Inschriftenkatalog: Lüneburger Klöster

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 76: Lüneburger Klöster (2009)

Nr. 11 Kloster Ebstorf 2. V. 14. Jh.

Beschreibung

Schürze für die Mauritiusfigur.1) Seidenstickerei auf Leinen, Brokat. Die Schürze wird im Tresorraum aufbewahrt. In der Mitte ein Stab mit fünf gestickten Darstellungen übereinander, die jeweils durch Bildbeischriften auf Stegen über den Feldern gekennzeichnet sind. Auf dem Steg unter dem unteren Bildfeld die Inschrift A, im unteren Bildfeld die Darstellung der Verkündigung, auf dem Schriftband des Engels die Inschrift B, auf dem Schriftband der Maria die Inschrift C, auf dem Fries über der Szene die Inschrift D. Im zweiten Feld von unten die Geburt Christi, darüber die Inschrift E, im dritten Feld die Anbetung durch die Heiligen Drei Könige, darüber die Inschrift F, im vierten Feld die Darbringung im Tempel, darüber die Inschrift G, im fünften Feld die Marienkrönung, darüber die Inschrift H. Die Buchstaben der Inschriften sind mit Ausnahme der in Blau gestickten Inschriften G und H im Wechsel von Rot und Blau auf hellem Grund ausgeführt. Auf dem Leinenfutter des Gewandes wurde bei seiner Restaurierung die mit roter Tinte gemalte Inschrift I endeckt.

Maße: H.: 99 cm; B.: 43,5 cm; Bu.: 0,5 cm (A–H), 4–2,2 cm (I).

Schriftart(en): Gotische Majuskel.

Kloster Ebstorf [1/2]

  1. A

    ORNATVS · S(AN)C(T)I · MAVRICII ·

  2. B

    AVE MARIA 2)

  3. C

    ECCE · ANCILLA · 3)

  4. D

    ANNV(N)CIA(CI)O · DOMINICA

  5. E

    · NATIVITAS · IESV · CRISTI ·

  6. F

    + REGUM · OBLACIO · +

  7. G

    HIC · PRESENTATVR · IN · TEMPLVM ·

  8. H

    CORONACIO · S(AN)C(T)E · MARIE ·

  9. I

    S(ANCTUS) IOHAN(N)[.]Sa)

Übersetzung:

Das Gewand des heiligen Mauritius. (A) Sei gegrüßt, Maria. (B). Siehe, (ich bin) die Magd (des Herrn). (C) Die Verkündigung des Herrn. (D) Die Geburt Jesu Christi. (E) Die Darbringung der Könige. (F) Hier wird er im Tempel dargestellt. (G) Die Krönung der heiligen Maria. (H)

Kommentar

Die Inschrift I ist in auffallend großen teilweise konturierten Buchstaben mit Bogenschwellungen bei gerader Innenkontur auf den Futterstoff gemalt. Die äußerst sorgfältige Ausführung der Buchstaben mit Sporen könnte darauf hinweisen, daß es sich um die Vorzeichnung für eine in einen ganz anderen Zusammenhang gehörende Inschrift handelt, die nicht ausgeführt wurde. Der Futterstoff wäre dann hier in „Zweitverwendung“ für die Mauritiusschürze genutzt worden.

Die I der übrigen Inschriften häufig mit linksseitigem Nodus, die A in Trapezform mit breitem Deckbalken, M und N ausschließlich in runder Form. Die naive Darstellungsart der Figuren erschwert eine Datierung der Schürze, der Buchstaben-Farbwechsel in den Inschriften A–F macht jedoch analog zu den Wienhäuser Teppichen mit entsprechendem Farbwechsel eine Entstehung im zweiten Viertel des 14. Jahrhunderts wahrscheinlich.4)

Textkritischer Apparat

  1. Zu IOHAN(N)[E]S zu ergänzen. Von den Buchstaben AN und S fehlt der untere Teil.

Anmerkungen

  1. Inv. Nr. EBS Hb 21.
  2. Liturgischer Text nach Lc. 1,28.
  3. Lc. 1,38.
  4. Kroos, Bildstickereien, S. 119, Nr. 16, datiert das Stück ohne nähere Begründung auf „gegen 1300“. Bei Miriam Gepp (Tradition mit Zukunft. Textilrestaurierung in der Paramentenwerkstatt der von Veltheim-Stiftung beim Kloster St. Marienberg, Helmstedt. Braunschweig 2008, S. 47ff.) wird das Textil auf das Ende des 13. Jahrhunderts datiert, was sich jedoch mit der Ausführung der Inschriften nicht vereinbaren läßt.

Nachweise

  1. Kroos, Bildstickereien, S. 119, Nr. 16 u. Abb. 118.
  2. Miriam Gepp, Tradition mit Zukunft. Textilrestaurierung in der Paramentenwerkstatt der von Veltheim-Stiftung beim Kloster St. Marienberg, Helmstedt. Braunschweig 2008, S. 48 (A) u. Anm. 115 (I).

Zitierhinweis:
DI 76, Lüneburger Klöster, Nr. 11 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di076g013k0001108.