Inschriftenkatalog: Lüneburger Klöster
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 76: Lüneburger Klöster (2009)
Nr. 145 Kloster Lüne 1590
Beschreibung
Porträt der Domina Dorothea von Meding.1) Öl auf Eichenholz, in originalem Rahmen. Das Gemälde, das im Kapitelsaal hängt, zeigt die Domina ab Kniehöhe, in den Händen hält sie ein Buch und Handschuhe. In der oberen linken Bildecke oben die Inschrift A, darunter die Inschrift B und unten die Künstlersignatur C. Auf der linken und rechten Leiste des Rahmens sind je acht kleine, heute nur noch fragmentarisch erhaltene Bilder aufgebracht, bei denen es sich wohl um kolorierte Kupferstiche handeln dürfte.2) Teilweise unter den Bildern noch die Angabe der Bibelstelle, auf die sich die dargestellte Szene bezieht (D).
Maße: H.: 111 cm; B.: 55,5 cm; Bu.: 0,8 cm (A), 0,5 cm (B), 0,4 cm (C), 0,3 cm (D).
Schriftart(en): Kapitalis mit Versalien (A, B), Kapitalis (C), Fraktur (D).
- A
IN IMAGINEM NOBILIS ET VENERANDAE / VIRGINIS, DOROTHEAE DE MEDINGE, / DOMINAE LVNENSIS DIGNISSIMAE.
- B
CVM DICIESa) QVARTVM VITAE COMPLEVERAT ANNV(M) /AETATIS MEDIVS QVI SOLET ESSE VIGOR, /EDITA NOBILIBVS PROAVIS DE STIRPE MEDINGAE /DOROTHEA, HAC FACIE CONSPICIENDA FVIb), /QVAM SIBI VIRGINEVS DOMINA(M) GREX LEGIT IN ISTO /COENOBIO, NOMEN CVI VAGA LVNA DEDIT. /HOS CERNENS VVLTVS IPSAM TE CERNERE IVRES /TAM BELLE ARTIFICI LINEA DVCTA MANV EST. /AST ANIMI DOTES, QVAS NVLLA PINGERE APELLES /ARTE POTEST, PINGIT MORIBVS IPSA SVIS, /ILLA DIV SOSPES VIVAT CLAVSTROQ(VE) SVISQ(VE) /POSTQ(VE) NECEM SERAM CAELICA REGNA PETAT,
- C
· 1590 · / · I · B · FECIT
- D
[ – – – ] // Genesis · 2 ·// Gensis [..] // Gen[...] // Genes [..] // Exodi · 14 ·// Ex[...] // E[.....]Luc : 1 : // Luc : 2 :// Matei · 3 · // [ – – – ] // [ – – – ] // [.]atei : 28 // Mar : 16 // [ – – – ]
Übersetzung:
Auf das Bild der edlen und verehrungswürdigen Jungfrau Dorothea von Meding, der hochwürdigen Domina zu Lüne: (A)
Als sie das vierzigste Jahr des Lebens vollendet hatte, welches die Mitte der Lebenskraft zu sein pflegt, war Dorothea, die von edlen Ahnen aus dem Geschlecht der Meding abstammte, in dieser Gestalt zu sehen. Sie erwählte sich die Schar der Jungfrauen zur Domina in diesem Kloster, dem der sich wandelnde Mond den Namen gab. Wenn du dieses Antlitz siehst, möchtest du schwören, sie selbst zu sehen, so schön sind die Linien von künstlerischer Hand geführt. Aber die Gaben des Geistes, welche auch ein Apelles [griech. Maler der Antike] nicht mit seiner Kunst malen kann, malt sie mit ihrem Wesen. Möge sie lange wohlbehalten dem Kloster und den Ihren leben und nach einem späten Tod in das Himmelreich aufsteigen. (B)
Versmaß: Elegische Distichen (B).
Textkritischer Apparat
- Statt DECIES.
- Statt FVIT.
Anmerkungen
- Inv. Nr. LÜN Cb 49.
- In der linken Reihe von oben nach unten: Schöpfung, Vertreibung aus dem Paradies, Arche Noah, Jakob mit dem Engel?, Abrahams Opfer, ?, Untergang der Ägypter im Roten Meer?, Moses blickt ins gelobte Land. In der rechten Reihe: Verkündigung, Geburt Christi, Taufe, ?, Kreuzigung, Auferstehung, Christus erscheint Maria Magdalena, Weltgericht.
Zitierhinweis:
DI 76, Lüneburger Klöster, Nr. 145 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di076g013k0014509.
Kommentar
Zu Dorothea von Meding vgl. Nr. 140. Die Initialen des Malers IB lassen sich nicht auflösen, da die Quellen hierzu keine Auskunft geben. Es ist davon auszugehen, daß die Domina die Anbringung der heute kaum noch kenntlichen sechzehn Bilder mit den biblischen Szenen auf dem Rahmen selbst veranlaßte und ihr Porträt bewußt mit Schlüsselszenen des Alten und Neuen Testaments umgab. Möglicherweise wollte sie damit ein Gegengewicht zu der weltlich ausgerichteten Inschrift im Gemälde schaffen. Ohne den letzten Vers, in dem ihr ein langes Leben gewünscht wird, wäre man geneigt anzunehmen, daß eine derartige Inschrift erst nachträglich nach ihrem Tod ausgeführt worden wäre. Aber auch in der Art der Darstellung zeigt sich die selbstbewußte Haltung der Domina.