Inschriftenkatalog: Mergentheim (Landkreis)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 54: Landkreis Mergentheim (2002)

Nr. 68 Bad Mergentheim, kath. Pfarrkirche St. Marien 1486

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/3]

Wand- und Gewölbemalereien. Im Chor.

I. Im Gewölbe gemalte Schlußsteinumrahmungen (Schlußsteine der Erbauungszeit um 1380): im Chorhaupt Muttergottes und zwei Wappenschilde (Rosenberg, Erligheim), als Umrahmung Sonnenscheibe mit Strahlen und Wolkenring; am zweiten Stein hl. Dominikus, als Umrahmung Wolkenring; am dritten Stein quadrierter Wappenschild (Deutscher Orden/Rüdt), als Umrahmung Brustbilder zweier Engel; am vierten Stein Wappen (Truchseß von Baldersheim), als Umrahmung Blattwerk; am fünften Stein Wappen (Hohenlohe), als Umrahmung die Brustbilder dreier Engel, der eine in der östlichen Gewölbekappe fungiert als „Schildhalter“, die beiden in der nördlichen und in der südlichen Kappe halten jeweils nach oben flatternde Schriftbänder (A, B).

Maße: Bu. ca. 8 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

  1. A

    [. .]ẓa) sẹịṇ ḍ[i]e st[ift]er dez · klostErb)

  2. B

    daz · s[. . .]c) die [stift]er · dez · klosters

II. An der Chorsüdwand weit oben ein auf grünem Boden stehender Engel als Wappenhalter; rechts daneben großes Zifferblatt: rotbraune runde Scheibe1 mit breitem weißen Rand, darauf im Uhrzeigersinn mit schwarzer Farbe aufgemalte Stundenzahlen (A); unter dem Zifferblatt Jahreszahl (B).

Maße: Dm. (Zifferblatt) 130, Bu. ca. 15 cm (A).

Schriftart(en): Gotische Minuskel (A).

  1. A

    i · ii · iii · iiii · v · vi · vii · viii · ix · x · xi · xii ·d)

  2. B

    1486

 
Wappen
Hohenlohe.

Kommentar

Die datierten Wandmalereien und die Gewölbeausmalung sind vermutlich gleichzeitig entstanden. Dafür spricht nicht nur der stilistische Befund (ähnliche Gestaltung der Engel), sondern auch der thematische Zusammenhang: die besondere Hervorhebung der Hohenlohe als Stifter des Klosters. Die Dominikaner sollen sich bereits um die Mitte des 13. Jahrhunderts – sicherlich auf Betreiben des Deutschen Ordens – in Mergentheim niedergelassen haben2. Über die Beteiligung der Hohenlohe an der Gründung des Klosters und den genauen Zeitpunkt geben die Quellen keine Auskunft. Nach Beginn des Kirchenbaus 13203 treten die Hohenlohe dann wiederholt als Förderer des Klosters in Erscheinung4, was die Anbringung ihres Wappens in einem der Chorschlußsteine5 und an erster Stelle eines Wappenfrieses an der Südwand des Langhauses erklärt. Diese gemalte Wappenreihe6 weist stilistisch noch eindeutig ins zweite Viertel des 14. Jahrhunderts und zeigt, daß schon in dieser frühen Phase die Hohenlohe als hervorragende Förderer des Klosters galten.

Die Anbringung der Wand- und Gewölbemalereien 1486 steht im Zusammenhang mit Baumaßnahmen (vgl. nr. 69). Ob eine erneute finanzielle Beteiligung der Herren von Hohenlohe zur „Auffrischung“ des Stiftergedenkens führte, ist ungewiß.

Textkritischer Apparat

  1. Bei Restaurierung verfälscht.
  2. Epsilonförmiges E. Ob ursprünglich?
  3. Nach s eine Haste, dann nach größerer Lücke eine weitere Haste.
  4. Als Trennpunkte, die gleichzeitig die halben Stunden markieren, sind Quadrangeln gesetzt.

Anmerkungen

  1. In der Mitte der Scheibe Loch in der Wand. Uhrwerk und Zeiger sind nicht erhalten.
  2. OAB Mergentheim 389.
  3. Ebd. 396.
  4. 1333 Stiftung der Adelheid von Hohenlohe zum Bau des Chors (ebd. 397), 1334 Stiftung der Brüder Gottfried und Konrad von Hohenlohe (ebd.).
  5. Fertigstellung der Chorwölbung nach Ausweis der übrigen Wappen freilich erst um 1380: Allianzwappen Rosenberg/Erligheim für Eberhard VI. von Rosenberg († 1387) und seine Frau Else von Erligheim (vgl. Möller, Stammtaf. II Taf. 74) sowie Wappen des Deutschmeisters Konrad Rüdt († 1383).
  6. Noch unzureichend erforscht; ohne Inschriften. Fast ausschließlich Wappen hohenlohischer Vasallen und Ministerialen, u. a. die Wappen Walch von Sachsenflur oder Dörzbach, Enheim (?), Stetten, Hertenstein (?), Lesch, Zimmern (?), Neuenstein und Knebel von Mergentheim (?). Den Hinweis auf die Walch von Sachsenflur verdanke ich Herrn Rolf Lutz, Oberstenfeld (Heimatfreunde Sachsenflur e. V., Lauda-Königshofen).

Nachweise

  1. Gräter, Bad Mergentheim 1972, 40f., 44 (falscher Wortlaut von I.A).
  2. Morand/Besserer, Unterwegs 21984, 53 (Abb. von I.A, B).

Zitierhinweis:
DI 54, Landkreis Mergentheim, Nr. 68 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di054h014k0006806.