Inschriftenkatalog: Mergentheim (Landkreis)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 54: Landkreis Mergentheim (2002)

Nr. 107 Bad Mergentheim, kath. Kapelle St. Wolfgang 1510

Beschreibung

Portal mit Bauinschrift. Westportal. Spitzbogen mit doppeltem, im Scheitel überkreuztem Stabprofil; als Bogenanfänger zu beiden Seiten jeweils unter einer Konsolplatte das vollplastische Brustbild eines Mannes, der ein Schriftband mit eingehauener Inschrift in Händen hält. Beide Männer sind mit einem engen Wams bekleidet, der linke ist bartlos und trägt ein flaches Barett, der rechte hat einen Vollbart und trägt eine Haube. Sandstein; Gesichter verstümmelt, Kanten der Schriftbänder teilweise bestoßen. An weiteren Bogensteinen und am Kämpfer vier verschiedene Steinmetzzeichen nrr. 6, 7, 8, 9.

Maße: Werkstück links: H. 80, B. 59, T. 45, Bu. 6,5 cm; Werkstück rechts: H. 81, B. 55, T. 43, Bu. 7 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/3]

  1. Anno · d(omi)nia) // M · ccccc · x

Kommentar

Die Buchstaben sind sorgfältig mit tiefer Kerbe eingehauen. Der A-Versal hat einen langen, beidseitig überstehenden Deckbalken und einen geknickten Mittelbalken, das unziale M hat einen schmalen geschwungenen Mittelschaft und ist durch einen langen, weit überstehenden gewellten Abschlußstrich geschlossen. Der Worttrenner des linken Werkstücks ist ein paragraphzeichenförmig in Zierlinien ausgezogenes Quadrangel; rechts sind einfache Quadrangeln gesetzt. Die Gestalt des A-Versals, vor allem aber die charakteristische Form des x mit weit nach links ausholendem durchgebogenem Rechtsschrägschaft und mit Mittelbalken, deuten auf die Hand desselben Steinmetzen hin, der die Bauinschrift von 1494 in Markelsheim (nr. 76) geschaffen hat.

Die Bauzahl markiert das Jahr der Errichtung der Kapelle. Die beiden Brustbilder stellen vermutlich den Baumeister Jörg Mezler und seinen Gesellen Hans Regwer dar, deren Namen in den Bürgermeisterrechnungen von 1510 überliefert sind1. Der Deutschordenskomtur zu Mergentheim Johann Adelmann von Adelmannsfelden gab die Einwilligung zu dem 1508 begonnenen Bau2. Der Wappenstein innen an der Wand der Kapelle zeigt bereits sein Deutschmeisterwappen (Deutschmeister 1510–1515).

Textkritischer Apparat

  1. Schönhuth, Kirchen u. Kapellen Mergentheim 127, spricht von zwei Schriftrollen von 1508 und 1510. Der Angabe liegt offensichtlich die Verlesung des in der Oberlänge des d etwas beschädigten d(omi)ni zu viii zugrunde.

Anmerkungen

  1. Vgl. OAB Mergentheim 331. Ein „Jorg Metzler oder Jorg Kuchenbrot“ und sein gleichnamiger Sohn wohnten nach dem Mergentheimer Bürgerverzeichnis von 1500 in der Mittelgasse; vgl. Biskup, Einwohnerverzeichnisse 149. Vielleicht ist einer der beiden mit dem Baumeister identisch.
  2. Bad Mergentheim. Heiligtümer 35.

Nachweise

  1. Breitenbach, Beschreibung der Sankt Wolfgangs Kapelle dahier, 1857 (StAL, B 236 Bü 38), fol. 2r (m. Bleistiftzeichnung).
  2. OAB Mergentheim 331.
  3. Bad Mergentheim. Heiligtümer 35.
  4. Gräter, Bad Mergentheim 1972, 51 (nur erwähnt).
  5. Ders., Bad Mergentheim 1989, 16 (nur erwähnt).

Zitierhinweis:
DI 54, Landkreis Mergentheim, Nr. 107 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di054h014k0010708.