Inschriftenkatalog: Lüneburger Klöster

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 76: Lüneburger Klöster (2009)

Nr. 126 Lüne, Klosterkrug 1570

Beschreibung

Schwellbalken. Auf der südlichen Traufenseite verläuft die an den Versenden von Rankenornament unterbrochene Inschrift A erhaben in vertiefter Zeile über den Schwellbalken des vorkragenden Obergeschosses. Darüber sind die von Ständerstützen und Ständer gebildeten Dreiecke mit geschnitztem, in Grün und Gelb gefaßtem Bogenornament verziert. Auf der östlichen Giebelseite des Hauses am Schwellbalken des Obergeschosses die Inschrift B an den Versenden unterbrochen von Rankenornament erhaben in vertiefter Zeile. Über dem Schwellbalken auf den Dreiecken der Ständerstützen Fächerrosetten, Ornament mit Grotesken, ein Mann mit Szepter sowie eine Salvatordarstellung, alles in Grün und Gelb auf braunem Grund gefaßt. Auf der nördlichen Traufenseite die Inschrift C auf dem Schwellbalken, darüber dasselbe Bogenornament wie auf der Vorderseite des Hauses. Auf der östlichen Giebelseite am Schwellbalken des Giebels links erhaben in vertiefter Zeile die Inschrift D, rechts die Inschrift E, darüber ebenfalls mit Bögen verzierte Ständerstützen. Die Initialen und Ziffern der Inschriften sind in Gelb gefaßt, die Worttrenner in Gelb und Grün, die anderen Buchstaben weisen teilweise noch eine rotbraune Farbfassung auf.

Maße: Bu.: 17 cm.

Schriftart(en): Fraktur (A–C), Kapitalis (D, E).

Sabine Wehking [1/9]

  1. A

    Anno D(omi)ni 1 · 5 · 70Ohn · gottes · hulf · vnd · gunst ·Jst · vnse · thune · vmbsunst · 1)Schaft · ehr · nicht · Radt · im · hausz ·Richt vnser · fleis · weinikg · ausz

  2. B

    1570Radt · nach · der · ThadtJst · viel · zu · Spadtt 2)Fiendes · mundtRedt · kein · gruntt · 3)

  3. C

    Verzer · nicht · meer · den · du · erwerbst ·Sonst · du · in · grundt · gar · balt · verterbst · 4)Habe · acht · wie · gros · sey · dein · deck ·Darnach · dich · kehr · leg · wend · vnd · streck ·

  4. D

    OPTIMA · SVNT · PIETAS · MODVS · ET · COGNOSCE · TE · IPSVM

  5. E

    TALPA · FORIS · DOMI · ARGVS : 5)

Übersetzung:

Das Beste sind Frömmigkeit, Maßhalten und (die Regel) ‚Erkenne dich selbst‘. (D) Ein Maulwurf draußen, zu Hause ein Argus. (E)

Versmaß: Ein Hexameter (D).

Kommentar

Auffallend sind die P in den beiden Kapitalisinschriften D und E mit unten am Schaftende angesetztem Balken.

In der Inschrift E wird der hundertäugige Riese Argus dem blinden Maulwurf gegenübergestellt und ausgedrückt, daß man in seinem eigenen Bereich kritisch sein solle im Sinne des ‚vor der eigenen Türe kehren‘, sonst aber tolerant. Die Inschriften des Klosterkrugs bieten eine Mischung von verbreiteten Sprichwörtern aus der Erbauungszeit.

Anmerkungen

  1. Vgl. Wander, Sprichwörterlexikon, Bd. 2, Sp. 64, Nr. 1549–1551.
  2. Vgl. ebd., Bd. 3, Sp. 1477, Nr. 264.
  3. Zu verstehen im Sinne von: Feindes Mund redet nichts, was sich auf Tatsachen begründet. Vgl. ebd., Bd. 1, Sp. 969, Nr. 87.
  4. Vgl. ebd., Bd. 4, Sp. 1622, Nr. 7–9.
  5. Vgl. Walther, Proverbia sententiaeque, Bd. 7, Nr. 36998.

Nachweise

  1. Mithoff, Kunstdenkmale Fürstentum Lüneburg, S. 132.

Zitierhinweis:
DI 76, Lüneburger Klöster, Nr. 126 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di076g013k0012604.