Inschriften: St. Michaeliskloster und Kloster Lüne bis 1550

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 24: Lüneburg: St. Michaeliskloster, Kloster Lüne (1984)

Nr. 39† St. Michaeliskirche 1472

Beschreibung

Totenschild (?) für Werner (VI.) Grote. Über Standort, Ausführung und Verbleib ist nichts bekannt. Rikemann überliefert folgende Inschrift1):

  1. Na Christi bort 14 im 72 iar, des friedages vor pingsten, is gestorven Warner grote, dem Gott gnedich sie.

Datum: 1472, Mai 15.

Kommentar

Das Formular der Inschrift stimmt mit dem der Texte auf den erhaltenen Totenschilden Werners (XIII.) und Boldewins von Meding überein2). Deshalb ist es sehr wahrscheinlich, daß es sich auch hier um einen solchen Schild gehandelt hat. Dafür spricht auch, daß der Lageplan von 1755, in dem andere Sepulturen des 15. Jahrhunderts verzeichnet sind, keinen Hinweis auf das Grab eines Werner Grote enthält3). Indessen geht aus dem Plan hervor, daß die Grote in der Kirche ein Erbbegräbnis besaßen. Es befand sich im Untergeschoß der gegen das nördliche Seitenschiff hin offenen sog. Abtskapelle, unmittelbar an die Kapelle der Familie von dem Berge anschließend4). Es ist davon auszugehen, daß der hier genannte Werner Grote in dieser Familiengruft beigesetzt und in deren Nähe ein Totenschild zu seinem Gedächtnis angebracht wurde.

Die Grote gehören zu den ältesten Adelsfamilien des Fürstentums Lüneburg. Wie andere Ministeriale, etwa die von dem Berge oder von Meding, besaßen sie einen Burgmannensitz am Kalkberg5). Bereits im 13. Jahrhundert waren sie Erbtruchsessen der lüneburgischen Herzöge6). Besonders im 13. und 14. Jahrhundert unterhielt die Familie enge Beziehungen zum Michaeliskloster7).

Die Zuweisung der Inschrift an Werner (VI.) Grote kann nur mit einem – wenngleich geringen – Vorbehalt erfolgen. Die anscheinend zuverlässigen Stammtafeln der Familie nennen für die fragliche Zeit zwei gleichnamige Vettern, deren genaue Lebensdaten nicht bekannt sind. Es handelt sich um Werner (VI.), der um 1475, und Werner (VII.), der um 1470 gestorben sein soll8). Ein Nekrologeintrag ist für den in der Inschrift genannten Werner nicht erfolgt, wohl aber für einen Verwandten desselben Namens. Zum 14. November heißt es: O. Wernerus Grote famulus, qui dedit II marcas in bonis monasterii, de quibus claustralibus duo ss. et campanatori VI den. dabuntur9). Wilhelm Grotefend, der die Erläuterungen zu den Groteschen Stammtafeln verfaßt hat, bezieht diese Notiz auf Werner (VII.)10), ohne jedoch eine Begründung dafür zu geben. Möglicherweise hat er die im Nekrolog genannte Schenkung mit Hilfe anderer Quellen nachweisen und Werner (VII.) zuschreiben können. Unter der Voraussetzung, daß diese Annahme zutrifft, hat die hier zu behandelnde Inschrift Werner (VI.) gegolten. Dieser Werner ist nach Grotefends Angaben von 1442 bis 1472 urkundlich nachzuweisen11). Belegstellen werden dazu nicht angeführt, so daß eine Überprüfung nicht möglich war. Sollte die letzte Nennung im Jahre 1472 vor den 15. Mai fallen, wäre die hier erfolgte Zuschreibung der Inschrift gesichert.

Anmerkungen

  1. Fol. 4 v.
  2. Vgl. Nr. 48 und 65.
  3. In: Gebhardi, Coll. VI, 1772, S. 381.
  4. Vgl. Nr. 17.
  5. Grote (Hg.), Geschichte, S. 19.
  6. Grote (wie Anm. 5), S. 8.
  7. Grote (wie Anm. 5), S. 32. – S. 32 f. findet sich eine Zusammenstellung der Nekrologeinträge, die sich auf Angehörige der Familie beziehen. Ihre große Zahl unterstreicht die Qualität dieser Beziehungen. Mit Werner Grote stellte die Familie von 1371 bis 1384 den Abt des Klosters: Reinhardt, Art. Lüneburg, St. Michaelis, S. 344.
  8. Grote (wie Anm. 5), Stammtafel C.
  9. Nekrologium des Klosters S. Michaelis in Lüneburg, hg. von Wedekind, S. 86.
  10. Grote (wie Anm. 5), Personenregister, s. v. Werner (VII.). Der Bezug wird also nicht expressis verbis hergestellt, sondern ergibt sich nur mittelbar, indem der Registervermerk auf den dort S. 33 abgedruckten Nekrologeintrag verweist.
  11. Grote (wie Anm. 5), S. 46.

Zitierhinweis:
DI 24, Lüneburg: St. Michaeliskloster, Kloster Lüne, Nr. 39† (Eckhard Michael), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di024g002k0003904.