Inschriftenkatalog: Lüneburger Klöster

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 76: Lüneburger Klöster (2009)

Nr. 143† Kloster Medingen 1588

Beschreibung

Epitaph der Domina Gertrud Töbing. Das Epitaph befand sich im Kreuzgang in unmittelbarer Nähe zum Begräbnisplatz (vgl. Nr. 144).1)

Inschriften nach Lyßmann.

  1. A

    Epitaphium reverendissimae Abbatissae in Meding D(ominae) Gertrudis Töbinges natae a(nn)o Christi 1548 pie vero defunctae a(nn)o 1588

  2. B

    Ex Töbingorum Gertrudis stemmate nataCui genitor Lunae Consul in urbe fuitMortalis vitae quatuor bis lustra recensensOccidit at vivit spiritus ante DeumCujus in his terris vero flagravit amoreQuem cunctis mundi praeposuitque bonisIllius et quicquid verum spectabat honoremEffectum summa sedulitate deditViginti nondum vitae confecerat annosQuando Abbatissae nomina digna subitHoc et in officio totidem confecerat annosExtremum quando clausit in orbe diemPraestitit interea summa pietate fidequeMunia et ante homines debita et ante DeumIrrigat ergo piis lacrymis sua lumina coetusRectricem tantam dum periisse doletSed numquid periit cui tot bona morte relictaFama bona ante homines vita pia ante DeumAnte Deum quodsi mors est pretiosa piorumHujus erit coram mors pretiosa Deo

Übersetzung:

Epitaph der ehrwürdigsten Äbtissin in Medingen, der Domina Gertrud Töbing, geboren im Jahr Christi 1548, aber fromm verstorben im Jahr 1588. (A)

Die aus der Familie Töbing stammende Gertrud, deren Vater Bürgermeister in der Stadt Lüne(burg) war, starb, als sie vierzig Jahre des sterblichen Lebens zählte, aber ihr Geist lebt vor Gott, zu dem sie in wahrer Liebe auf dieser Erde entbrannte und den sie über alle Güter der Welt setzte. Und was auch immer auf seine wahre Ehre zielte, das vollbrachte sie mit größtem Eifer. Sie hatte noch nicht zwanzig Lebensjahre beendet, als sie den würdigen Titel der Äbtissin übernahm, und in diesem Amt hatte sie ebensoviele Jahre vollendet, als sie den letzten Tag auf der Welt beschloß. Inzwischen erfüllte sie mit größter Frömmigkeit und Treue ihre Pflichten gegenüber den Menschen und ihre Schuldigkeit gegenüber Gott. Daher überschwemmt der Konvent mit frommen Tränen seine Augen und trauert, daß eine solche Leiterin gestorben ist. Aber ist etwa wirklich gestorben, wem bei seinem Tod so viele Güter erhalten bleiben: ein guter Ruf bei den Menschen, ein frommes Leben vor Gott. Wenn also der Tod der Frommen vor Gott kostbar ist, wird jedenfalls ihr Tod vor Gott kostbar sein. (B)

Versmaß: Elegische Distichen (B).

Kommentar

Gertrud Töbing wurde 1548 als Tochter des Lüneburger Bürgermeisters Georg Töbing und seiner Ehefrau Gertrud Semmelbecker geboren2) und schon 1567 zur Domina des Klosters Medingen gewählt. Sie wurde als erste Domina in Medingen vom Landesherrn bestätigt und nicht mehr vom Verdener Bischof eingesetzt. Für ihre Wahl war laut Lyßmann von Bedeutung, daß ihr Vater in seiner Position als Lüneburger Bürgermeister das Kloster maßgeblich förderte. Gertrud Töbing gelang es in direkter Verhandlung mit dem Landesherrn Herzog Wilhelm, eine Rückgabe des 1542 in den Auseinandersetzungen um die Durchführung der Reformation eingezogenen Klostervermögens zu erreichen.3)

Anmerkungen

  1. Vgl. den Lageplan bei Gebhardi, Collectanea, Bd. 7 (MS XXIII, 855), p. 626, Nr. 55.
  2. Büttner, Genealogiae, Stammtafel Töbing IV.
  3. Lyßmann, Medingen, S. 160f.

Nachweise

  1. Lyßmann, Medingen, S. 161.

Zitierhinweis:
DI 76, Lüneburger Klöster, Nr. 143† (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di076g013k0014305.