Inschriftenkatalog: Lüneburger Klöster

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 76: Lüneburger Klöster (2009)

Nr. 141 Kloster Lüne um 1587

Beschreibung

Deckenmalerei in der Barbarakapelle. Die schon 1662 von einer neuen Ausmalung (vgl. Nr. 266) überdeckte Renaissancemalerei wurde bei der Renovierung der Barbarakapelle im Jahr 2007 entdeckt und freigelegt. In den fünf Zwickelfeldern des östlichen Abschlusses gemalte ovale Rollwerkkartuschen mit Darstellungen der Gaben des Heiligen Geistes. In der mittleren Kartusche der Heilige Geist in Gestalt der Taube umgeben von einem Strahlenkranz und Engelsköpfen. Die linke Kartusche zerstört, vermutlich ehemals mit einer Darstellung des Spiritus pietatis, die zweite Kartusche von links mit der Darstellung des Spiritus sapientiae in Gestalt einer auf einem Sockel stehenden Frauenfigur mit einem Zweig in der Rechten, über ihr in einem Strahlenkranz die Taube, zu beiden Seiten des Kopfes die Inschrift A, auf dem Sockel die Inschrift B. In der vierten Kartusche in derselben Art der Spiritus Scientiae mit der Inschrift C über dem Kopf, auf dem Sockel die weitgehend zerstörte Inschrift D. In der fünften Kartusche ebenfalls eine Frauenfigur mit Zweig unter der Taube, über ihrem Kopf die Inschrift E, unten auf dem Sockel die nur noch schemenhaft zu erkennende Inschrift F. Alle Inschriften in Schwarz auf weißem Grund. Über den Kartuschen Engelsköpfe, unterhalb der Kartuschen musizierende Engel und Einhörner. Bei dem als Malereifragment erhaltenen Geweih unterhalb der Kartusche im letzten Feld könnte es sich um den Hirsch gehandelt haben, den die Äbtissin Dorothea von Meding im Wappen führte; möglicherweise war hier ihr Wappen angebracht.

Maße: Bu.: ca. 5 cm (A, C, E), ca. 4 cm (B, D, F).

Schriftart(en): Kapitalis (A, C, E), Fraktur (B, D, F).

Kloster Lüne [1/3]

  1. A

    SAPIENTIA

  2. B

    Geist der Wiß/heit

  3. C

    SCIENTIA

  4. D

    Ge[ist d]es / wi[ssen]ß

  5. E

    ARTIFICIVM

  6. F

    Geist des Kunst/wercks

Kommentar

Die Kapitalis der Tituli zeigt sehr sorgfältig ausgeführte, wohlproportionierte Buchstaben mit Haar- und Schattenstrichen. Die Datierung beruht auf der inschriftlich dokumentierten Einrichtung des Grabgewölbes unterhalb der Barbarakapelle im Jahr 1587 (vgl. Nr. 140), mit der eine Umgestaltung der Kapelle einherging. Es ist wahrscheinlich, daß Dorothea von Meding das Gewölbe in diesem Zusammenhang ausmalen und die allegorischen Darstellungen – möglicherweise auch ihr Wappen (s. o.) – anbringen ließ. Eventuell bezieht sich das in einer Inschrift von 1662 genannte Datum 1589 auf die Ausmalung der Kapelle (vgl. Nr. 266, Inschrift C). Bei den Frauenfiguren in den Kartuschen handelt es sich um eine deutlich von der Renaissance geprägte und um den Spiritus artificii erweiterte Variante der Darstellung der Sieben Gaben des Heiligen Geistes – hier aus Platzgründen auf vier Gaben reduziert –, die bereits im Mittelalter verbreitet war1) und auf die Bibelstelle Is. 11,2 zurückgeht: spiritus sapientiae et intellectus, spiritus consilii et fortitudinis, spiritus scientiae et pietatis ... spiritus timoris Domini.

Anmerkungen

  1. Vgl. LCI, Bd. 2, S. 71f.

Zitierhinweis:
DI 76, Lüneburger Klöster, Nr. 141 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di076g013k0014101.