Inschriften: St. Michaeliskloster und Kloster Lüne bis 1550

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 24: Lüneburg: St. Michaeliskloster, Kloster Lüne (1984)

Nr. 28 Kloster Lüne 1432/33

Beschreibung

Grabplatte des Propstes Heinrich Bodenstede, im Ostflügel des Kreuzgangs im ersten Joch von Norden in den Fußboden eingelassen. Selenit.

Die Platte stammt von der Sepultur des Propstes in der Klosterkirche1). Im 18. Jahrhundert wurde sie ein zweites Mal als Grabplatte verwendet. Seitdem trägt das Mittelfeld in roher Kapitalis folgende Inschrift zu 17 Zeilen: NACH RUHT ALHIER IN GOTT DER / WEILAND HOCHEHR WIRDIGE UND / HOCHGELAHRTE HER HERR / GEORG DIEDERICH THIES / ER IST GEBOHREN IN CELLE / den 27ten sebtember 1694 UND / DASELBST 1724 INS BREDIGAMT / BRUFFEN WARD SUBERINTENDENS / ALHIE ZU LUNE 1738 UNt IST / ANNO 1758 den 21 Sebtember / AM 35 ten JAHR SEINES AMTES / NACHDEM ER 64 JAHRE SEINES / LEBENS FAST VOLLENDET / SELIG IM HERRN ENTSCHLAFEN / Daniel [...] · vers · 3 · / DIE LEHRER WERDEN LEUCH / TEN WIE. Der Text bricht an dieser Stelle unvermittelt ab2). Nur am Fußende der Platte läßt sich erkennen, daß sie ursprünglich eine um ein freies Mittelfeld laufende Inschrift besaß. Deren vornehmlich in der unteren Zeile erkennbare Reste bestehen aus eingehauenen Buchstaben, die von zwei Ritzlinien begrenzt sind. In den beiden noch erhaltenen, durch die Zeilenüberschneidung entstandenen Eckfeldern befindet sich Pflanzenornament. Die stellenweise stark abgetretene Platte ist mehrfach gebrochen, dadurch entstandene Lücken sind zum Teil mit Mörtel verfüllt.

Maße: H.: 275,0 cm; B.: 155,0 cm; Bu.: 11,3 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Kloster Lüne [1/2]

  1. [.....................] / [..................................]us / [ba]a) de(n)sted[e ·] prepositus / h[u]i[......................................]

Kommentar

Die Platte zeigt in Material, Abmessungen und Ausführung der Inschrift starke Übereinstimmungen mit der nur wenige Jahre jüngeren Grabplatte für den Propst Tzerstede (Nr. 29), so daß auf denselben Hersteller geschlossen werden kann.

Heinrich Bodenstede wurde 1412 Nachfolger Johannes Weygergangs in der Lüner Präpositur und starb 1432 oder 14333). Bereits 1389 ist er als Rektor der Kirche in Betzendorf bezeugt, die dem Kloster seit 1341 inkorporiert war, seit 1394 hatte er als Kaplan Anteil am monastischen Leben in Lüne. Zu Anfang des 15. Jahrhunderts wurde er Propst in Dannenberg. Dieses Amt behielt er auch nach seiner Wahl zum Propst des Klosters bei. Er erreichte bei der Kurie die Bestätigung der bisherigen päpstlichen Privilegien, vornehmlich das der freien Propstwahl. Außerdem befreite Martin V. den Lüner Propst im Jahre 1425 von der Verpflichtung, Synodalien- und Exuviengelder an den Bischof von Verden zu zahlen, und behob damit eine seit längerer Zeit bestehende Rechtsunsicherheit. 1418 ist Bodenstede in einer nicht mehr zu ermittelnden Angelegenheit in den päpstlichen Registern genannt4).

Zu Ende des Jahres 1421 faßte Bodenstede sein Testament ab5). Er überließ fast seinen gesamten Besitz dem Kloster oder seinem Nachfolger. Dazu gehörte seine Bibliothek, die durch den Nachlaß seines Vorgängers Weygergang beträchtlich vermehrt worden war. Von den Beiträgen für Gedächtnisstiftungen gingen drei Mark an die Kalandsbruderschaft an der Lüneburger St. Johanniskirche, deren Mitglied er war6). Dem Testament ist zu entnehmen, daß er eine Sepultur in der Klosterkirche erhielt. Er verfügt, dort bestattet zu werden ac lapidem epytaphii super sepulchrum suum comparari. Nolte hat fälschlich die Grabplatte des Propstes Tzerstede (Nr. 29) für diesen „lapis epytaphii“ angesehen7).

Textkritischer Apparat

  1. Vom ersten Buchstaben ist umittelbar am Zeilenanfang die über die gesamte Zeile reichende Haste mit einer unten nach rechts ansetzenden, in Brechung ausgeführten Rundung erhalten. Das a ließe sich auch als o lesen: erhalten ist die rechte Außenhaste mit dem Ansatz der nach links weisenden oberen Rundung, ebenfalls in Brechung ausgeführt.

Anmerkungen

  1. Vgl. unten die Bemerkungen zu Bodenstedes Testament.
  2. Georg Dietrich Thies erhielt nach seiner Ordination in Celle im Jahre 1728 die zweite, 1732 die erste Pfarrstelle an St. Aegidii in Osterode, bevor er 1738 Superintendent in Lüne wurde: Meyer, Pastoren, Bd. 2, S. 250 f., S. 99.
  3. Nolte, S. 90, S. 92. Ebd., S. 90–92, Darstellung der Amtsführung Bodenstedes; danach die folgenden Angaben.
  4. Fink (Bearb.), Repertorium Germanicum, Bd. 4, 1. Teilband, Sp. 1016 (1418, Februar 18).
  5. In geringen Auszügen gedruckt bei Nolte, S. 38, 91.
  6. Bodemann, Brüderschaften, S. 99, Eintrag im Totenregister: Hinrik Bodenstede, provest to Lune.
  7. Nolte, S. 91.

Zitierhinweis:
DI 24, Lüneburg: St. Michaeliskloster, Kloster Lüne, Nr. 28 (Eckhard Michael), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di024g002k0002804.