Inschriftenkatalog: Stadt Lemgo

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 59: Lemgo (2004)

Nr. 145 Städtisches Museum 2. H. 16. Jh.

Beschreibung

Vier Brüstungsbretter mit Bildnissen Philipp Melanchthons, Martin Luthers und der Apostel Petrus und Jacobus der Jüngere aus einem größeren Bildprogramm.1) Öl auf Holz, ohne Grundierung, Farben stellenweise aufgelöst, auf den Rückseiten Reste einer weißen Fassung. Die Bretter weisen Sprünge und Ausbrüche an den Rändern auf, das Brett mit der Darstellung des Petrus ist oben links beschnitten. Die ungerahmten hochrechteckigen Holztafeln, die nach dem Inventarverzeichnis möglicherweise aus der Marienkirche stammen, zeigen die Dargestellten jeweils in Halbfigur. Melanchthon und Luther sind hinter einer niedrigen Brüstung dargestellt, auf der ihr Name steht (A, B). Die Beischrift des Melanchthon ist nur noch fragmentarisch erhalten. Auf der Rückseite des Luther-Bildnisses befinden sich im oberen Drittel eine Hausmarke2), darunter der zugehörige Name sowie Initialen als Graffiti (C). Die Petrus-Tafel zeigt den Apostel mit Schlüssel, darüber der Titulus D; den unteren Abschluß bildet eine querformatige Rollwerkkartusche mit Fruchtgehänge, die einen Satz des Apostolischen Glaubensbekenntnisses trägt (E). Auf der Jacobus-Tafel über dem Apostel der Titulus F; darüber die nur noch fragmentarisch erhaltene Inschrift G, ebenfalls Teil des Glaubensbekenntnisses. Auf dem Mantel des Jacobus Namen in Form von Graffiti (H), auf der Rückseite der Tafel weitere Namen und Initialen als Graffiti (I). Einzelbuchstaben auf der Rückseite der Tafeln sind hier nicht wiedergegeben. Die Graffiti sind eingeritzt.

Maße: H. 108,5 cm; B. 54–56,5 cm (Melanchthon, Luther, Petrus). H. 99 cm; B. 43 cm (Jacobus). Bu. 1,5 cm (A, E, G), 2 cm (B, F), 2,2 cm (D), 1,5–3 cm (C, H, I).

Schriftart(en): Fraktur (A, B, E, G), Kapitalis (C, D, F, I), Kapitalis mit Minuskeln (H).

AWK NRW, Arbeitsstelle Inschriften [1/8]

  1. A

    P[hilippus M]e[l]anc[hthon]

  2. B

    D(octo)r Mart(in) Luther

  3. C

    HERMANNVS BRAVTLACHT // IEV // HH

  4. D

    PETRVS

  5. E

    Ick gelove an godt vader [...] / almechtigen Schipper Himmels / undt der Erden 3)

  6. F

    IACOB DER KLE[INE]

  7. G

    Ich gelove eyne hyllige Mei(n)scha[ – – – ]ne / der Hylligen 3)

  8. H

    IOH M . R // HENRICVS HorekeR // Henrik DE MOlleR // JOH . VELT

  9. I

    FWH // BCH // GMH // BACH // SCHUSTE[.] // HH

Übersetzung:

Ich glaube an Gottvater, den allmächtigen Schöpfer des Himmels und der Erde. (E)

Ich glaube an eine heilige Gemeinschaft ... der Heiligen. (G)

Kommentar

Vermutlich bestand das Bildprogramm ursprünglich aus Darstellungen der zwölf Apostel, auf die sich die Sätze des Glaubensbekenntnisses verteilten, und aus einer unbestimmten Anzahl von Reformatorenbildnissen. Da die mit Bibelversen und Wappen versehenen Brüstungstafeln Nr. 144 dieselben Maße aufweisen wie die Apostel- und Reformatorentafeln, ist davon auszugehen, daß sie in denselben Zusammenhang gehörten.

Bei Hermann Brautlacht dürfte es sich um das gleichnamige Mitglied des Kaufmannsamtes und den Ratsherrn handeln, der 1580 das Haus Breite Straße 67 erbaute und 1618 starb (vgl. Nr. 88). Das von ihm ausgeführte Graffito kann kaum einen Anhaltspunkt zur Datierung der Tafeln geben, da diese schon längere Zeit vor dessen Anbringung entstanden sein können.

Anmerkungen

  1. Inv.Nr. 81/843–846 (Magazin).
  2. Hausmarke in Form einer HB-Ligatur, aus dem gemeinsamen Schaft der obere Teil der Hausmarke Brautlacht (Hausmarke BKD Lemgo, S. 975, Nr. 35 u. 35a) hervorwachsend.
  3. Satz aus dem Apostolischen Glaubensbekenntnis.

Zitierhinweis:
DI 59, Lemgo, Nr. 145 (Hans Fuhrmann, Kristine Weber, Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di059d006k0014505.