Inschriftenkatalog: Lüneburger Klöster
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 76: Lüneburger Klöster (2009)
Nr. 115 Kloster Wienhausen, Gemeindekirche 1532
Beschreibung
Grabplatte des Herzogs Heinrich des Mittleren von Braunschweig-Lüneburg. Stein. Die Platte ist an der Südwand im Altarraum aufgestellt. Im vertieften Innenfeld die Reliefdarstellung des Verstorbenen in Rüstung in einer Rundbogennische. In den Ecken des Innenfeldes vier Wappenschilde, links von der Figur ein Vollwappen. Auf dem Rand der Platte links, oben und rechts flaches Arabeskenmuster, unten ein querrechteckiges Feld mit der vierzeiligen Inschrift A in erhaben gehauenen Buchstaben. Darüber rechts im Innenfeld die eingehauenen Initialen des Bildhauers (B).
Maße: H.: 211 cm; B.: 125,5 cm; Bu.: 3 cm.
Schriftart(en): Kapitalis.
- A
ANNO · A · CHRISTO · SALVATORE · NOSTRO · NATO · M · D · XXXII / FEBRVARII · DIE · XIX · QVI · FVIT · DIES · MARTIS · POST · REMINIS=/ CERE · PIE · IN · CHRISTO · OBIIT · HENRICVS · BRVNSVI(CENSIVM) ET / LVNAEBVRGENSIVM · DVX · OTHONISa) · FILIVSb) · ANNO · AETATIS · SVAE · LXVI ·
- B
AHSc)
Übersetzung:
Im Jahr 1532 nach der Geburt Christi, unseres Erlösers, am 19. Tag des Februar, welcher der Dienstag nach Reminiscere war, verstarb Heinrich, Herzog von Braunschweig und Lüneburg, Sohn des Herzogs Otto, fromm in Christus in seinem 66. Lebensjahr. (A)
Braunschweig-Lüneburg1) | |
Braunschweig-Lüneburg1) | Nassau |
Brandenburg | Polanen2) |
Textkritischer Apparat
- T und N jeweils in O eingestellt.
- I in L eingestellt.
- A-S Maier, der die Platte wie Behncke (vgl. Anm. 4) dem Lüneburger Meister Albert von Soest zuschreibt.
Anmerkungen
- Wappen Braunschweig-Lüneburg, vierteilig.
- Wappen Polanen vgl. Siebmacher/Hefner, Bd. 1, Abt. 2, S. 35 u. Tafel 84.
- Isenburg, Stammtafeln, Tafel 71, sowie www.welfen.de. Zu dem Jagdschloß vgl. Maier, Kunstdenkmale Wienhausen, S. XV.
- W. Behncke, Albert von Soest – Ein Kunsthandwerker des XVI. Jahrhunderts in Lüneburg. Straßburg 1901 (Studien zur Deutschen Kunstgeschichte 28), zu der Wienhäuser Grabplatte S. 74–77, Abb. der Celler Grabplatte S. 73, Abb. 30.
Nachweise
- Mithoff, Kunstdenkmale Fürstentum Lüneburg, S. 279.
- W. Behncke, Albert von Soest – Ein Kunsthandwerker des XVI. Jahrhunderts in Lüneburg. Straßburg 1901 (Studien zur Deutschen Kunstgeschichte 28), S. 75f. mit Abb. 31.
- Maier, Kunstdenkmale Wienhausen, S. 75 u. Abb. 62.
Zitierhinweis:
DI 76, Lüneburger Klöster, Nr. 115 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di076g013k0011501.
Kommentar
Die Inschrift ist in einer sehr sorgfältig gehauenen Kapitalis mit breiten, ausgewogenen Buchstaben ausgeführt.
Heinrich der Mittlere wurde 1468 als Sohn des Braunschweiger Herzogs Otto II. und der Anna von Nassau-Dietz geboren. Bei den beiden unteren Wappen handelt es sich um das seiner Großmutter väterlicherseits Magdalena von Brandenburg (vgl. Nr. 47) und seiner Urgroßmutter mütterlicherseits Johanna von Polanen. Heinrich der Mittlere hatte nach dem Tod Kaiser Maximilians die Anwartschaft Franz I. von Frankreich auf die Kaiserkrone unterstützt und sich damit die Feindschaft Karls V. zugezogen. Nachdem er sich in der Hildesheimer Stiftsfehde auf die Seite des Hildesheimer Bischofs geschlagen hatte, verhängte Karl V. 1521 die Reichsacht gegen Heinrich, der jedoch die Regierungsgeschäfte bereits an seine beiden Söhne übergeben und sich nach Frankreich zurückgezogen hatte. Er kehrte 1527 in sein Herzogtum zurück, 1530 wurde die Reichsacht gegen ihn aufgehoben. Seine letzten Lebensjahre verbrachte Heinrich der Mittlere in dem herzoglichen Jagdschloß in Wienhausen, wo er 1532 starb.3)
Die von Behncke vorgenommene Zuschreibung des Epitaphs an der Lüneburger Bildhauer Albert von Soest muß in Zweifel gezogen werden, weil sich die Initialen AHS nicht mit dem Namen und dem von Albert von Soest verwendeten Monogramm in Einklang bringen lassen und die Wienhäuser Grabplatte nicht die auffallend manierierte Körperhaltung in der Darstellung des Verstorbenen zeigt, die für die Grabdenkmäler des Albert von Soest charakteristisch ist. Auch die Stellung der Figur in eine Nische ist hier sehr viel schlichter gehandhabt als auf den anderen bei Behncke verzeichneten Grabdenkmälern. Zudem fällt die Hauptwirkungszeit des zwischen 1587 und 1590 verstorbenen Albert von Soest deutlich in die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts. Mit einiger Sicherheit kann man aber annehmen, daß es sich bei dem unbekannten Bildhauer der Wienhäuser Grabplatte um denselben Künstler handelt, der auch das – ebenfalls bei Behncke verzeichnete – unsignierte Epitaph für Herzog Ernst den Bekenner von 1546 in der Celler Stadtkirche anfertigte, da zwischen beiden Stücken eine große Ähnlichkeit besteht.4)