnung der Äbtissin. Das Balkenwappen, das wohl Magdalenas väterliche Großmutter bezeichnet, erscheint auch als mütterliches Wappen auf der Grabplatte der 1512 verstorbenen Elisabeth Lochinger, Äbtissin von Steinbach im Odenwald6, die demnach wahrscheinlich Magdalenas Tante war. Eine weitere Verwandte, Margareta Lochinger, war 1492 Meisterin des Klosters Schäftersheim7. Wann Magdalena gestorben ist, ist offenbar nicht überliefert, doch wird sie 1529 IV 23 letztmals urkundlich erwähnt8, danach urkundet für das Kloster ab 1530 Anna von Kottenheim als Priorin und Verwalterin9.

Textkritischer Apparat

  1. Nach dem Worttrenner noch die untere Hälfte einer unten gebrochenen Haste sichtbar; zu ergänzen ist vermutlich ehrwürdig.
  2. r-Kürzel in Form eines Quadrangels an der Oberlinie des Mittelbands.

Anmerkungen

  1. Balken.
  2. Auf Boden schreitendes Lamm; vielleicht vom Rein?
  3. Vgl. Einl. LVII.
  4. Schurr, Chronik Frauental 26; Bossert, Urkunden Frauenthal 84 nr. 135.
  5. Vgl. ebd. 65f.
  6. Vgl. Suzanne Beeh-Lustenberger, Grabdenkmäler, in: Die Einhards-Basilika in Steinbach bei Michelstadt im Odenwald, hg. v. Thomas Ludwig, O. Müller u. I. Widdra-Spieß, Text-Bd., Mainz 1996, 271-278, hier: 273 nr. I.5; ebd. Tafel-Bd., Taf. 121–124, hier: Taf. 122.
  7. Vgl. Wibel, Hohenloh. Kyrchen- u. Reformations-Historie II, 241.
  8. Bossert, Urkunden Frauenthal 86 nr. 147.
  9. Ebd. 86–88 nrr. 148ff.

Zitierhinweis:
DI 54, Landkreis Mergentheim, Nr. 135 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di054h014k0013502.