Inschriftenkatalog: Lüneburger Klöster
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 76: Lüneburger Klöster (2009)
Nr. 1a Kloster Wienhausen 12./13. Jh.
Diese Katalognummer liegt nur in der Onlinefassung vor (Neufund).
Beschreibung
Reliquie, Unterarmknochen, an einem Ende mit vergoldetem Silberblech gefaßt.1) Um das Silberblech herum ist in zwei Zeilen umlaufend die Reliquienbezeichnung eingraviert.2)
Maße: L.: 10,9 cm; Bu: 0,2–0,3 cm.
Schriftart(en): Griechische Buchstaben
ΤΟΥ ΑΓΙου CÏλΟΥΑ/ΝοΥa)
Textkritischer Apparat
- Das N unvollständig ausgeführt in Form einer Haste mit nach links angesetztem Balken.
Anmerkungen
- Für den Hinweis auf die inschriftlich bezeichnete Reliquie danke ich Frau Prof. Dr. Hedwig Röckelein (Göttingen), die mir freundlicherweise für die Bearbeitung der Inschrift ihre sämtlichen Erkenntnisse zu diesem Stück zur Verfügung gestellt hat. Hedwig Röckelein: Reliquienauthentiken aus dem Kloster Wienhausen. Puppengeschirr und “Griechisches” in Wienhausen. In: Klosterarchiv und Klosterbibliothek. Ein Blick auf die Lüneburger Klöster und darüber hinaus. X. Ebstorfer Kolloquim 2013, hg. v. Wolfgang Brandis u. Hans-Walter Stork. Berlin 2022, S. 227–251, hier S. 244f.
- Die Reliquie fand sich zusammen mit anderen Reliquien in einem Kasten, der auch auf die Reliquien bezogene Cedulae enthält. Die auf den Unterarmknochen bezogene Cedula trägt die Authentik Brachium cum manu nominati s(an)cti alicui(us) de grecia (Arm mit Hand irgendeines namhaften Heiligen aus Griechenland). Dies weist darauf hin, daß der heute erhaltene Unterarmknochen nur einen Teil der ursprünglich aus Arm- und Handknochen bestehenden Reliquie darstellt.
- Für diese Datierung danke ich Herrn Doz. Dr. Andreas Rhoby (Österreichische Akademie der Wissenschaften, Institut für Mittelalterforschung, Abteilung Byzanzforschung, Wien), für die Hilfe bei der Zuordnung der Inschrift zu einem Heiligennamen Herrn Prof. em. Dr. Rainer Stichel (Münster).
- Rhoby (wie Anm. 3) mit Hinweis auf Hippolyte Delehaye (Hg.), Synaxarium ecclesiae constantinopolitanae ... . Propylaeum ad Acta sanctorum Novembris. Brüssel 1902, Sp. 811f.
Zitierhinweis:
DI 76, Lüneburger Klöster, Nr. 1a (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di076g013k00001a3.
Kommentar
Die Inschrift ist insgesamt sehr wenig sorgfältig ausgeführt und damit eine präzisere Datierung erschwert. Die vage zeitliche Einordnung in das 12./13. Jahrhundert3) würde zu der Annahme passen, daß die Reliquie zur ersten Ausstattung des zwischen 1221 und 1229 gegründeten Klosters Wienhausen (vgl. Nr. 1) gehörte. Ein über die Reliquie und die zugehörige Cedula hinausgehender Nachweis auf den heiligen Silvanos im Kloster Wienhausen ließ sich bisher nicht finden. Dadurch ist auch die sichere Identifizierung des Heiligen erschwert. Die Beschriftung in Griechisch deutet auf die Herkunft der Reliquie aus dem byzantinischen Raum. Rhoby schlägt vor, die Reliquie dem wenig bekannten heiligen Silvanos zuzuordnen, der sich dem Christentum zuwandte, nachdem er das Martyrium des Bianor gesehen hatte, und der selbst das Martyrium im lykaonischen Isauropolis erlitt.4) Sein Festtag fällt wie der des heiligen Bianor auf den 10. Juli. Röckelein vermutet, daß die Reliquie durch die Vermittlung eines Kreuzfahrers oder Jerusalempilgers nach Norddeutschland gelangte und dem Kloster möglicherweise durch die Gründerin Herzogin Agnes geschenkt wurde.