Inschriftenkatalog: Lüneburger Klöster

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 76: Lüneburger Klöster (2009)

Nr. 124a† Kloster Lüne 1566

Diese Katalognummer liegt nur in der Onlinefassung vor (Neufund).

Beschreibung

Epitaph des Sigbert Grunge. Büttner, der die Inschriften überliefert, macht zur Lokalisierung und Gestaltung des Grabdenkmals keine Angaben.

Inschriften nach Büttner.

  1. A

    Obiit XXIII. Junij in vigilia Johannis Bapt(istae) Anno MDLXVI

  2. B

    Non procul hinc recubant Sigeberti corpus et ossaGrungenii propere quem fera Parca tulitSoltquellensis erat Patria ludumque ibi rexita)Et cum Barstmanno pavit ovile DeiExilium passus cum quo ne stulta subiretNaenia circuitus cermoniasque PapaeIncertis Franciscus Otho Dux inclytus illumSedibus errantem pro pietate suaColligit et parochum templo praefecit eundemCoenobii Lunae virginibusque sacrisQuarum aliquot vero convertit dogmate ChristiHuic primo dederat talia dona DeusBis senos fuit hic annos Lux unaque sanctiMuneris auspicium fataque moesta deditCorpus in hoc tumulo dormit mens sidera coeliUnde orta est Christo sed mediante colitMitte pios nobis mitissime Christe ministrosEt rege per verbum pectora nostra tuum

Übersetzung:

Er starb am 23. Juni, am Tag vor dem Fest Johannes des Täufers im Jahr 1566. (A)

Nicht weit von hier ruhen Leichnam und Gebeine des Sigbert Grunge, den die herzlose Parze eilends hinweggenommen hat. Sein Heimatort war Salzwedel, dort leitete er die Schule und weidete die Herde Gottes gemeinsam mit Barstmann, mit dem er das Exil auf sich nahm, um nicht die törichten Possen, Prozessionen und Zeremonien des Papstes über sich ergehen lassen zu müssen. Als er mit unsicheren Wohnsitzen unstet umherzog, nahm ihn der berühmte Herzog Franz Otto in seiner Güte an sich und setzte ihn als Pastor an die Spitze der Kirche von Kloster Lüne und der Nonnen, von denen er einige durch die wahre Lehre Christi bekehrte. Ihm als erstem hatte Gott solche Gaben verliehen. Zweimal sechs Jahre war er hier, und ein und derselbe Tag hat ihm den feierlichen Antritt seines heiligen Amtes und auch den traurigen Tod gebracht. Sein Leib schläft in diesem Grab, doch seine Seele bewohnt durch die Vermittlung Christi den Himmel, von wo sie ausgegangen ist. Schicke uns, gütigster Christus, fromme Diener, und lenke unsere Herzen durch dein Wort. (B)

Versmaß: Elegische Distichen (B).

Kommentar

Der aus Salzwedel stammende Sigbert Grunge immatrikulierte sich am 11. Juni 1540 an der Universität Wittenberg.1) Der Inschrift zufolge kehrte er später in seinen Heimatort zurück und war dort als Lehrer tätig, bevor er im Jahr 1555 das Amt des Pastors in Lüne übernahm,2) laut seiner Grabschrift zu einer Zeit, als sich durchaus noch nicht alle Konventualinnen dem Protestantismus zugewandt hatten. Das bestätigt auch die im selben Jahr durch den Herzog Franz Otto erlassene Klosterordnung, durch die besonders der Empfang des Abendmahls in beiderlei Gestalt, die Festlegung der Liturgie für die Stundengebete und die Messe sowie das Leben in den Lüneburger Frauenklöstern geregelt wurden.3)

Textkritischer Apparat

  1. Verbessert aus direxit.

Anmerkungen

  1. Matrikel Wittenberg, Bd. 1, S. 181a.
  2. Meyer, Pastoren, Bd. 2, S. 99.
  3. Klosterordnungen gedr. in Emil Sehling (Hg.): Die evangelischen Kirchenordnungen, Bd. 6,1, Tübingen 1955, S. 609–618.

Nachweise

  1. StA Lüneburg, ND Büttner, Nr. 19, Inscriptiones. – Lucas Lossius, Epitaphia Principum Ducum Nobilium et praecipuorum Ecclesiae ... aliorumque Virorum in Saxonia inferiore illustrium ... . Wittenberg 1580 (urn:nbn:de:gbv:3:1-147630), S. 108f. (nur B).

Zitierhinweis:
DI 76, Lüneburger Klöster, Nr. 124a† (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di076g013k00124a7.