Inschriften: St. Michaeliskloster und Kloster Lüne bis 1550

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 24: Lüneburg: St. Michaeliskloster, Kloster Lüne (1984)

Nr. 65 Museum A 31 1517

Beschreibung

Totenschild für Boldewin von Meding aus der St. Michaeliskirche. Eichenholz. Es handelt sich um ein Gegenstück des unter Nr. 48 beschriebenen Totenschildes für Werner (XIII.) von Meding, nach dessen Muster er vermutlich angefertigt wurde. Abweichend ist lediglich die Form des Wappenschildes im Mittelfeld, der kleinere Abmessungen besitzt und stärker geneigt ist. Auch dieses Stück ist mehrfach restauriert worden, der Helm ist in neuerer Zeit ergänzt1); die Helmzier fehlt. Seit ihrer Übernahme in das Museum der Ritterakademie im Jahre 1792 haben die beiden Meding’schen Totenschilde dieselbe Geschichte gehabt2); die Einzelheiten sind im Kommentar unter Nr. 48 aufgeführt.

Maße: Dm.: 86,0 cm; Bu.: 5,9 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

Sabine Wehking [1/1]

  1. anno · d[omi]nia) · m · ccccc · xvii · des · sonavendb) · vor · apolony · vor · starfc) · boldewind) · medincke) · dat · em · god · gnedy[ch sy]f)

Datum: 1517, Februar 7.

Wappen:
von Meding (wie Nr. 48)

Kommentar

Die Worte sind durch Zierpunkte voneinander getrennt. Wie bei dem Totenschild Werners (XIII.) von Meding ist auch hier der ursprüngliche Schriftzustand durch Restaurierung gestört. Der Charakter einer gotischen Minuskel ist allerdings erhalten geblieben, und die Veränderungen scheinen nicht so weitreichend zu sein wie bei dem älteren Meding’schen Schild. Vor allem ist hier auf den untypischen Zierat bei e und r verzichtet worden. Bei beiden Schilden begegnet die Gestaltung des p mit dem nur die obere Zeilenhälfte ausfüllenden Bogen in identischer Ausführung, so daß die heute vorliegende Form der Schrift in beiden Fällen auf denselben Restaurator zurückgehen dürfte. Vermutlich wurden die Buchstaben nicht anhand erhaltener Reste nachgezogen, sondern nach der alten Vorlage neu aufgemalt. Durch Annahme eines solchen Verfahrens wären die zu beobachtenden Veränderungen am leichtesten zu erklären.

Boldewin war ein Sohn Heinrichs (III.) von Meding und der Adelheid von Oppershausen, also ein Neffe Werners (XIII.) von Meding. Im Jahr 1503 ist er urkundlich nachzuweisen, im folgenden Jahr erwirbt er zusammen mit seiner Mutter und seinen Brüdern ein Haus an der Techt in Lüneburg, das bis dahin den Söhnen Werners (XIII.) gehört hatte3). 1507 wird er im Testament seines Bruders Henning zu einem von sechs Testamentaren bestimmt und erhält aus dessen mobilem Besitz unter anderem einen Siegelring, der fortan in Händen der Familie verbleiben soll4). Im Jahre 1513 wird Boldewin auch zum Testamentsvollstrecker seiner Mutter Adelheid von Oppershausen eingesetzt, die ihn, seine Ehefrau und seine Tochter Anna als Erben umfangreicher Güter einsetzt5). Boldewin von Meding war mit Gisela von Plato verheiratet. 1572 ließ sie – unter Hinweis auf ihr hohes Alter – ihr Testament aufsetzen6). Offenbar starb sie Jahrzehnte nach ihrem Ehemann. Boldewin scheint demnach kein hohes Alter erreicht zu haben. Es darf angenommen werden, daß er in der Familiengruft der Meding in der Michaeliskirche beigesetzt wurde, in deren Nähe vermutlich auch der Totenschild aufgehängt war7).

