Inschriftenkatalog: Stadt Lemgo

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 59: Lemgo (2004)

Nr. 62 Papenstr. 24 vor 1567?

Beschreibung

Reliefstein. Zweigeschossiges Steinhaus mit schlichtem Dreiecksgiebel und traufenständig anschließendem Nebengebäude. An der Straßenfront und der östlichen Hofseite des verputzten Bruchsteingebäudes mit Werksteingliederung wurde 1974 der historische Streifenputzdekor wiederhergestellt. Die nach Norden gewandte Fassade besitzt rechts einen zweigeschossigen Erker, dessen Untergeschoß dem bereits vorhandenen Erker aus der Mitte des 16. Jahrhunderts um 1660/70 hinzugefügt wurde. Sein älteres, reicher gestaltetes Obergeschoß aus gelblichem, rotbraun gefaßtem Sandstein ist übergiebelt und mit Reliefschmuck versehen.1) Um diese obere Erkerbrüstung herum sind acht Vollwappen angeordnet: vier an der Front, zwei an den Schmalseiten und zwei weitere daneben auf gleicher Höhe an der Hauswand. Den Erker bekrönen drei halbrunde, muschelgefüllte Giebel, der größere in der Mitte überfängt eine verwitterte Relieftafel, darauf Justitia mit Waage und Schwert, links neben der Figur der zugehörige Titulus, in erhabenen Buchstaben und in Grün auf Sandsteinrot gefaßt.

Maße: Bu. 7–10 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

  1. IVS/TIC/IA

Wappen:2)
Kerssenbrock3)Alten4)
Weyhe5)Mahrenholtz6)
Möllenbeck7)Bussche8)
Klencke9)Alvensleben10)

Kommentar

Kennzeichnend für die Kapitalis sind: Sporenbildung, A mit gebrochenem Mittelbalken, schräg, fast querliegendes S mit größerem oberen Bogen, flachbogiges schrägliegendes C.

Bauherr des Hauses war Franz d. J. von Kerssenbrock (1524–76), dessen Vater Franz d. Ä. († 1549) seit 1532 als Eigentümer der Hausstätte Papenstr. 24 belegt ist. Die Datierung des Adelshofes basiert auf der Tatsache, daß sich die am Erker angebrachte Ahnenprobe allein auf die Person Franz d. J. von Kerssenbrock bezieht, der 1567 Anna von Canstein ehelichte und bereits 1576 starb (vgl. Nr. 87).11) Es ist daher zu vermuten, daß das Haus vor der Eheschließung gebaut worden ist.

Anmerkungen

  1. Zu Baugeschichte und -befunden des 16./17. Jahrhunderts vgl. BKD Lemgo, S. 627–642, S. 634f. zu den Steinmetzzeichen.
  2. Die Abfolge setzt sich jeweils von der Mitte aus nach links und rechts fort. Sie entspricht der sechzehnteiligen Ahnenprobe am 1578 datierten Epitaph für Franz d. J. von Kerssenbrock in der Lemgoer Nikolaikirche (Nr. 87). Zum Wappenschmuck am Erker Papenstr. 24 und am Kerssenbrock-Epitaph vgl. Stöver, Denkmäler, S. 81 u. S. 83–85.
  3. Wappen Kerssenbrock vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 29; Bd. 2, Tafel 73.
  4. Wappen Alten vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 3 u. Tafel 6.
  5. Wappen Weyhe vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 9, S. 18 u. Tafel 19 (Weyhe I).
  6. Wappen Mahrenholtz vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 9, S. 12 u. Tafel 13.
  7. Wappen Möllenbeck vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 90; Bd. 2, Tafel 219 (Möllenbeck I).
  8. Wappen Bussche vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 25 u. Tafel 58 (Bussche II, Bussche zu Gesmold).
  9. Wappen Klencke vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 31; Bd. 2, Tafel 77.
  10. Wappen Alvensleben vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 3, Abt. 7, S. 1 u. Tafel 1.
  11. Dedo von Kerßenbrock-Krosigk, Die Höfe des Franz von Kerßenbrock und der Anna von Canstein in Lemgo und Barntrup. In: Der Adel in der Stadt des Mittelalters und der Frühen Neuzeit, Marburg 1996 (Materialien zur Kunst- und Kulturgeschichte in Nord- und Westdeutschland 25), S. 169–178, hier S. 169 u. 171 (mit der älteren Literatur) folgt der Datierung auf die Zeit um 1565 in den BKD Lemgo, S. 627. Stöver, Denkmäler, S. 84, datiert mit Verweis auf Akten um 1560.

Nachweise

  1. BKD Lemgo, S. 631.

Zitierhinweis:
DI 59, Lemgo, Nr. 62 (Hans Fuhrmann, Kristine Weber, Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di059d006k0006209.