Inschriftenkatalog: Lüneburger Klöster

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 76: Lüneburger Klöster (2009)

Nr. 194a† Kloster Lüne 1614

Diese Katalognummer liegt nur in der Onlinefassung vor (Neufund).

Beschreibung

Epitaph des Joachim Lutterlo. Büttner, der die Inschriften A–C überliefert, macht zur Lokalisierung und Gestaltung des Epitaphs keine Angaben. Rikemann überliefert nur die Inschrift C in einer etwas anderen Version, es ist aber zu vermuten, dass die Version Büttners der Inschrift auf dem Epitaph entsprach.

Inschriften nach Büttner.

  1. A

    Der du hengst an des Creutzes StamO Jesu als ein Gottes Lam(m)Hilff durch dein theuer Wunden rotMich und die Mein aus aller Noth

  2. B

    Epitaphium Viri Reverendi doctissimi et humanissimi D(omi)ni JOACHIMI LUTTERLOH Theologi praestantis Zelotae Religionis orthodoxae acerrimi Viri vere candidi et Superintendentis specialis de Ecclesia Lunensi optime meriti qui anno aetatis suae 76 die 28 Februarij mane post sextam cum per 42 annorum in ministerio Evangelico decursum varios labores et dolores exantlavisset Lune in fide JESU CHRISTI vera placide obdormivit anno IesVs Dat pIIs CoronaM VItae1)

  3. C

    Quis liber quem non vis demetit effera mortisa)Nemo Nam liber crimine nullus homoQui Luneburgi Matre et Patre natus honestisImbutusque Dei cognitione fuitb)Transegi juvenis tetroc) sine crimine vitamA teneris ut te gnava juventa decetd)Artes ingenuas didici vitando sodalesPravos in Pimplise) Lipsia clara tuisNec non Leucoreis in portis magne Melanchthonf)Audivi Suadaeg) mellea dicta tuaeErudii Juvenes Soltquellae Praeco fidelisDoctrinae caeli est quae via sola fuih)In senio fractus Podagrae chiragraeque doloreMortemi) obii in vera cognitione DeiSpiritus ad caeli subiit laetissima tempej)Sub terra templi sed chorus ossa tegitSic vitam placide finivi Pulcra coronaVitae caelestis dehinc mihi certa venitQui spiras spera hoc Mors quemvis certa manebitSed credens Christi in vulnera victor eritk)

Übersetzung:

Epitaph des ehrwürdigen, hochgelehrten und hochgebildeten Herrn Joachim Lutterlo, eines hervorragenden Theologen und entschiedenen Eiferers für die wahre Religion, eines wahrhaft untadeligen und als Superintendent um die Lüner Kirche sehr verdienten Mannes, der in seinem 76. Lebensjahr am 28. Februar nach der sechsten Stunde am Morgen, nachdem er im Lauf seiner 42 Jahre im Dienst des Evangeliums vielfältige Mühen und Schmerzen ertragen hatte, zu Lüne im wahren Glauben an Jesus Christus friedlich entschlafen ist im Jahr [1614] (Zahl aus folgendem Chronogramm). Jesus verleiht den Frommen die Krone des Lebens. (B)

Wer ist frei, den die unbarmherzige Gewalt des Todes nicht doch niedermäht? Niemand, denn kein Mensch ist frei von Schuld. Der in Lüneburg von ehrenwerten Eltern geboren wurde und in die Gotteserkenntnis eingeweiht war, (spricht): „Als Jüngling habe ich von zarter Kindheit an ein Leben ohne schlimme Schuld geführt, wie es sich für dich, strebsame Jugend, geziemt. Ich habe in deinen von Musen bewohnten Gefilden, berühmtes Leipzig, die edlen (freien) Künste studiert und mich dabei von schlechter Gesellschaft ferngehalten. Außerdem habe ich innerhalb der Tore von Wittenberg die honigsüßen Worte deiner Beredsamkeit, großer Melanchthon, vernommen. Ich habe die Jugend von Salzwedel unterrichtet. Ich war ein treuer Prediger der Lehre, die der einzige Weg zum Himmel ist. Im Alter war ich gebrochen durch die Schmerzen der Gicht an Händen und Füßen und habe den Tod in wahrer Gotteserkenntnis auf mich genommen. Meine Seele/mein Geist ist emporgestiegen zu den seligen Gefilden des Himmels, doch meine Gebeine unter der Erde deckt der Chor der Kirche. So habe ich mein Leben friedlich vollendet, und danach wird mir sicherlich die schöne Krone des himmlischen Lebens zuteil. Der du noch lebst, setze darauf deine Hoffnung: Der Tod wartet mit Sicherheit auf jeden, wer aber auf die Wunden Christi vertraut, der wird Sieger sein.“ (C)

Versmaß: Deutscher Reimvers (A), elegische Distichen (C), das Chronogramm in Inschrift B ergibt die Jahreszahl 1614.

Kommentar

Joachim Lutterlo, der Sohn des Lüner Amtsschreibers und Zöllners Johann Lutterlo, erhielt zur Finanzierung seines Studiums im Dezember 1554 die Mittel aus einer aufgelassenen Vikarie an St. Johannis in Lüneburg als Stipendium.2) Am 30. April 1557 immatrikulierte er sich an der Universität Wittenberg,3) im Sommersemester 1561 an der Universität Leipzig.4) Der Inschrift C zufolge unterrichtete er danach an der Schule in Salzwedel. Von 1568 bis 1586 war er als Pastor in Hankensbüttel tätig, von 1586 bis zu seinem Tod 1614 als Pastor und Superintendent in Lüne.5) In der Inschrift C liegt der seltene Fall vor, dass eine Krankheit des Verstorbenen in einer Versinschrift präzise benannt wird.

Textkritischer Apparat

  1. Clothus Rikemann.
  2. fui Rikemann.
  3. iustam toto Rikemann.
  4. Vir non fucatae relligionis amans Rikemann.
  5. portis Rikemann.
  6. Nec non o lumen Doctorum Magne Philippe Rikemann.
  7. linguae Rikemann.
  8. Randvermerk bei Rikemann: zu Hannichbüt[tel] (Hankensbüttel)
  9. Lune Rikemann.
  10. Spiritus ad caeli laetissima gaudia tendit Rikemann.
  11. Crede Deo et caeli Mors tua janua erit Rikemann.

Anmerkungen

  1. Zu coronam vitae vgl. Iac. 1,12 u. Apc. 2,10.
  2. StA Lüneburg, UA b: 1554 Dezember 13 II.
  3. Matrikel Wittenberg, Bd. 1, S. 326a.
  4. Matrikel Leipzig, Bd. 2, S. 276.
  5. Meyer, Pastoren, Bd. 1, S. 406, u. Bd. 2, S. 99.

Nachweise

  1. StA Lüneburg, ND Büttner, Nr. 19, Inscriptiones. – Jakob Rikemann, Epitaphiorum et Inscriptionum Tumulorum Sepulcralium Tomus IV continens centurias tres. Lüneburg [vor 1627]. Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, Cod. Guelf 28.8 Aug. fol., p. 112f. (nur C mit abweichendem Text).

Zitierhinweis:
DI 76, Lüneburger Klöster, Nr. 194a† (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di076g013k00194a1.