Inschriftenkatalog: Mergentheim (Landkreis)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 54: Landkreis Mergentheim (2002)

Nr. 29 Laudenbach (Stadt Weikersheim),
kath. Pfarrkirche St. Margareta
vor 1390, 1400

Beschreibung

Epitaph der Katharina von Finsterlohr. In der Westwand der Turmhalle. Vor dem Kirchenneubau 1896 war das Grabmal an der Nordseite des Langhauses in das romanische Portal eingemauert1. Hochrechteckige Sandsteinplatte. Umschrift zwischen Linien; im mit Kehle eingetieften Feld die skulptierte Figur der Verstorbenen in langem Gewand, Mantel und Schleier, betend auf einer Konsole stehend; zu beiden Seiten des Kopfs ein Wappen. Unterer Rand abgebrochen, die Beschädigungen reichen stellenweise bis in den Mittellängenbereich der Inschrift; die Fehlstellen wurden mit Zement geflickt, die Schrift wurde hier (zum Teil falsch) nachgehauen. Gesamte Platte mit Steinfarbe gestrichen, Schrift mit dunkler Farbe nachgezogen.

Maße: H. 1982, B. 92, Bu. 7 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/1]

  1. annoa) · d(omi)ni · m° · ccc/lxxx⟨xx⟩b) · ⟨fe(r)ia · q(vi)nta · an(te) · vrbani · o(biit) · katerina / · vxorc) · gotfridid) · / de · vi(n)sterloch ·⟩e)

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1400 am Donnerstag vor St. Urban (20. Mai) starb Katharina, die Frau Gottfrieds von Finsterlohr.

Wappen:
Finsterlohr, unbekannt3.

Kommentar

Das Schriftbild der gotischen Minuskel, die keine Versalien verwendet, wirkt insgesamt recht einheitlich. Dennoch dürfte der größte Teil der Inschrift erst nachträglich, freilich unter enger Orientierung an den vorgegebenen Schriftformen, eingehauen worden sein. Der ursprüngliche Bestand war m. E.: anno · d(omi)ni · m° · ccc/lxxxi. · und dürfte somit vor 1390 entstanden sein. Die x bestehen aus einer oben nach links gebrochenen und unten gespaltenen, in zwei breit ausladende, rund hochgebogene Zierlinien auslaufenden Haste, die in der Mitte mit einem Balken durchstrichen ist, sowie aus einer quadrangelförmigen Fahne mit unten angehängtem Zierhaken. Auffällig ist nun, daß die Haste des vierten x unten eine Rechtsbrechung aufweist und erst nachträglich mit den beiden gebogenen Zierlinien versehen wurde. Die Gestalt des fünften x ist dann eindeutig plumper, der Mittelbalken sitzt tiefer, das Quadrangel ist überdimensioniert, und die Spaltung des unteren Hastenendes ist breiter als bei den vorhergehenden Zahlzeichen. Zudem ist der Buchstabe fast in den – schon vorher gesetzten – Worttrenner hineingeschrieben. Damit erklärt sich auch die ungewöhnliche Schreibweise für die Jahreszahl 1400. Der nachgetragene Text mit Todestag und Name der Verstorbenen weist ungleichmäßigere Wortabstände auf als der Beginn der Inschrift, auch sind die Schäfte nicht so einheitlich senkrecht ausgerichtet. Nachgeahmt werden das charakteristische a mit weit in den Oberlängenbereich ragendem oberen Bogen, die schon erwähnte Form des x und die Quadrangel-Worttrenner, die nicht auf der Spitze stehen, sondern liegen.

Die Schriftmerkmale, die auffällige Rosette am Beginn der Inschrift, die Darstellungsform der Frauengestalt sowie die Anordnung der Wappen lassen auf einen Werkstattzusammenhang mit Frauengrabmälern in Lohr am Main (Main-Spessart-Kreis) und in Kloster Himmelspforten (Stadt Würzburg) schließen. Ausführliche paläographische Vergleiche ergeben folgende Reihe: 1. Epitaph der Elisabeth Schenkin von Erbach († 1383) in Himmelspforten4: älterer Meister (Figur und Schrift); 2. Epitaph der Katharina von Finsterlohr (vor 1390): Schrift (Beginn) vielleicht vom älteren Meister, Figur aber von anderer Hand, Inschrift 1400 von jüngerer Hand nachgetragen; 3. Epitaph der Margarethe von Hutten († 1400) in Himmelspforten5: gesamte Inschrift von gleicher Hand wie der Nachtrag des Laudenbacher Epitaphs, Figur höchstwahrscheinlich vom selben Meister wie dort; 4. Epitaph der Elisabeth Gräfin von Castell († 1419) in Lohr6: Figur eindeutig vom selben Meister wie in Laudenbach, Beginn der Inschrift (Rosette, Teil der Jahreszahl) wie am Huttengrabmal bzw. wie der Nachtrag am Finsterlohr-Epitaph, demnach entstanden um 1400, Rest der Inschrift 1419 nachgetragen von werkstattfremdem Steinmetz; 5. Epitaph der Katharina von Bibra († 1415) in Himmelspforten7: Figur und Inschrift wohl vom jüngeren Meister8. Demnach wurde das Laudenbacher Epitaph wohl vom jüngeren Meister dieser (Würzburger?) Werkstatt gefertigt, wobei der ältere Meister noch den Beginn der Inschrift ausführte. Zur Vervollständigung der Sterbeinschrift im Jahr 1400 wurde dann offensichtlich der jüngere Meister nochmals hinzugezogen. Aus derselben Werkstatt stammt der Schrift nach auch eine Grabplatte von 1412 in Waldmannshofen (nr. 39).

