Inschriftenkatalog: Stadt Lemgo

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 59: Lemgo (2004)

Nr. 39 Ballhaus, Markt 3 1549

Beschreibung

Wappenstein. Heller Sandstein. Am ersten Giebelgeschoß der nach Norden gewandten Marktfassade des großen Steinhauses ist der Wappenstein unterhalb des rechten Fensters eingemauert. Das quadratische Relief zeigt einen von einem Kranz umgebenen Wappenschild, in den Zwickeln vier Blüten. Unten auf dem Stein ein Datum in zeilenhoch eingetieftem Schriftfeld erhaben ausgeführt, in Weiß auf Blau gefaßt. Die Fassung wurde 1974/75 erneuert.

Maße: Bu. 6 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versal.

AWK NRW, Arbeitsstelle Inschriften [1/1]

  1. Anno · 1 · 5 · 4 · 9a)

Wappen:
Schapedoit1)

Kommentar

Der Wappenstein von 1549 befindet sich an der Fassade des ehemaligen Ballhauses, die die Südseite des Marktplatzes beherrscht. Im Kern stammt der verputzte Bruchsteinbau mit Werksteingliederung vermutlich aus dem Spätmittelalter, wurde aber bereits im 16. Jahrhundert verändert und 1608/09 zum städtischen Tanzhaus umgestaltet. Weitere Umbauten erfolgten zwischen 1785/86 und der grundlegenden Sanierung 1974/75. Seitdem entspricht das Gebäude in seinem äußeren Erscheinungsbild im wesentlichen wieder dem städtischen Festhaus von 1608/09.2)

Im 16. Jahrhundert befand sich das spätere Ballhaus, in zwei Haushälften unterteilt, in Privatbesitz. Die Südhälfte gehörte dem Gießer Statius Frodenow, die Nordhälfte zum Markt dem Arzt Johann Schapedoit.3) Das 1549 datierte Schapedoit-Wappen gilt als Anhaltspunkt für größere Umbaumaßnahmen, die der Umgestaltung zum städtischen Ballhaus vorausgingen.4) Der Wappenstein gehört zu fünf Reliefs unterschiedlicher Entstehungszeit, die am Marktgiebel angebracht sind. Darunter sind zwei kleine Darstellungen geflügelter Putten mit Mörsern, heute über den seitlichen Fenstern des zweiten Giebelgeschosses, vielleicht als Anspielung auf den Arzt-Beruf aufzufassen und dem Schapedoit-Wappen zuzuordnen.5)

Textkritischer Apparat

  1. 5 beschädigt und in der farbigen Fassung mit dem vorhergehenden Worttrenner verbunden.

Anmerkungen

  1. Wappen Schapedoit (springender Wolf, ein Schaf im Maul tragend). Der Wappeninhalt ist heute kaum noch identifizierbar.
  2. Dazu: Einzelberichte 1974–76, S. 502–505, bes. 503 (irrtümlich 1546 für 1549). BKD Lemgo, S. 560f. u. S. 567-577 mit Abb. 649. Beide Giebel sind 1974/75 nach zeitweiliger Verkleinerung wohl im 19. Jahrhundert in Anlehnung an Lemgoer Giebel des 15./16. Jahrhunderts in Teilen rekonstruiert worden, dabei wurden die drei obersten Fensteröffnungen nach Befund ergänzt. Die Anfänge des Gebäudes vermutet man ausgehend vom Baubefund entweder bereits im 13. Jahrhundert als Fleischhaus der Altstadt (BKD Lemgo) oder im 14. Jahrhundert (Einzelberichte). Die Größe des Steinbaus läßt eine öffentliche Bestimmung für Stadt oder Gilde vermuten.
  3. Der Zeitpunkt des Übergangs in Privatbesitz und der Hausteilung ist nicht bekannt (BKD Lemgo, S. 560 u. 567f.). Johann Schapedoit ist 1563 als in der Nikolai-Bauerschaft ansässig verzeichnet (Bürgerbuch, Nr. 464).
  4. Vgl. dazu BKD Lemgo, S. 568–571. Beim Umbau zum städtischen Tanzhaus entstand die 1608 datierte Inschrifttafel (Nr. 165), die sich heute außen an der Ostseite zur Diebesgasse befindet.
  5. Zu den übrigen Reliefs vgl. BKD Lemgo, S. 578.

Nachweise

  1. Rädeker, Häuser, S. 65.
  2. BKD Lemgo, S. 568 u. 578.

Zitierhinweis:
DI 59, Lemgo, Nr. 39 (Hans Fuhrmann, Kristine Weber, Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di059d006k0003906.