Inschriftenkatalog: Lüneburger Klöster

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 76: Lüneburger Klöster (2009)

Nr. 292 Kloster Lüne 3. V. 17. Jh.?

Beschreibung

Gestühlsrückwand mit Gemälden.1) Holz, Gemälde auf Holz. Über dem alten siebensitzigen Chorgestühl an der Westwand im Vorraum zum Nonnenchor wurde ebenso wie an den anderen Wänden eine Vertäfelung der Rückwand angebracht, in die hochrechteckige Gemälde eingelassen sind, in denen elf Tugenden und der auferstandene Christus sowie die fünf Klugen Jungfrauen dargestellt sind. An der Ostwand rechts neben der Tür zum Nonnenchor hängt ein schmaler, von der übrigen Vertäfelung abgetrennter Teil mit einem einzelnen Gemälde darin, das die Sanftmut (Mansuetudo) in Gestalt einer Frau zeigt, die einen Elefanten an der Leine führt, unter der Darstellung ein Feld mit der Inschrift A. An der Südwand drei Gemälde, links die durch eine Frauengestalt mit einem Schaf verkörperte Geduld (Patientia), darunter die Inschrift B; in der Mitte der Glaube (Fides) mit einem Kruzifix in der Hand, mit der anderen Hand auf die Inschrift C in einem aufgeschlagenen Buch weisend, unten die Inschrift D; rechts die Hoffnung (Spes) mit einem Anker und einem Falken, darunter die Inschrift E. Auf der Westseite: die Gottesfurcht (Devotio), die einen Amor mit zerbrochenem Bogen und Geldsack mit Füßen tritt, links davon ein Dudelsack, die Frauengestalt neben den Gesetzestafeln, darauf die Ziffern F, und einem aufgeschlagenen Buch mit der Inschrift G darin, unter der Darstellung die Inschrift H; die Enthaltsamkeit (Abstinentia) neben einem gedeckten Tisch, darunter die Inschrift I; die Weisheit (Sapientia) mit Krone, Buch und Fackel, im Hintergrund Reh und Hirsch, darunter die Inschrift J; die Beharrlichkeit (Perseverantia), die von zwei Engeln gekrönt wird, links neben ihr der Pelikan mit seinen Jungen, darunter die Inschrift K; der auferstandene Christus in den Wolken, darunter die Inschrift L; fünf Gemälde, darin je eine auf Wolken nach links schreitende Kluge Jungfrau mit Öllampe, darunter die Inschriften M–Q. Die Reihenfolge der Gemälde mit den Klugen Jungfrauen ist falsch, da die Inschrift Q dem Bibeltext zufolge zwischen N und O stehen müßte. An der Nordwand: die Gerechtigkeit (Justitia) mit Waage und Schwert, darunter die Inschrift R; der Frieden (Pax), darunter die Inschrift S; die Keuschheit (Castitas) in einem Buch lesend, darin als lesbarer Text die über zwei Seiten gehende Überschrift T, als Attribut ein Löwe, darunter die Inschrift U; die Aufrichtigkeit (Veritas) mit einem Herzen, neben ihr ein Hündchen und ein Panther, darunter die Inschrift V.

Maße: Gemälde jeweils: H.: 87 cm; B.: 41 cm; Bu.: 1–2,8 cm (Bildunterschriften), 1,2 cm (C), 0,7 cm (F), 1 cm (G, T).

Schriftart(en): Kapitalis, mit Minuskeln (K).