Textkritischer Apparat

  1. Das bei Reineke und Körner, Leitfaden, wiedergegebene Kürzungszeichen über dni ist heute nicht mehr vorhanden.
  2. In dieser Form verderbt; zu erwarten ist ein Genitiv. Deshalb vermutlich korrekt die folgenden Lesarten: Verzeichnis: sonavends; Jahresbericht: sonavends; Reinecke: sonavend[es]
  3. Verzeichnis, Jahresbericht: vorsterff.
  4. Körner, Leitfaden: boldevin(us); Reinecke: boldewin(us). Ein Kürzungszeichen über dem n ist heute nicht mehr vorhanden.
  5. Jahresbericht: Medink.
  6. Der Text bricht mit dem y ab, die Ergänzung erfolgte hier nach dem üblichen Formular. In gleicher Weise sind anscheinend auch alle früheren Textwiedergaben entstanden, die jedoch einen Abbruch der Inschrift nicht kenntlich werden lassen. Daß ein Text infolge von Platzmangel unvollständig bleibt, ist keine ungewöhnliche Erscheinung.

Anmerkungen

  1. Reinecke, Die kirchliche Abteilung, S. 126, Nr. 158, erwähnt das Fehlen von Helm und Helmzier.
  2. Körner, Leitfaden, S. 31, Nr. A. 31.
  3. Alle Nachweise: Meding (Bearb.), Geschichte, S. 236 f. – Zum Besitz des Hauses in der Techt, einer Straße südlich des Michaelisklosters, vgl. Reinecke, Straßennamen, S. 167.
  4. Druck des Testaments bei Meding (wie Anm. 3), S. 323–329, Nr. 159; hier S. 328.
  5. Druck des Testaments bei Meding (wie Anm. 3), S. 329–333, Nr. 160 (1513, November 6). Dort S. 330: „... ore Wonhuss, bynnen Luneborgh belegen, gegeven und thoscheden Hinricke und Boldewyn van Medinge, oren Sones, dat erffliken to hebbende und to gebrukende ...“; S. 330 f.: „..., dat se by dem werdigen Heren Abte to Sunte Michaele, in vorscrivinghe hebbe enen Breff, sprekende uppe twyntich Marck Rente, densulvenn Breff, myt der Rente, gafft und thoschedede se Boldewyne, orem upgnantenn leven Sone, ...“; S. 332: „Item, noch gaff se Boldewine, orem Sone, und Synen Kynderen ene Kasten, in dem Huse stande, myt al dem jenen, dat darinne is beslaten, und Giselen, syner Husfrouwen, gaff se den Hoeff tor Pitze, den, de tyd ores levendes, to beholdende, so verne se Boldewine tho willen is; dar se dat nicht enwere, denne schall de Hoeff by orem Sones, und oren Kynderen blyven. Noch gaff se Annen, Boldewyns ores Sons Dochter, den Hoeff tho Brockehovede, ...“
  6. 1572 am Tage Exaudi (Mai 18). Druck bei Meding (wie Anm. 3), S. 337–339.
  7. Vgl. über die Meding’sche Familiengruft den Kommentar unter Nr. 33. Auch in den oben genannten Testamenten ist die Gruft erwähnt. Henning von Meding stiftete einen Altar, an dem nach genau formulierten Bestimmungen Seelenmessen für die Familie gefeiert werden sollen: „Item, darnegest sso bostedige Ick dusent Marck tho eynem Altare, dat schal me makenn by dem Piler, dar aller unser van Medingh Graff is, in Sunte Michaelis Kerke.“ (wie Anm. 4, S. 324). – Adelheid von Oppershausen bestimmt in ihrem Testament (wie Anm. 5, S. 330): „... hefft oren Lichnam begert in de Kercken des Closters to Sunte Michaele, dar de Marschalke ore Grafft hebben, to beerdende, ...“

Nachweise

  1. Gebhardi, Verzeichnis 1796, S. 137.
  2. Jahresbericht, S. 12.
  3. Reinecke, Die kirchliche Abteilung, S. 127, Nr. 158.
  4. Körner, Leitfaden, S. 31, Nr. A 31.
  5. Erwähnung: Meding (Bearb.), Geschichte, S. 237; Kdm, S. 57.
  6. Abbildung: Reinecke, S. 127.

Zitierhinweis:
DI 24, Lüneburg: St. Michaeliskloster, Kloster Lüne, Nr. 65 (Eckhard Michael), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di024g002k0006507.