Inschriftenkatalog: Mainz

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DIO 1: Mainz (2011)

SN1, Nr. 26† Dom, Memorie 1284

Beschreibung

Totenschild des Eberwin von Kronberg. Im frühen 17. Jahrhundert befand er sich nach Helwich über dem Grab im Kreuzgang, nach Gamans an der Nordwand der Memorie.1) Diese Diskrepanz resultiert nicht zwangsläufig aus einer Versetzung, sie kann auch auf undifferenzierte summarische Lokalisierungen zurückgehen. Zur Zeit Bourdons war er schon verschwunden, so dass Bourdon die Inschrift von Helwich abschrieb; der vergleichsweise frühe Verlust ließe sich aus Helwichs Lokalisierung im Kreuzgang erklären. Ein Wappen wird von niemandem erwähnt, gehört aber zum Wesen des Totenschildes.

Nach Helwich, Annales.

  1. Venerabilis ac nobilis dominus Eberwinus a Cronberg huius ecclesiae Moguntinae scholasticus et canonicus obiit XIX kalendas Septembris anno MCCLXXXIIIIa)

Übersetzung:

Der ehrwürdige und edle Herr Eberwin von Kronberg, Scholaster und Kanoniker der Mainzer Kirche, starb am 19. Tag vor den Kalenden des September (14. August) im Jahr 1284.

Kommentar

Eberwin von Kronberg entstammte der Reichsministerialenfamile von Kronberg, die zwischen 1220 und 1704 ihren Stammsitz auf der Burg Kronberg im Taunus hatte.2) Im Jahr 1271 wird Eberwin in den Urkunden erstmalig als Kanoniker3) und 1278 erstmals als Scholaster4) genannt. Es wird angenommen, dass Eberwin auch Kanoniker von St. Peter in Mainz und dem Heilig Geist Stift gewesen sei5); das ist wahrscheinlich nur ein Reflex der Anniversarstiftungen für jene Kirchen.6) Eberwin stiftete den 1291 geweihten Lambertus-Altar7) und hinterließ reiche Stiftungen zu besonderen Festtagen und zu seinen Anniversarfeiern im Dom und anderen Mainzer Kirchen (St. Stephan, St. Johannis, St. Peter, Hl. Kreuz) sowie in Seligenstadt8) und Bleidenstadt9).

Über das Todesjahr und den Todestag herrscht Uneinigkeit. Helwich las auf dem Schild XIX Kal. Septembris, Anno M.CC.LXXX III. Gamans konnte offensichtlich die Inschrift nicht mehr richtig lesen und wich von Helwichs Lesung ab, obwohl er dessen Inschriftensammlung gut kannte. Eine ganz andere Lösung bietet Joannis an, der aus den Nekrologen von St. Viktor und St. Mauritius den Tod Eberwins am 15. Tag vor den Kalenden des August (18. Juli) erschloss.10) Da nach dem mutmaßlichen Todestag 14. August die dicht gelegenen Festtage Mariä Himmelfahrt und Laurentiusoktav eine Verlegung der Seelgeräte auf den 18. August verursacht haben könnten, wäre es möglich, dass die Notiz bei Joannis lediglich auf eine Verschreibung des Monats zurückgeht. Dafür spricht ein Anniversar an St. Stephan zum 25. August11), und das wäre der liturgisch wichtige Siebente Tag, für den Eberwin am Dom drei Mark Heller gestiftet hatte. Das Todesjahr nach Helwich, das weitgehend in die Literatur übernommen wurde, ist jedoch nach Maßgabe von Joannis um eins auf 1284 zu erhöhen, weil Eberwin noch in einer Urkunde vom 26. März 1284 als Zeuge genannt ist.12)

Textkritischer Apparat

  1. MCCLXXXIII Helwich, anscheinend um ein Jahr zu niedrig, vgl. unten Kommentar. Gamans deutete das Jahr ganz falsch zu MCCCLXXVII[...].

Anmerkungen

  1. […] in latere septentrionali ad ingressum. Gamans.
  2. Zur Familie vgl. Gensicke, Kronberg (1987) und Ronner mit weiterer Literatur.
  3. Ronner, Nr. 48; Helwichs Beleg zu 1263 konnte nicht nachgeprüft werden.
  4. Ronner, Nr. 3622.
  5. Ompteda, Die von Kronberg (1899) 41.
  6. Helwich, fol. 333v.
  7. Helwich, fol. 333r.
  8. Helwich, fol 333v–334r.
  9. Ronner, Nr. 3628.
  10. Joannis, Rerum Moguntiacarum II (1722) 318.
  11. Helwich, fol. 333v.
  12. Böhmer/Will, Regesten II (1886) XXXVI Nr. 604.

Nachweise

  1. Helwich, Annales I (1608–1625) fol. 333v.
  2. Fragmenta Gamans II (ca. 1660) fol. 46r.
  3. Bourdon, Epitaphia (1727) 124.
  4. DI 2, Mainz (1958) Nr. 24.
  5. Ronner, Herren von Kronberg (1999) 38 Nr. 60.

Zitierhinweis:
DIO 1, Mainz, SN1, Nr. 26† (Rüdiger Fuchs, Britta Hedtke, Susanne Kern), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di002mz00k0002607.