Die Familie der Katharina von Finsterlohr ist nicht bekannt. Das Drei-Sterne-Wappen erlaubt keine eindeutige Zuweisung9. Ihr Mann, Gottfried (Götz) von Finsterlohr, war ein Sohn Konrads d. J. von Finsterlohr und der Margarethe von Adelsheim. Er ist 1401 gestorben10. Die Anfertigung des Grabmals fällt in die Zeit (1382/88), in der es den von Finsterlohr gelang, die gesamte Ortsherrschaft über Laudenbach zu erlangen11. Die Pfarrkirche war seither eine der Grablegen der Familie.

Textkritischer Apparat

  1. Vor dem Wort eine vertieft-erhaben gehauene Rosette.
  2. Das vierte x aus i korrigiert.
  3. Die letzten beiden Buchstaben jetzt falsch ergänzt: vxvi.
  4. Die letzten drei Buchstaben in ihrem oberen Abschnitt zerstört.
  5. Danach über die Hälfte der linken Leiste unbeschriftet.

Anmerkungen

  1. So OAB Mergentheim (1880) 600. Muntsch, Laudenbach 5, gibt dagegen 1875 als Standort außen an der Südwand an.
  2. Ohne den fehlenden Teil der Fußleiste.
  3. 3 (2:1) 6strahlige Sterne; vielleicht die fränkische Familie von Pfalzpeunt (vgl. Siebmacher, BayA1, 170 Taf. 175)? Oder fehlerhaftes Wappen der Schenken von Erbach, vgl. Anm. 9.
  4. DI 27 (Stadt Würzburg I) nr. 109 m. Abb. 59.
  5. Ebd. nr. 135 m. Abb. 60.
  6. Börger, Grabdenkmäler, Taf. 13.
  7. DI 27 (Stadt Würzburg I)nr. 170 m. Abb. 61.
  8. Aus derselben Werkstatt stammen auch einige Rittergrabmäler, die dieselben paläographischen Merkmale aufweisen: Epitaph Konrads von Bickenbach († 1393) aus Schloß Hohenburg (Homburg am Main, Triefenstein, Main-Spessart-Kreis), jetzt München, Bayr. Nationalmuseum (Bauch, Grabbild 242 Abb. 363); Epitaph Ludwigs von Hutten († 1414) in Kloster Himmelspforten (Pinder, Plastik, Taf. 46); Epitaph Ludwigs Grafen von Rieneck († 1408) in Lohr (ebd. Taf. 47). Weitere Epitaphien dieser Gruppe bei von Freeden, Das wiedergefundene Grabmal 321–336.
  9. Zu erwägen ist zudem, ob der Steinmetz nicht eine Teilungslinie vergessen hat und das Wappen das der Schenken von Erbach sein soll. Dies könnte die Kontakte zu der Werkstatt erklären, in der auch das Himmelspfortener Grabmal der Elisabeth Schenkin von Erbach gefertigt wurde. Auch auf dem Bickenbach-Epitaph von 1393 (vgl. Anm. 8) fehlt die Teilungslinie im Erbacher Wappen! Konrad von Bickenbachs Mutter war eine Schenkin von Erbach.
  10. Vgl. Biedermann, Altmühl, tab. CCXLVII.
  11. LdBW IV 360.

Nachweise

  1. Schönhuth, Creglingen u. seine Umgebungen 82 (zu 1390).
  2. Muntsch, Laudenbach 5 (zu 1389, unsinnige Lesung).
  3. OAB Mergentheim 600.

Zitierhinweis:
DI 54, Landkreis Mergentheim, Nr. 29 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di054h014k0002906.