Kloster Lüne [1/10]

  1. A

    MATTH: 5 · SELIG SIND DIE / SANFFTMVTHIGENa), DENN SIE / WERDEN DAS ERDREICH / BESITZEN. 2)

  2. B

    HEBR: 10. WERFFET EWER VERTRA=/WEN NICHT WEG, WELCHES EINE GRO/SSE BELOHNVNG HAT, GEDVLT ABER / IST EVCH NOTH, AVFF DASS IHR DEN / WILLEN GOTTES THVT, VND DIE / VERHEISSVNG EMPFAHET. 3)

  3. C

    MBOLVM / APOSTO/LICVM

  4. D

    HEBR: 11. OHN GLAVBEN ISTS VN/MVGLICHa) GOTT GEFALLEN, DENN WER / ZV GOTT KOMMEN WILL, DER MVS / GLEVBEN, DASS ER SEŸ VND DENEN, / DIE IHN SVCHEN, EIN VERGELTER / SEŸN WERDE, 4)

  5. E

    ROM: 5. WIR RVHMENa) VNS DER / TRVBSALa) DIE WEIL WIR WISSEN, DASS / TRVBSALa) GEDVLT BRINGET, GEDVLT / BRINGET ERFAHRVNG, ERFAHRVNG / BRINGET HOFFNVNG, HOFFNVNG LESSET / NICHT ZV SCHANDEN WERDEN, 5)

  6. F

    1 / 2 / 3 // 4 / 5 / 6 / 7 / 8 / 9 / 10

  7. G

    1. // S. / T. / D.

  8. H

    PRED: SALOMO, 12. DIE HÄVPTSVMMA / ALLER LEHRE, FVRCHTEa) GOTT, VND HAL/TE SEINE GEBOT, DENN DAS GEHÖRT ALL/EN MENSCHEN ZV, DENN GOTT WIRD, / ALLE WERCK FVRa) GERICHT BRIN=/GEN, DAS VERBORGEN IST, ES SEI / GVT ODER BÖSE, 6)

  9. I

    LVCAE: 21, / HVTETa) EVCHa), DAS / EWRE HERTZEN NICHT BE=/SCHWERET WERDEN MIT FRES=/SEN; VND SAVFFEN, VND MIT SORGE DER / NAHRVNG, VND KOMME (DER TAG DES HERRN)b) / SCHNELL VBERa) EVCHa). 7)

  10. J

    IACOBI: 3. DIE WEISHEIT VON / OBEN HER IST AVFFS ERST / KEVSCHa), DARNACH FRIEDSAM, GE/LINDE, LEST IHR SAGEN, VOLL BARM/HERTZIKEIT VND GVTER FRVCHTEa), / VNPARTEISCH, OHN HEVCHELEŸ. 8)

  11. K

    MATTH 10. VNSER · L(IEBER) · HEILAND ER=/INNERT: WER BIS ANS ENDE BEHARRET, / DER WIRD SELICG, 9) / Apoc: 2. SEŸ GETREW BIS AN DEN TOD / SO WIL ICH DIR DIE KRONE, / DES LEBENS GEBEN, 10)

  12. L

    MATTH: 11 · KOMPT HER ZV MIR / ALLE, DIE IHR MVHESELIGa) VND BELA=/DE(N) SEID, ICH WIL EVCHa) ERQVICKEN / NE HMET AVFF EVCHa), MEIN IOCH, VND LER(N)NET / VON MIR, DEN(N) ICH BIN SANFTMVTIGa), VND VON / HERTZEN DEMVTIGa), SO WERDET IHR RVHE FINDEN, / FVRa) EWER SEELE. 11)

  13. M

    MATTH: 25 · CAP: DAS HIMMELREICH / WIRD GLEICH SEIN, ZEHEN IVNG/FRAWEN, DIE IHRE LAMPEN NAMEN, / VND GIENGEN AVS DEM BREVTGAM / ENTGEGEN, 12)

  14. N

    ABER FVNFFa) VNTER IHNE(N) WARE(N) THÖ/RICHT, VND FVNFFa) WARE(N) KLVG, DIE THÖ=/RICHTE(N) NAME(N) IHRE LAMPE(N), ABER SIE NA ME(N) / NICHT ÖEL MIT SICH, DIE KLVGE(N) ABER NAME(N) / ÖEL IN IHRE GEFÄSSE(N) SAMPT IHREN LAMPEN, 13)

