Inschriftenkatalog: Stadt Lemgo

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 59: Lemgo (2004)

Nr. 84 Süsterhaus, Im Rampendal 20a 1576

Beschreibung

Steinquader mit Inschriften. Am Strebepfeiler an der Nordwestecke des Süsterhauses sind auf zwei Quadern ein Sterbevermerk (A) und eine Grabbezeugung (B) angebracht. Beide Inschriften sind zeilenweise eingehauen, die Buchstaben mit schwarzer Farbe hervorgehoben.

Maße: Bu. 4–5,5 cm (A), 5–6 cm (B).

Schriftart(en): Kapitalis.

AWK NRW, Arbeitsstelle Inschriften [1/4]

  1. A

    ANNO DOMINI 1576 / MORIEBATVR VLTIMA / HVIVS CONVENTVS / VIRGO KATRINA / GOSTINGESZa)

  2. B

    VLTIMVS / HERMANNVS / DOMINVSQ(VE) / PATERQ(VE) SORO/RVM SEGER/VSb) MORIENS HAC / REQVIESCIT / HVMO

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1576 starb die letzte Jungfrau dieses Konvents, Katharina Gostinges. (A)

Als letzter Herr und Vater der Schwestern ruht Hermann Seger im Tode in dieser Erde. (B)

Versmaß: Elegisches Distichon (B).

Kommentar

Der charakteristische Schriftduktus beider Inschriften läßt zweifelsfrei darauf schließen, daß sie gleichzeitig entstanden sind. Es handelt sich um eine unregelmäßig ausgeführte, teilweise rechtsgeneigte Kapitalis.

Die in den Jahren 1504 bis 1507 erbaute Kapelle der Augustiner-Kanonessen befindet sich nördlich der abgerissenen Konventsgebäude, an deren Stelle später die Häuser Im Rampendal 20–28 traten. Durch einschneidende Umbauten für eine profane Nutzung wurde der kleine, ursprünglich einschiffige Bau mit fünfseitig schließendem Ostchor stark verändert. Die ehemalige Baugestalt ist heute noch an der Gliederung des Äußeren durch die vorspringenden Strebepfeiler erkennbar.1) Hier brachte man vermutlich unmittelbar nach dem Tod der Katharina Gostinges die Inschriften zur Erinnerung an die letzte Nonne und den letzten Priester des Klosters an. Katharina Gostinges konnte zusammen mit den anderen Nonnen nach der Reformation im Kloster verbleiben. Nach ihrem Tod wurde die Kapelle umgebaut und diente seit 1583 als Gymnasium. Der letzte Priester des Klosters, Hermann Seger, ist in den Jahren 1515 bis 1520 in dieser Funktion nachzuweisen.2) Er wird zum Zeitpunkt der Anbringung der Inschrift bereits seit vielen Jahren verstorben gewesen sein.

Textkritischer Apparat

  1. Der letzte Buchstabe möglicherweise kein Z, sondern ein abschließendes Zeichen.
  2. V vor der Zeile nachgetragen, nur schwach eingeritzt.

Anmerkungen

  1. Zur Baugeschichte: BKD Lemgo, S. 355–359, hier 356f. Zur Geschichte des Konvents: Stöwer, Süsterhaus, bes. S. 52f., u. Gerlach, Archidiakonat, S. 157–171, bes. S. 168f.
  2. Dreves, Geschichte, S. 388. Butterweck, Landeskirche, S. 31.

Nachweise

  1. Preuß, Alterthümer2, S. 48.
  2. Butterweck, Landeskirche, S. 31.
  3. Rädeker, Häuser, S. 68.
  4. BKD Lemgo, S. 359 mit Abb. 398.

Zitierhinweis:
DI 59, Lemgo, Nr. 84 (Hans Fuhrmann, Kristine Weber, Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di059d006k0008409.