Inschriftenkatalog: Lüneburger Klöster

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 76: Lüneburger Klöster (2009)

Nr. 223 Kloster Lüne, Gemeindekirche vor 1635

Hinweis: Die vorliegende Online-Katalognummer ist im Vergleich zum gedruckten Band mit Ergänzungen und Korrekturen versehen. Sie finden diese am Ende des Artikels. [Dorthin springen]

Beschreibung

Rahmen eines Epitaphs,1) in Zweitverwendung Rahmen einer Gedenktafel für Gefallene, die unter der Empore an der Nordwand in der Gemeindekirche hängt. Unten links und rechts auf dem Rahmen Gemälde, links Moses mit Gesetzestafeln in einer Bogennische, darunter Inschrift A, rechts Johannes Baptista, darunter Inschrift B. Auf den Gesetzestafeln des Moses angedeutete hebräische Buchstaben, von denen sich zwar einzelne lesen lassen, die jedoch keinen sinnvollen Text ergeben.2) Darüber auf den geschweiften seitlichen Rahmenteilen mit gemaltem Ohrmuschelwerk die Inschrift C, die beiden letzten Ziffern nachgetragen. Oben an dem Rahmen eine Zahnschnittleiste. Die Buchstaben der Inschriften A–C sind in Gold auf grünem Grund ausgeführt.

Maße: H.: 176 cm; B.: 115 cm; Bu.: 2,5 cm (A, B), 2 cm (C).

Schriftart(en): Kapitalis.

Kloster Lüne [1/5]

  1. A

    LEX ·

  2. B

    EUANGEL(IUM) ·

  3. C

    HOC LUMINE INCEPI A(NN)O 1582 · // HOC LUMINE MORTUUS LUNAE DIEa) A(NN)O 16〈35〉

Übersetzung:

Das Gesetz. (A) Das Evangelium. (B)

In diesem Licht habe ich begonnen im Jahr 1582, in diesem Licht bin ich gestorben zu Lüne am Tag ... im Jahr 1635. (C)

Kommentar

Mit einiger Wahrscheinlichkeit war das Epitaph für den Geistlichen und Dramatiker Friedrich Leseberg bestimmt, auch wenn sich dessen Geburtsjahr nicht ermitteln läßt. Der aus Lüneburg stammende Leseberg immatrikulierte sich 1603 an der Universität Helmstedt3) und wurde 1608 zum Prediger des Klosters Lüne bestellt. Verheiratet war er mit Ilse Lutterloh, der Tochter des Superintendenten Joachim Lutterloh (vgl. Nr. 181). Das genaue Todesdatum Lesebergs, der das Epitaph zu seinen Lebzeiten in Auftrag gegeben haben dürfte, ist nicht bekannt, der ADB zufolge verstarb er im Sommer 1635. Leseberg schrieb lehrhafte, moralisierende Komödien, deren Inhalt laut ADB teilweise aus unerträglich breiten Gesprächen besteht.4) Diese Bewertung läßt sich nachvollziehen, wenn man die außerordentlich geschwätzige Leichenpredigt liest, die Leseberg für die Lüner Domina Dorothea von Meding (Nr. 140) abgefaßt hat.5) Was längere Betrachtungen über die Laster des Saufens, der Hoffart und der Geilheit – offensichtlich Lieblingsthemen des Verfassers – in einer Leichenpredigt für eine in ihrer Lebensführung als äußerst vorbildlich geltende Domina zu suchen haben, dürfte sich auch der zeitgenössischen Leserschaft nicht erschlossen haben.

Textkritischer Apparat

  1. Hinter DIE wurde kein Platz für den Nachtrag des Tages gelassen, der dann auch unterblieb.

Anmerkungen

  1. Ohne Inv. Nr.
  2. Für die Auskunft danke ich Herrn Dr. Jan Dochhorn, Forschungsstelle Septuaginta der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen.
  3. Matrikel Helmstedt, Bd. 1, S. 168,22.
  4. ADB, Bd. 51, S. 670f.
  5. SUB Göttingen, 4° N. IV. 3.
Addenda & Corrigenda (Stand: 26. August 2019):

Nummer: 223 (†) Fundort: Kloster Lüne Datierung: vor 1635 Beschreibung

Epitaph des Friedrich Leseberg. Büttner überliefert sämtliche Inschriften des Epitaphs, von dem heute nur noch die Inschriften A und B sowie Fragmente der Inschrift C erhalten sind. Letztere stand laut Büttner in Verbindung mit der Darstellung eines dreiarmigen Leuchters. Die Inschrift D bezog sich auf die Darstellung des Kruzifixes in einem Feld mit Blumen, zu den Inschriften E–G macht Büttner keine weiteren Angaben. Die auf die Darstellungen von Moses und Johannes Baptista bezogenen, erhaltenen Inschriften A und B verzeichnet Büttner nicht.