  15. O

    SIHE, DER BREVTGAMa) KOMPT / GEHET AVS IHM ENTGEGEN, DA STVN=/DEN DIESE IVNGFRAWEN / ALLE AVFF, VND SCHMVCKTENa) / IHRE LAMPEN, 14)

  16. P

    DA (ZVLETZT)b) DER / BREVTGAMBa) KAM, WELCHE / BEREIT WAREN, GIENGEN / MIT IHM HIENEIN ZVR / HOCHTZEIT, VND DIE THVRa) / WARD VERSCHLOSSEN, 15)

  17. Q

    DA NV DER BRAVTGAMa) / VERZOG, WORDEN SIE ALLE / SCHLÄFFERIG, VND ENTSCHLIEF/FEN, ZVR MITTERNACHT ABER / WARD EIN GESCHREŸ: 16)

  18. R

    ZACHAR: 7 · RICHTET RECHT, / VND EIN IEGLICHER BEWEISE GVTEa) / VND BARMHERTZIGKEIT, THVT NICHT / VNRECHT DEN WITWEN, WAŸSEN, / FREMBDLINGEN VND AR MEN, VND DENCKE KEI=/NER WIDER SEINE(N) BRVDER ETWAS ARGES IN SEINE(M) / HERTZEN. 17)

  19. S

    MATTH: 5. CHRISTVS SPRACH: / SELIG SIND DIE FRIEDFERTIGEN, / DENN SIE WERDEN GOTTES / KINDER HEISSEN, 18)

  20. T

    COELIBATVS

  21. U

    MATTH: 5. SELIG SIND DIE REI=/NES HERTZEN SIND, DENN / SIE WERDEN GOTT SCHAWEN, 19)

  22. V

    1 CHRON: 30. ICH WEIS, MEIN / GOTT, DASS DV DAS HERTZ PRV=/FESTa), VND AVFFRICHTIGKEIT IST / DIR ANGENEHM, BEWAHRE EWIGLICH / SOLCHEN SINN VND GEDANCKEN IM HERTZEN DEI/NES VOLCKS, VND SCHICKE IHRE HERTZEN ZV DIR: 20)

Kommentar

Die Auswahl der Tugenden, die für das Bildprogramm getroffen wurde, erscheint ebenso eigenwillig wie einige der ihnen zugeordneten Attribute. Daher kann der überwiegende Teil der Tugenden nur mit Hilfe der ihnen beigegebenen Inschriften identifiziert werden. Ein Zusammenhang zwischen den Tugenden und den Seligpreisungen (Inschriften A, S und U) ist bereits in der mittelalterlichen Theologie nachweisbar.21) Was die Initialen G in dem aufgeschlagenen Buch zu bedeuten haben, ließ sich nicht klären.

Textkritischer Apparat

  1. V mit zwei Strichen zur Bezeichnung des Umlauts.
  2. Die Klammern so in der Inschrift.

Anmerkungen

  1. Inv. Nr. LÜN Cb 66–68.
  2. Mt. 5,5.
  3. Heb. 10,35f.
  4. Heb. 11,6.
  5. Rö. 5,3–5.
  6. Pr. 12,23f.
  7. Lk. 21,34.
  8. Jak. 3,17.
  9. Mt. 24,13. Die Angabe der Bibelstelle in der Inschrift ist falsch.
  10. Off. 2,10.
  11. Mt. 11,28f.
  12. Mt. 25,1.
  13. Mt. 25,2–4.
  14. Mt. 25,6f.
  15. Nach Mt. 25,10.
  16. Mt. 25,5f.
  17. Sa. 7,9f.
  18. Mt. 5,9.
  19. Mt. 5,8.
  20. 1. Ch. 29,17f.
  21. Vgl. LCI, Bd. 4, Sp. 364.

Zitierhinweis:
DI 76, Lüneburger Klöster, Nr. 292 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di076g013k0029208.