Inschriftenkatalog: Lüneburger Klöster

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 76: Lüneburger Klöster (2009)

Nr. 185 Kloster Isenhagen, Gemeindekirche 1610 u. 1684?

Beschreibung

Kanzel.1) Holz, geschnitzt und farbig gefaßt, Gemälde. Die Kanzel stammt aus der Stadtkirche in Celle, die sie 1610 von Herzog Ernst II. zum Geschenk erhielt, und wurde 1684 im Zuge der Barockisierung der Stadtkirche für 27 Reichstaler an das Kloster Isenhagen verkauft.2) Eine Figur des Moses trägt den vierseitigen Kanzelkorb mit abgeschrägten Ecken. Vor den Ecken jeweils umrahmt von zwei Säulen Figuren der Evangelisten mit ihren Attributen. Dazwischen auf der Wandung auf jeder Seite übereinander zwei kleine hochrechteckige Gemälde, jeweils mit einer zweizeiligen Inschrift auf einem Fries unten im Gemälde (A1–D2), die Buchstaben hell auf braunem Grund, die u mit diakritischen Doppelstrichen bezeichnet. Die acht Gemälde zeigen links oben Christus als Schmerzensmann sowie sieben Engel mit Leidenswerkzeugen und anderen Symbolen. Am Aufgang zur Kanzel Figuren der Apostel, die Tür zum Aufgang wird flankiert von Paulus und Petrus als Karyatiden, in der Tür übereinander zwei goldgerahmte Inschriftentafeln (E, F), die Buchstaben weiß auf schwarzem Grund. Oben in der Bekrönung der Tür und den Bekrönungen der seitlichen Pfosten eine Renovierungsinschrift.3) Auf dem sechsseitigen Schalldeckel Figuren der Tugenden und kleine Brustbilder der Evangelisten mit ihren Symbolen sowie vorne das Wappen des Klosters.

Maße: Bu.: 1 cm (A–D), 2 cm (E, F).

Schriftart(en): Fraktur.

Kloster Isenhagen [1/5]

  1. A1

    O mensch schaw nach einander an, / Was dein herr Christ Fur dich gethan,

  2. A2

    Wer in den himel steigen wil, /Der mus hie vnsal haben vil,

  3. B1

    Das Ohr die Fackl vnd beutel acht /wie manchen geitz in noth gebracht,

  4. B2

    Der glaub allein vns macht gerecht, /die wercke sind des negsten knecht,

  5. C1

    Die kron das rhor des hann geschrei, /Zur gedult dich mahnen alle drei,

  6. C2

    Das Creutz ist zwar ein bitter kraut, /doch bringt es mit sich Ewich gut,

  7. D1

    Wilt dich nicht Fleisches lust Ergebn, /So merck die rutt vnd geisel ebn,

  8. D2

    Weil mein herr Christ erstanden ist, / den todt acht ich zu keiner Frist,

  9. E

    Psalm . 119.105 / Dein Wort ist / meines Fußes Leuchte / und ein Licht / auf meinem Wege 4)

  10. F

    Luc. 11.28 / Seelich sind die / Gotes Wort hören / und bewahren 5)

Wappen:
Kloster Isenhagen6)

Kommentar

Die Kanzel wurde 1610 in der Werkstatt des Braunschweiger Bildhauers Georg Röttger angefertigt, wie Boehn annimmt möglicherweise von dessen Sohn Hans Röttger.7) Der Klosterchronik zufolge waren bei dem Erwerb der Kanzel für Isenhagen 1684 die Ausgaben, die für Schmiede-, Tischler-, und Malerarbeit im Zusammenhang mit der Aufstellung der Kanzel in der Kirche aufgewendet wurden, mit mehr als 67 Reichstalern deutlich höher als die Anschaffungskosten in Höhe von 27 Reichstalern.8) Dies läßt darauf schließen, daß die Kanzel bei ihrer Aufstellung grundlegend renoviert werden mußte. Es ist daher in Betracht zu ziehen, daß zumindest die Inschriften E und F erst 1684 ausgeführt wurden.

Anmerkungen

  1. Inv. Nr. IS Aa 1.
  2. Chronik Isenhagen, S. 190.
  3. F . B // RENOV: 1929 // B . M . H .
  4. Ps. 119,105.
  5. Lk. 11,28.
  6. Wappen Kloster Isenhagen (thronende Maria mit Kind und Szepter).
  7. Otto von Boehn, Eine alte Celler Kanzel in der Klosterkirche zu Isenhagen. In: Kreiskalender für Gifhorn-Isenhagen, Ein Heimatbuch für das Jahr 1951, S. 56–59.
  8. Chronik Isenhagen, S. 190.

Nachweise

  1. Appuhn, Kloster Isenhagen, S. 79 u. Abb. S. 81.

Zitierhinweis:
DI 76, Lüneburger Klöster, Nr. 185 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di076g013k0018503.