Inschrift C ergänzt nach Büttner, D–G nach Büttner.

Maße: Bu.: 2,5 cm (A, B), 2 cm (Fragmente C).

Schriftart(en): Kapitalis (A–C).

  1. A

    LEX

  2. B

    EUANGEL(IUM)

  3. C

    HOC LUMINE INCEPI A(NN)O 1582 · // [Hoc lumine vixi ex coniugio priore videns 6 filias et unicum filium ut et nepotes] // HOC LUMINE MORTUUS LUNAE DIEa) A(NN)O 16<35>

  4. D†

    Ut flos per rorem campo sic membra resurgunt Limo per mortem Christe benigne tuam

  5. E†

    Epitaphium Reverendi doctissimi humanissimique Viri D(omi)n(i) FRIDERICI LESEBERGII Lunaeburgensis Pastoris et Lunae Ephori meritissimi anno aetatis 54 post varios belli et pestis exantlatos labores felicissime denati

  6. F†

    Vixi quem dederat Jesus cursumque peregi1) In coelis vita jam meliore fruens Me schola Cattorum vidit me Julia clara Artes discentem me Witeberga sacras Cum gnato gnatas bis ternas atque nepotes Suffecit primo coniugio ipse Deus Tandem viginti septem cum sede sacrata Sparsissem messes dogmata sancta fide Deposui ut coepi vitam sub numine Jesu Quem docui jam post fata videbo diu Χρονοστιχον BIs bIno IVbare aVgVsto sVb Mense SeLenae EXorto Leseberg transIt aD astra pI(us)

  7. G†

    Omnia ut Luna mutabilia

Übersetzung:

In diesem Licht habe ich begonnen im Jahr 1582. In diesem Licht habe ich gelebt und aus meiner früheren Ehe sechs Töchter und einen einzigen Sohn wie auch Enkel gesehen. In diesem Licht bin ich in Lüne am .. Tag im Jahr 1635 gestorben. (C)

So wie sich die Blume hier aus diesem Feld durch den Tau erhebt, so erheben sich die Glieder aus dem Staub durch deinen Tod, gütiger Christus. (D)

Epitaph des ehrwürdigen, hochgelehrten und hochgebildeten Mannes, des Herrn Friedrich Leseberg, des Lüneburger Pastors und hochverdienten Superintendenten von Lüne, der in seinem 54. Lebensjahr, nachdem er vielfältige Leiden von Krieg und Pest ertragen hatte, sehr glücklich gestorben ist. (E)

Mein Leben ist zu Ende. Ich habe den Lauf vollendet, den Jesus mir zugedacht hatte, und genieße jetzt im Himmel ein besseres Leben. Mich hat die Schule der Hessen und die berühmte Universität Helmstedt und Wittenberg die heiligen Wissenschaften studieren sehen. Meine erste Ehe hat Gott mit einem Sohn, sechs Töchtern sowie Enkeln versehen. Als ich schließlich auf dem geheiligten Platz (des Pastors) die heilige Lehre im Glauben über 27 Jahre ausgestreut hatte, habe ich das Leben, wie ich es begonnen hatte, unter dem Walten Jesu aufgegeben. Ihn, den ich verkündet habe, werde ich nach dem Tod für lange Zeit sehen. Chronostichon: Als die Sonne am vierten Tag des Monats August in Lüne aufgegangen war, stieg der fromme Leseberg zu den Sternen empor. (F)

Alles ist unbeständig wie der Mond. (G)

Versmaß: Elegische Distichen (B, D), das Chronodistichon (D) ergibt die Jahreszahl 1636.

Textkritischer Apparat

  1. Die Tagesangabe, die nicht nachgetragen wurde, lässt Büttner aus.

Anmerkungen

  1. 1.Vgl. Vergil, Aeneis 4,653: vixi et quem dederat cursum Fortuna peregi.
Nachweise: StA Lüneburg, ND Büttner, Nr. 19, Inscriptiones.

Zitierhinweis:
DI 76, Lüneburger Klöster, Nr. 223 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di076g013k0022308.