Inschriftenkatalog: Lüneburger Klöster

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 76: Lüneburger Klöster (2009)

Nr. 191 Kloster Ebstorf, Gemeindekirche 1613

Beschreibung

Epitaph des Amtmanns Johann Witte.1) Holz, geschnitzt und farbig gefaßt, Gemälde. Das große mehrteilige Epitaph hängt über der Prieche der Gemeindekirche an der Nordwand. Im Mittelteil ein Gemälde, das den Verstorbenen mit seiner Ehefrau und einer Tochter unter dem Kruzifix darstellt, am Kreuz der Titulus A. Unter dem Gemälde ein querrechteckiges Feld mit der Inschrift B, seitlich in den den Mittelteil abschließenden Voluten sowie unten auf dem Unterhang drei kleine Kartuschen mit Gemälden darin, in denen die Geburt, die Anbetung durch die Hirten und die Himmelfahrt Christi dargestellt sind. Auf dem breiten Fries über dem Mittelteil in zwei Feldern nebeneinander die Inschriften C und D. In der Zone darüber außen links und rechts zwei freistehende Tugendfiguren, die ein Bogenfeld mit einem Gemälde der Auferstehung einrahmen, auf dem Fries darüber die Inschrift E, oben auf dem gesprengten Giebel als Bekrönung die Figur der Caritas. Mit Ausnahme der in Schwarz auf hellem Grund ausgeführten Inschrift A sind alle anderen Inschriften in Gold auf schwarzen Grund gemalt. Alle Inschriften durch Restaurierung erneuert.

Maße: H.: 540 cm; B.: 230 cm; Bu.: 1,5 cm (A), 2,5–1,5 cm (B), 3,5 cm (C, D), 2,5 cm (E).

Schriftart(en): Kapitalis (A, E), Fraktur mit Kapitalis und Frakturversalien (B), Fraktur mit Kapitalis (C, D).

Kloster Ebstorf [1/4]

  1. A

    I(ESVS) N(AZARENVS) R(EX) I(VDAEORVM) 2)

  2. B

    Der Erwürdige Erveste Ambtmann Johann Witte, welcher 76 jahr seines alters erreichet, / 39 Jahr alhie zu Ebstorff Ambtman vndt im löblichen Fürstlichen Hause Lueneburgka) 51 Jahr rühm/lich bedienet gewesen, ist am 22sten MARTŸ AN(N)O 1613 Abendts vmb 10 vhr in wahrer ahnruff(un)ga) / Gottes3) vndt bestem glauben auff seine verdienste JESVS CHRJSTJb) verblichen in Ebstorff vndt an / dieser stedte begraben Der Almechtige helffe ihm zu der ewigen Ruhe. Amen.

  3. C

    Das Bluet Jesu Christi des sohns / gottes macht vns rein von aller sunde / 1. IOHAN · 1 4) / Selig seindt die Todten, die in dem Hern / sterben von nun ahn APOCAL IP 1 · 14 5)

  4. D

    Also hat Gott die welt geliebet, das er / seinen eingebornen Son gab, Auff das / alle die an in gleuben nicht verloren / werden sondern das ewige Leben ha=/ben. IOHAN 3 6)

  5. E

    ICH BIN DIE AVFFERSTEHVNG VND DAS LEBEN, WER AN MICH / GLEVBET, DER WERDT LEBEN, OB ER GLEICH STVRBEc), VND WER / DA LEBT VND GLEVBT AN MICH, DER WIRD NIMMERMHER STERBEN 7)

Kommentar

Johann Witte amtierte von 1574 bis zu seinem Tod 1613 als Amtmann des Klosters Ebstorf.8) Möglicherweise ist er mit dem Johann Witte aus Pritzwalk identisch, der sich am 30. November 1565 an der Universität Wittenberg immatrikulierte.9) Im Jahr 1604 wurde er zum Vormund für die Kinder des verstorbenen Lüner Amtmanns Otto Kempe bestellt (vgl. Nr. 178). Einen Monat nach seinem Tod am 22. März 1613 bat die Witwe Wittes Herzog Christian darum, zu veranlassen, daß ihr Hausgerät nach Lüneburg transportiert würde.10)

Textkritischer Apparat

  1. Das diakritische Zeichen über dem ersten u bei der Restaurierung irrtümlich als Bezeichnung des Umlauts ausgeführt. Ob die anderen Umlautbezeichnungen bereits in der Originalfassung vorhanden waren, läßt sich nicht mehr feststellen.
  2. Der Text an dieser Stelle vermutlich falsch restauriert, es ist anzunehmen, daß hier ursprünglich auff deine verdienste JESVS CHRJSTVS gestanden hat.
  3. V mit Punkten, möglicherweise erst durch Restaurierung.

Anmerkungen

  1. Inv. Nr. EBS Ad 1.
  2. Io. 19,19.
  3. Zu der Formel ‚in wahrer Anrufung Gottes‘ vgl. Nr. 125, Anm. 10.
  4. 1. Jh. 1,7.
  5. Off. 14,13.
  6. Jh. 3,16.
  7. Jh. 11,25f.
  8. Dose, Klosteralltag, S. 397.
  9. Matrikel Wittenberg, Bd. 2, S. 95b,11.
  10. HSTA Hannover, Celle Br. 61a, Nr. 3304.

Zitierhinweis:
DI 76, Lüneburger Klöster, Nr. 191 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di076g013k0019105.