Inschriftenkatalog: Stadt Lemgo

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 59: Lemgo (2004)

Nr. 54† Papenstr. 22 1562

Beschreibung

Steinerner Torbogen. Zweigeschossiges traufenständiges Haus, das Erdgeschoß massiv, das Obergeschoß Fachwerk, an der Straßenfront rechts eine Hofdurchfahrt. Das Obergeschoß wurde um 1860/70 im Gefüge verändert und verputzt. Dabei wurden die mit Fächerrosetten geschmückten Brüstungstafeln beseitigt. Die erhaltenen Zierschnitzereien an Ständern, Balken und Füllbrettern wurden 1948 freigelegt und restauriert.1) Das rundbogige Hoftor trägt am Schlußstein seines profilierten Werksteingewändes aus gelblichem Sandstein die erneuerte Jahreszahl, neben deren flach eingetieftem Schriftfeld rechts ein Steinmetzzeichen2) eingehauen ist. Rechts vom Torbogen im Relief ein Vollwappen.

Inschrift nach der Kopie am Bau.

AWK NRW, Arbeitsstelle Inschriften [1/1]

  1. 1562.

Wappen:
Oeynhausen3)

Kommentar

Im Jahr 1562 ließ Gerlach III. von Kerssenbrock (erwähnt 1559, † 1605) aus der Mönchshofer Linie der Familie Kerssenbrock das bestehende Gebäude errichten.4) Schon 1553 hatte er den Hof an der Papenstraße von seinem Vater Arndt geerbt. Seit 1560 war Gerlach III. mit Lucia von Oeynhausen verheiratet, deren Wappen rechts vom Tor erhalten ist.5) Auf dem Nachbargrundstück Nr. 24 entstand etwa zeitgleich, um 1560/65, auch für seinen Vetter Franz d. J. aus der Barntruper Linie (vgl. Nr. 62 u. 87) ein Stadtwohnsitz. Die beiden Kerssenbrockschen Höfe an der Papenstraße gehören zur relativ großen Anzahl von Adelshöfen, die während der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts innerhalb der Stadt Lemgo errichtet wurden.6) Vorbild für den Bautyp, das langgestreckte Traufenhaus mit rechtsseitiger Toreinfahrt und Fachwerk-Obergeschoß auf massivem Unterbau, war der 1560 datierende Donopsche Hof an der Echternstr. 6/8 (Nr. 50 u. 51).

Anmerkungen

  1. Vgl. BKD Lemgo, S. 625f., u. Gaul, Zierschnitzereien, S. 60f.
  2. BKD Lemgo, S. 635, Nr. 7.
  3. Wappen Oeynhausen vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 95; Bd. 2, Tafel 230.
  4. BKD Lemgo, S. 625. Kaspar, Bauen, S. 197: Der steinerne Unterbau und das Fachwerk-Obergeschoß entstanden vermutlich zeitgleich. Gaul, Zierschnitzereien, S. 60: Das Steinmetzzeichen des Torbogens ist auch an anderen Lemgoer Bauten zwischen 1556 und 1562 nachweisbar, wodurch die kopial überlieferte Jahreszahl als Baujahr bestätigt wird.
  5. Zur Herkunft des Bauherrn und frühen Besitzgeschichte des Hofes: BKD Lemgo, S. 625; Stöwer, Kerssenbrock, S. 168f., 171, 181, 183; Stöwer, Denkmäler, S. 85. Arndt von Kerssenbrock (erwähnt 1509, † 1553) war der Stammvater der Mönchshofer Linie der Familie Kerssenbrock.
  6. Dazu: Bernd Müller, Adelshöfe in Lemgo. In: Der Adel in der Stadt des Mittelalters und der Frühen Neuzeit. Marburg 1996 (Materialien zur Kunst- und Kulturgeschichte in Nord- und Westdeutschland 25), S. 243–260. Fritz Waldeyer, Alte Lemgoer Ritterfamilien und ihre Stadthöfe. In: LH 14, 1981, S. 40–42; 15, 1981, S. 36–39; 16, 1981, S. 23–25.

Nachweise

  1. BKD Lemgo, S. 626.

Zitierhinweis:
DI 59, Lemgo, Nr. 54† (Hans Fuhrmann, Kristine Weber, Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di059d006k0005408.