Inschriftenkatalog: Lüneburger Klöster

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 76: Lüneburger Klöster (2009)

Nr. 140 Kloster Lüne 1587, 1634

Beschreibung

Grabplatte der Domina Dorothea von Meding.1) Stein. Die hochrechteckige Grabplatte liegt im Fußboden der Barbarakapelle über der Gruft. In den vier Ecken vertiefte runde Felder mit je einem Vollwappen darin, auf den Rahmenleisten die Wappenbeischriften A. Zwischen Linien verläuft die Inschrift B unterbrochen von den Wappenfeldern um den Stein, im Innenfeld umlaufend die später nachgetragene Inschrift C, in der Mitte des Innenfeldes in einer Kartusche im vertieften runden Feld das Vollwappen der Verstorbenen, auf der Rahmenleiste darum die Inschrift D. Alle Inschriften sind eingehauen.

Maße: H.: 201 cm; B.: 99 cm; Bu.: 3,5 cm (A), 4,5 cm (B, C), 5 cm (D).

Schriftart(en): Kapitalis.

Kloster Lüne [1/1]

  1. A
    VAN OBBERSHVSENa) BARSBEKE 
    VAN DEM BARG RANTZOW 
  2. B

    A(NN)O 1587 / FECIT VENERABILIS DOMINA DOROTEA A / MEDING / HANC TESTVDINEM EDIFICARE

  3. C

    〈NATA 1549 / IN COENOB(IUM) LÜNENSE ASSUMTA 1560 / D(OMI)NA ELECTA / 1580 / IN CHRISTO PIE DENATA 1634 . AETAT(IS) . 85 .〉

  4. D

    SI DEVS PRO NOBIS · QVIS CONTRA NOS · ROM 8 · 2)

Übersetzung:

Im Jahr 1587 ließ die ehrwürdige Domina Dorothea von Meding dieses Gewölbe errichten. (B)

Sie wurde 1549 geboren, 1560 in das Kloster Lüne aufgenommen, 1580 zur Domina gewählt, sie starb fromm in Christus 1634 im 85. Lebensjahr. (C)

Wenn Gott für uns ist, wer (kann da) gegen uns (sein). (D)

Wappen:
Meding
OppershausenBarsbeke3)
von dem BergeRantzow

Kommentar

Die Inschrift C zeigt U-Schreibung im Gegensatz zu den Inschriften A, B und D, die durchgängig die ältere V-Schreibung aufweisen. Auch die Ausführung der N mit leicht geschwungener linker Haste in Inschrift C unterscheidet sich von der der N mit gerader Haste in den anderen Inschriften. Diese kleinen Indizien belegen ebenso wie die Leichenpredigt für die Domina, daß die Grabplatte bereits 1587 im Zuge der Errichtung der Gruft unterhalb der Barbarakapelle angefertigt und die etwas gedrängt angebrachte Inschrift C nach dem Tod der Domina nachgetragen wurde.4) Das Grabgewölbe ließ die erst 1634 verstorbene Dorothea von Meding der Inschrift B zufolge bereits lange Zeit vor ihrem Tod erbauen. Ihr Sarg (Nr. 220) war der älteste unter den dort aufgestellten Särgen. Im Zusammenhang mit der Errichtung der Gruft erhielt die Barbarakapelle einen neuen Türdurchbruch zum Kreuzgang und die hölzerne Türeinfassung mit Namen und Wappen der Domina (Nr. 142), Wappenscheiben in den Fenstern (Nr. 139) und wohl auch eine neue Ausmalung (Nr. 141). Die Bemalung des Grabgewölbes (Nr. 267) ist nicht bei Einrichtung der Gruft, sondern erst längere Zeit nach dem Tod der Dorothea von Meding im Jahr 1662 auf Veranlassung ihrer Nichte Dorothea Elisabeth von Meding ausgeführt worden. Ihr Bekenntnis zur evangelischen Lehre betonte die Domina durch die Wahl eines als protestantische Devise verwendeten Bibelspruchs (D) für ihre Grabplatte, dem durch die Plazierung an zentraler Stelle besonderer Nachdruck verliehen wird.

Daß Dorothea von Meding am 25. Mai 1549 als Tochter des Franz von Meding und der Dorothea von Daldorf geboren wurde, läßt sich so nicht mit der Ahnenprobe auf der Grabplatte vereinbaren,5) die der Ahnenfolge auf der Schenkschieve Nr. 193 zufolge die Wappen der Ur- und Ururgroßmütter väter- und mütterlicherseits wiedergibt. Im Jahr 1560 wurde Dorothea von Meding als Lehrkind in das Kloster Lüne aufgenommen, der Zeitpunkt ihrer Einkleidung ist nicht überliefert. Im Alter von fast 13 Jahren, zwei Jahre nach ihrem Eintritt ins Kloster, hatte Dorothea von Meding eine Vision des Kruzifixes in den Wolken, die ein nach ihrem Tod angefertigtes Gemälde (Nr. 221) illustriert. Das in ihrem zehnten Amtsjahr als Domina angefertigte Porträt Nr. 145 von 1590 zeigt Dorothea von Meding in Ganzfigur stehend und unterscheidet sich damit von den üblichen Äbtissinnenporträts ebenso wie durch die rühmende Inschrift in lateinischen Versen. Nicht nur dieses Porträt, sondern die verschiedenen auf die Domina verweisenden Inschriften im Kloster Lüne in ihrer Gesamtheit zeigen diese als sehr selbstbewußte und gleichzeitig fest in ihrem Glauben verankerte Persönlichkeit. Nach ihrem Tod 1634 entbrannte um das Erbe der Domina ein Streit zwischen den Kindern ihrer Schwester und den Kindern ihres Bruders, die zunächst auch noch die Magd der Dorothea von Meding, Margaretha Pilcken, verdächtigten, sich einen Teil des Erbes aneignen zu wollen. Der Streit war 1638 noch nicht entschieden.6)

Textkritischer Apparat

  1. S retrograd.

Anmerkungen

  1. Inv. Nr. LÜN Dc 3.
  2. Rm. 8,31.
  3. Wappen Barsbeke (Barsch).
  4. Leichenpredigt, SUB Göttingen, 4° N. IV. 3. Dort wird erwähnt, daß Dorothea von Meding ihre Grabplatte schon zu Lebzeiten zusammen mit dem Grabgewölbe anfertigen ließ. Der Leichenpredigt zufolge war die Grabplatte zunächst an der Wand aufgerichtet.
  5. Leichenpredigt, SUB Göttingen, 4° N. IV. 3, so auch Geschichte des Geschlechts Meding, S. 254. Als Großmutter väterlicherseits nennt die Leichenpredigt Gisela von Plate, als Urgroßmutter Adelheid von Oppershausen, als Großmutter mütterlicherseits Versilia von Alefeld und als Urgroßmutter Dorothea von Barsbeke. Die Familien von dem Berge und Rantzow kommen erst in der Ururgroßelterngeneration vor. Vgl. Nr. 193.
  6. HSTA Hannover, Hann. 113 III, Nr. 13543, fol. 17–54.

Zitierhinweis:
DI 76, Lüneburger Klöster, Nr. 140 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di076g013k0014004.