Inschriftenkatalog: Mergentheim (Landkreis)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 54: Landkreis Mergentheim (2002)

Nr. 101 Bad Mergentheim, ev. Stadtkirche (ehem. Schloßkirche), Gruft 1508

Beschreibung

Grabdenkmal des Deutschordenskomturs zu Mergentheim Georg Grafen von Henneberg. An der Südwand. Aus der romanischen Gruft der 1730 abgebrochenen Hofkirche. Hochrechteckige Sandsteinplatte. An den Längsseiten und unten umlaufende Inschrift, die nach außen hin durch eine Ritzlinie eingefaßt wird. Im eingetieften Feld unter Astwerkbaldachin Relief des Verstorbenen im Gewand und Mantel der Deutschherren, mit Rosenkranz in Händen. Über dem Baldachin Vollwappen mit zwei Helmen, deren gezaddelte Helmdecken den gesamten freien Raum ausfüllen. Randleisten – wohl durch von den Seiten eingedrungene Feuchtigkeit – schlecht erhalten, stellenweise ist die gesamte Oberfläche weggebrochen; zum Teil Ergänzungen mit Zementmörtel; erheblicher Schriftverlust. Eine ursprünglich vorhandene Kopfleiste mit dem Beginn der Inschrift ist glatt abgearbeitet1.

Maße: H. 273, B. 106, Bu. 7 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/1]

  1. [– – –]a) / Octauo die Jouis tertiadecimab) Jạnụ[arij]c) Obijtd) Venerabilise) ac generosus Dominus [G]eoṛg̣ius / Comes [et Dominus in Henneberg / Commendat]orf) in [Mergentheim or]dini[sg) Theutu]nicorumh) Cuius Anima Requiescat in pace Ameni)

Übersetzung:

(Im Jahr 150)8 am Donnerstag, den 13. Januar, starb der ehrwürdige und edle Herr Georg Graf und Herr zu Henneberg, Deutschordenskomtur zu Mergentheim. Seine Seele ruhe in Frieden. Amen.

Wappen:
Deutscher Orden/Henneberg-Römhild2.

Kommentar

Charakteristische Merkmale der Schrift sind sehr kurze Ober- und Unterlängen (Unterlänge des g zu einem geschwungenem Haarstrich verkümmert), spitze Häkchen als diakritische Zeichen über u sowie ungewöhnliche und zum Teil aufwendig gestaltete Versalien, die freilich schlecht erhalten sind, da sie mit flacherem Meißelschlag ausgehauen wurden als die Gemeinen.

Graf Georg von Henneberg wurde 1432 geboren als der dritte von acht Söhnen des Grafen Georg zu Henneberg, Römhild und Aschach aus dessen zweiter Ehe mit Johannetta Gräfin von Nassau-Weilburg3. Er wurde wie seine Brüder Philipp (1475–87 Bischof von Bamberg), Heinrich und Berthold (1484 Elekt, 1485–1504 Erzbischof von Mainz) für die geistliche Laufbahn bestimmt. Zunächst Domizellar in Köln, Straßburg und Würzburg4, trat er 1451 in den Deutschen Orden ein, war nach langem Aufenthalt in Preußen5 1472–79 Komtur in Prozelten, 1479–82 in Heilbronn und ab 14826 bis zu seinem Tod Komtur in Mergentheim. 1483–85 bekleidete er das Amt eines Deutschordensprokurators in Rom7.

Textkritischer Apparat

  1. Zu ergänzen – unter Berücksichtigung der Länge der Kopfleiste –: [Anno d(omi)ni millesimo quingentesimo]; [Anno 1508] OAB Mergentheim; Anno M. D. VIII. Schultes, Schönhuth.
  2. Wort im oberen Mittellängenbereich zerstört.
  3. Obere Hälfte des zweiten Buchstabens mit Mörtel zugedeckt, untere Hälfte des vierten Buchstabens zerstört; Lesung aber durch die kopiale Überlieferung gesichert.
  4. Wort nur im unteren Mittellängenbereich erhalten.
  5. Ven fast völlig zerstört, aber noch schemenhaft erkennbar.
  6. Ergänzung nach Schultes, Schönhuth.
  7. Ergänzung nach OAB Mergentheim; entheim or als Textergänzung auf den Stein aufgemalt (19. Jh.?); Mergenthum Schultes.
  8. Ergänzung nach OAB Mergentheim.
  9. Danach zeilenfüllendes Rankenornament.

Anmerkungen

  1. Nach der Zeichnung von B. Bauer in: Schönhuth, Denkmal Henneberg, war um die Mitte des 19. Jahrhunderts diese Leiste noch vorhanden, Schriftreste waren aber nicht mehr zu erkennen. Angeblich waren damals die Helmzierden des Wappens verstümmelt. Diese Angabe läßt sich mit dem heutigen Befund nicht vereinbaren. Völlig unverständlich ist, daß Boehm, Deutschordens-Kommende Mergentheim 19, das Grabmal als „verschwunden“ bezeichnet und lediglich die Zeichnung Bauers (ohne Quellennachweis) abbildet.
  2. Deutscher Orden, belegt mit quadriertem Herzschild: 1/4. Henneberg, 2/3. Colonna; Helmzier: 1. Jungfrauenrumpf mit gestulptem und gekröntem Spitzhut über Helmkrone, 2. gekrönte Meerjungfrau mit 2 Fischschwänzen; vgl. Eckart Henning, Die Veränderungen des Siegel- und Wappenbildes der Grafen von Henneberg vom XII. bis XVI. Jahrhundert, in: Jb. d. Herald.-Genealog. Gesellschaft „Adler“, 3. Folge, 7 (1967/70) 45–65, hier: 65.
  3. Zur Genealogie vgl. Europ. Stammtafeln NF XVI, Taf. 148.
  4. Hartmann, Komture Mergentheim 44.
  5. Vgl. ebd.
  6. Ebd.; die Angabe 1484 (Weiß, Ballei Franken 436, 449; Europ. Stammtafeln NF XVI, Taf. 148) ist danach zu korrigieren.
  7. Hartmann, Komture Mergentheim 44.

Nachweise

  1. Cyriak Spangenberg, Hennebergische Chronik, Straßburg 1599; 2. verb. Ausg., hg. v. Archidiac. Erck, Meiningen 1755, 265.
  2. Johann Adolph Schultes, Diplomatische Geschichte des Gräflichen Hauses Henneberg, 2 Thle., Hildburghausen 1788–91, hier: Thl. 1, 375 Anm. p (nach Spangenberg).
  3. Schönhuth, Denkmal Henneberg 126 (m. Abb.).
  4. Ders., Kirchen u. Kapellen Mergentheim 118.
  5. OAB Mergentheim 344.
  6. Boehm, Deutschordens-Kommende Mergentheim 19 (fehlerhaft).

Zitierhinweis:
DI 54, Landkreis Mergentheim, Nr. 101 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di054h014k0010106.