Inschriftenkatalog: Mainz

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DIO 1: Mainz (2011)

SN1, Nr. 10 Dom, Kreuzgang E. 11.–1. V. 12. Jh.?

Beschreibung

Zwei Fragmente der Grabplatte des Ruthard aus rotem Sandstein. Aufgefunden im Jahr 1969 zusammen mit einem weiteren Fragment (Nr. 9) im zweiten Joch von Norden des westlichen Kreuzgangflügels. Die Steine befinden sich noch in situ, werden jedoch von einem Holzbrett verdeckt. Das erste Fragment weist eine dreieckige Form auf und zeigt Reste einer zweizeiligen Inschrift (A), bei der halbkugelig vertiefte Punkte als Wortrenner dienen. Es muss offen bleiben, ob das zweite hochrechteckige Fragment mit Inschrift (B) zu dieser, zum Fragment einer zweiten, am gleichen Ort aufgefundenen Grabplatte (Nr. 9) oder zu einer weiteren Grabplatte gehörte. Es wird sowohl hier als auch bei einer zweiten Platte hypothetisch hinzugestellt, um mögliche Identifizierungen erklären zu helfen.

Maße: H. (Fragm. 1) 58,5; B. (Fragm. 1) 91; Bu. (Fragm. 1) 7,58,5; H. (Fragm. 2) 34; B. (Fragm. 2) 19; Bu. (Fragm. 2) 6–6,5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Rüdiger Fuchs [1/2]

  1. A

    [– – –] O(BIIT) ▪ RVOTHARD(VS)a) [– – –] / [– – –] CONVS

    B

    ID(VS)

Kommentar

Bei dem Verstorbenen namens RVOTHARDVS handelt es sich sicher um einen Kleriker, der den Weihegrad eines Diakons besaß oder Archidiakon war, denn der Inschriftenrest [– – –]CONVS lässt sich entweder zu DIACONVS oder ARCHIDIACONVS ergänzen. Eine Identifikation mit Erzbischof Ruthard (1089–1109), wie anfänglich vermutet wurde1), ist aus diesem Grund sicher auszuschließen.2) In den drei Domnekrologen des 11. bis 12. Jahrhunderts kommt der Name Ruthard mit dem Weihegrad Diakon mehrfach vor, darunter einmal im Nekrolog I (11.–12. Jh.) am achten Tag vor den Iden des Februar3), an den Iden des Mai4) und am zehnten Tag vor den Kalenden des September5); im Nekrolog II (12. Jh.) am fünften Tag vor den Iden des Oktober6) und im Nekrolog III (11. Jh.) am achten Tag vor den Kalenden des Juni7). Die Zuordnung des zweiten Fragments ist unsicher; der Todestag könnte auch links des OBIIT oder rechts des Namens gestanden haben, da darüber und darunter viel unbeschriebene Fläche zu sehen ist.

Eine zeitliche Präzisierung anhand einer Schriftanalyse erschweren der kurze Text und der eingeschränkte Buchstabenbestand. Obwohl die Urkundeninschrift des Marktportals (Nr. 12) variantenreicher geschrieben und mit vielen unzialen und runden Formen durchsetzt ist, bestehen durchaus Übereinstimmungen in Bogenverstärkungen, dem Fehlen von Linksschrägenverstärkungen und in dem klein überschriebenen O. Vergleichbar sind an Einzelformen leicht trapezförmiges A mit geknicktem und nach links überstehendem Haken, der dem links überstehenden Deckbalken an der Tür zu entsprechen scheint, und das variierte R, dessen linksschräg an den Schaft geführtes Bogenende auf der Tür u.a. rechts in Zeile 35 vorkommt. Da die Schrift der Tür für ihre Zeit als sehr fortschrittlich gilt, dürfte die Platte des Ruthard noch dem ersten Viertel des 12. Jahrhunderts angehören.

Textkritischer Apparat

  1. O klein über V gestellt.

Anmerkungen

  1. Allgemeine Zeitung Mainz, Ausg. 6./7. Sept. 1969; Allgemeine Zeitung Mainz, Ausg. 4. Nov. 1969.
  2. Arens, Neue Forschungen (1975) 134.
  3. Will, Mainzer Necrologien (1878) 58.
  4. Will, Mainzer Necrologien (1878) 58.
  5. Will, Mainzer Necrologien (1878) 60.
  6. Will, Mainzer Necrologien (1878) 63.
  7. Will, Mainzer Necrologien (1878) 65.

Nachweise

  1. Allgemeine Zeitung Mainz,. Ausg. 6./7.Sept 1969 (A, B).
  2. Allgemeine Zeitung Mainz, Ausg. 4. Nov 1969 (A, B).
  3. Arens, Neue Forschungen (1975) 134 (A, B).
  4. Arens, Mainzer Inschriften II (1985) 291 (A, B).

Zitierhinweis:
DIO 1, Mainz, SN1, Nr. 10 (Rüdiger Fuchs, Britta Hedtke, Susanne Kern), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di002mz00k0001002.