Inschriftenkatalog: Lüneburger Klöster

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 76: Lüneburger Klöster (2009)

Nr. 2 Kloster Ebstorf, Gemeindekirche 1310

Beschreibung

Taufe.1) Bronze. Im Chor der Kirche aufgestellt. Das runde Taufgefäß mit leicht konischer Wandung steht auf einem mit vier männlichen Trägerfiguren besetzten Standring, auf den Schultern der Trägerfiguren ruht das Becken. Um die Wandung verläuft oben die Inschrift A auf einem Schriftband, zwischen Ende und Anfang der Inschrift anstelle eines Worttrenners ein Flachrelief mit der Darstellung des segnenden Christus. Auf einem unten um den Kessel verlaufenden Schriftband die Inschrift B, sie wird unterbrochen von kleinen Medaillons mit den Evangelistensymbolen, vor dem Beginn der Inschrift im Flachrelief der segnende Christus. Beide Inschriften sind schwach erhaben gegossen. In der Mitte der Kesselwandung auf einem Streifen kleine Flachreliefs, wie sie auch als Glockenzier vorkommen, teilweise in Wiederholung. Sie zeigen die Verkündigung, die Anbetung durch die Heiligen Drei Könige, Maria mit dem Kind, ein Kruzifix, daran der Titulus C, eine Kreuzigungsgruppe, am Kreuz der Titulus D, ein Kruzifix mit Engeln, die die Leidenswerkzeuge tragen. Zum Taufkessel gehört eine Messingschale aus dem Jahr 1639 (Nr. 226).

Maße: H.: 95,5 cm; Dm.: 78,5 cm; Bu.: 6,5 cm (A), 2,3 cm (B), 0,2 cm (C, D).

Schriftart(en): Gotische Majuskel.

Kloster Ebstorf [1/5]

  1. A

    SIT · FONS · VIVVSa) · AQVA · REGENERANS · VNDA · PVRIFICA(NS)b) · 2)

  2. B

    ANNO · D(OMI)NI · M° · CCC° · X° · FACTVMc) · EST · VAS · HERMANVSd) · ME · FECITe) ·

  3. C

    I(ESVS) N(AZARENVS) R(EX) I(VDAEORVM) 3)

  4. D

    I(ESVS) N(AZARENVS) R(EX) I(VDAEORVM) 3)

Übersetzung:

Lebendig sei die Quelle, wiederbelebend das Wasser, reinigend die Welle. (A)

Im Jahr des Herrn 1310 ist (dieses) Gefäß angefertigt worden. Hermann hat mich gemacht. (B)

Kommentar

Die Inschrift A ist besonders sorgfältig in Konturschrift mit Binnenmusterung ausgeführt, die Buchstabenenden laufen teilweise in Blättchen aus. Bei dem in der Inschrift B genannten Bronzegießer Hermann könnte es sich um den Hermannus Clocghetere handeln, der im Jahr 1291 in Lüneburg das Bürgerrecht erwarb.4) Allerdings ist dies bei der Häufigkeit des Namens Hermann nicht sicher zu belegen, zumal die Inschrift B keine Herkunftsangabe des Gießers enthält. Die Inschrift A, die der Liturgie zur Weihe des Taufwassers entnommen ist und sich daher als Text für diesen Inschriftenträger anbietet, findet sich etwa zur selben Zeit noch einmal auf der Bronzetaufe in St. Peter und Paul in Schneverdingen sowie auf weiteren Bronzetaufen in Nienstedten und Lüdingworth.5) Auch wenn die Schneverdinger Taufe einfacher ausgeführt ist als die Ebstorfer und die Verwendung des liturgischen Textes für ein Taufbecken naheliegt, könnte die Schneverdinger Taufe doch ebenfalls aus der Werkstatt des Hermann stammen, da sie ganz ähnliche auf einem Standring stehende Trägerfiguren aufweist und eine vergleichbare Schriftgestaltung zeigt. Auch in der Schneverdinger Inschrift finden sich die verschränkten V in VIVVS. Allerdings weichen die einzelnen Buchstaben der beiden Inschriften in der Gestaltung voneinander ab.

Textkritischer Apparat

  1. Die beiden V verschränkt.
  2. Über dem A ein Kürzungsstrich, dahinter ein Kürzungszeichen in Form einer arabischen 3.
  3. Zwischen V und M ein Medaillon.
  4. Zwischen N und V ein Medaillon.
  5. Zwischen C und I ein Medaillon.

Anmerkungen

  1. Inv. Nr. EBS Ea 19.
  2. Liturgischer Text, Missale Romanum, De benedictione aquae baptismalis.
  3. Io. 19,19.
  4. Wilhelm Reinecke, Lüneburgs ältestes Stadtbuch und Verfestungsregister. Hannover 1903 (Quellen und Darstellungen zur Geschichte Niedersachsens 8), S. 2. Walter, Glockengießer, S. 768, weist für den Gießer Hermann noch ein weiteres Taufbecken in Siegelsum (Ostfriesland) nach.
  5. Zur Schneverdinger Taufe: Die Kunstdenkmale des Kreises Soltau, bearb. v. Hermann Deckert u. a. Osnabrück 1980 (Kunstdenkmälerinventare Niedersachsens 37), S. 39 u. Tafel 23b. Alle Taufen mit ihren Inschriften bei Albert Mundt, Die Erztaufen Norddeutschlands von der Mitte des XIII. bis zur Mitte des XIV. Jahrhunderts. Leipzig 1908 (Kunstwissenschaftliche Studien 3), S. 73–75, Anm. 14, 30, 31, 46.

Nachweise

  1. Gebhardi, Collectanea, Bd. 1 (MS XXIII, 848), p. 477.
  2. Mithoff, Kunstdenkmale Fürstentum Lüneburg, S. 66.
  3. Albert Mundt, Die Erztaufen Norddeutschlands von der Mitte des XIII. bis zur Mitte des XIV. Jahrhunderts. Leipzig 1908 (Kunstwissenschaftliche Studien 3), S. 73–75, Anm. 46.
  4. Michael, Ausstattung, S. 190f.

Zitierhinweis:
DI 76, Lüneburger Klöster, Nr. 2 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di076g013k0000209.